Katastrophenschutz:Wie sich Bayern für den Blackout rüstet

Lesezeit: 3 Min.

Anlagen wie das Hauptumspannwerk Menzing in München zählen zur sogenannten kritischen Infrastruktur, die es angesichts vielfältiger Bedrohungen besonders zu schützen gilt. (Foto: Florian Peljak)

Nach den Attacken auf Kabel und Pipelines wappnet sich der Freistaat für den Ernstfall: Kommunen erhalten Satellitentelefone und Notstrom-Lastwagen. Und im Landtag sieht manch einer auch Klimaaktivisten als Sicherheitsrisiko.

Von Andreas Glas

In ein paar Tagen werden die ersten Landratsämter in Bayern Post bekommen. Ein kleines Päckchen, der Inhalt: ein Telefon, das aussieht wie eines dieser Neunzigerjahre-Handys, etwas klobig und mit Antenne. Wenn es wirklich zum Blackout kommt, zum großflächigen Stromausfall, dann soll der Freistaat gerüstet sein, findet der bayerische Innenminister. Die Satellitentelefone sollen helfen, dass "eine gewisse Führung in solchen Katastrophensituationen möglich ist", sagt Joachim Herrmann (CSU).

Sabotierte Gas-Pipelines, durchtrennte Kabel bei der Bahn, Blackout-Warnungen. Die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, wie sensibel die kritische Infrastruktur sein kann. Er spüre da schon "eine gewisse Verunsicherung" in der Gesellschaft, sagt der CSU-Abgeordnete Norbert Dünkel am Mittwoch im Innenausschuss des Landtags. Dort präsentiert Innenminister Herrmann seinen Bericht zum Schutz der kritischen Infrastrukturen in Bayern. Im Moment, sagt Herrmann, gebe es zwar "keine Anzeichen dafür, dass wir unmittelbar in eine Energiemangellage größeren Ausmaßes kommen, sodass das System zusammenbrechen würde". Trotzdem müsse man sich auf alle Szenarien vorbereiten, nicht zuletzt wegen des Krieges gegen die Ukraine.

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Der Minister betont, dass mehr als 80 Prozent der kritischen Infrastruktur in kommunaler oder privater Hand liegen. Zu den konkreten Maßnahmen, mit denen die Staatsregierung das Land für den Fall eines großflächigen Stromausfalls rüsten kann, gehören eben die Satellitentelefone. Zum Ende des ersten Quartals 2023 soll jedes Landratsamt, jede kreisfreie Stadt, jede Bezirksregierung und jedes Ministerium mit einem solchen Gerät ausgestattet sein. Frank Unkroth, oberster Katastrophenschützer im Innenministerium, spricht von der "letzten Rückfallebene einer Krisenkommunikation" im Notfall.

Zusätzlich plant das Ministerium, alle 71 Landratsämter und alle 25 kreisfreien Städten mit Notstrom-Lastwagen auszurüsten, die bei den Feuerwehren geparkt werden sollen. Mit den fahrbaren Notstromaggregaten sei es etwa möglich, die Intensivstation einer Klinik trotz Blackouts am Laufen zu halten, sagt Katastrophenschützer Unkroth. Ihm zufolge wurden bisher 20 Notstrom-Lkw an Feuerwehren ausgeliefert.

Darüber hinaus hat Innenminister Herrmann die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister sowie Landrätinnen und Landräte am Dienstag in einer Videokonferenz "nachdrücklich darum gebeten", im kommenden Jahr wieder "möglichst flächendeckend" Katastrophenübungen durchzuführen. Während der Corona-Pandemie hätten einige Übungen nicht stattfinden können, "jetzt müssen wir wieder ganz klar ran", sagt Herrmann. Ein großflächiger Stromausfall sei ja "eine andere Situation" als etwa ein "punktuelles Hochwasser", betont Katastrophenschützer Unkroth. Weil mehrere Kommunen oder Landkreise zugleich betroffen sein können, müsse jeder "für sich selbst vorsorgen".

Der Staat dürfe nicht "mit Kanonen auf Spatzen schießen", mahnt Katharina Schulze

Was mögliche Cyberangriffe auf die kritische Infrastruktur betrifft, sieht der Minister den Freistaat gut gerüstet. Hier gebe es "Tausende von Angriffen" in Bayern, "jede Woche, jeden Monat", so Herrmann. Als besonderes Beispiel nannte er die Hacker-Attacke auf das Computersystem des Fürther Klinikums im Dezember 2019. Damals mussten mehrere, wenngleich unkritische Operationen abgesagt werden. Dass allerdings die Mehrzahl solcher Attacken nicht erfolgreich sei, zeige, "dass wir in der Cyberabwehr nicht so schlecht sind".

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Für den CSU-Abgeordneten Dünkel stellen auch die jüngsten Klima-Protestaktionen auf bayerischen Straßen "Angriffe" auf die kritische Infrastruktur dar. Sein Parteikollege Alfred Grob regte im Innenausschuss an, all diejenigen, die sich aus Protest auf Straßen festkleben, "im Hintergrund" zu "überprüfen" und zu "überlegen, wie man präventiv und repressiv dagegen vorgeht". In einem gesonderten Bericht betonte Innenminister Herrmann, dass die Protestaktionen "aufmerksam verfolgt" würden, dass aber die "Letzte Generation", die für etliche Aktionen verantwortlich ist, "als solche" bislang nicht unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehe.

Dass diese Form des Protests nicht zielführend sei, darin sind sich alle Fraktionen des Landtags einig. Einmal mehr betont Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze aber, dass es "unverhältnismäßig" sei, die Aktivistinnen und Aktivisten bis zu 30 Tage in Polizeigewahrsam zu nehmen. Der Staat dürfe nicht "mit Kanonen auf Spatzen schießen". Minister Herrmann versichert zwar, dass ein 30-tägiger Gewahrsam "die absolute Ausnahme bleiben muss". Doch erneut verteidigt er das harte Vorgehen der Polizei. Jeder dürfe demonstrieren, "wir sind nicht in Teheran, wir sind nicht in Moskau, wir sind nicht in Peking". Jeder müsse sich aber "an die Spielregeln halten", sonst lande man "im Chaos".

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