München:Bayernweit 45.000 Ukrainer: Kommunen und Schulen unter Druck

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Eine Gruppe von Flüchtlingen aus der Ukraine steht nach ihrer Ankunft am Bahnsteig. (Foto: Matthias Balk/dpa/Archivbild)

Für Bayerns Städte wird die Versorgung der immer größeren Zahl an Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine zunehmend eine Kraftanstrengung. "Die Städte packen an und...

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München/Berlin (dpa/lby) - Für Bayerns Städte wird die Versorgung der immer größeren Zahl an Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine zunehmend eine Kraftanstrengung. „Die Städte packen an und versuchen ihr Möglichstes, um die Leute in Not unterzubringen“, sagte der Sprecher des Bayerischen Städtetages, Achim Sing, am Montag in München. Vor allem in den großen Städten wie München und Nürnberg, wo besonders viele Geflohene ankämen, müssten nun Hallen oder Hotels aufgetan werden, um die Menschen unterzubringen. „Ansonsten wird sehr viel improvisiert.“ München etwa denkt über eine Art Zeltstadt nach.

Seit Anfang März haben bereits rund 45 000 ukrainische Kriegsflüchtlinge in Bayern Schutz gesucht. Das teilte das Innenministerium in München am Montag mit. Erfasst seien darin alle Registrierungen bis zum Sonntag. Deutschlandweit wurden bisher knapp 150 000 ukrainische Flüchtlinge registriert. Weil eine Registrierung nicht verpflichtend ist, dürfte die tatsächliche Zahl aber höher sein. Ukrainer mit biometrischem Reisepass dürfen sich ohne Visum 90 Tage lang frei in der EU bewegen.

Innenminister Joachim Herrmann (CSU), der sich spontan am Münchner Hauptbahnhof ein Bild über die Lage beim dort tagenden Krisenstab der Landeshauptstadt machte, sagte: Wir haben - im Moment jedenfalls - keinen Mangel an Unterkunftsplätzen in Bayern, sondern können alle Flüchtlinge unterbringen. Herrmann hatte bereits vor einigen Tagen gesagt, man müsse sich in Bayern auf mehr als 100 000 Geflüchtete einstellen.

Es sei rein organisatorisch eine Herausforderung, wenn viele innerhalb kürzester Zeit kämen. Geflüchtete müssten bundesweit umverteilt werden, auch innerhalb Bayerns werde man die Verteilung steuern. Wer privat unterkomme, sei selbstverständlich völlig frei, „aber wenn er eine öffentliche Unterkunft in Deutschland in Anspruch nehmen will, findet ein Verteilverfahren statt.“ Es gebe in Bayern eine „tolle Leistung durch viele, viele - auch freiwillige - Helferinnen und Helfer“.

Die Situation sei angespannt, auch in kleineren Städten wie Hof in Oberfranken, betonte Sing. Viele Flüchtende kommen nach seinen Worten auf privatem Weg nach Bayern, etwa weil sie hier Verwandte hätten. Diese Menschen kämen bei Landsleuten oder Freunden unter, ohne dass die städtischen Behörden davon wüssten. „Vieles geht privat, wo man keinen Überblick hat.“

Unterdessen forderten die bayerischen Lehrerverbände aller Schularten wegen der hohen Zahl an Flüchtlingen eine Berücksichtigung bei künftigen Klassenbildungen. „Mit Blick auf den September ist für die gesamte Schulfamilie eine vorausschauende Planung notwendig, die eine großzügige Klassenbildung für den Schulstart 2022/23 beinhalten muss“, teilten die Vorsitzenden der in der abl vertretenen Verbände in München mit.

Der abl gehören der Bayerische Philologenverband (bpv), der Bayerische Realschullehrerverband (BRLV), die Katholische Erziehergemeinschaft in Bayern (KEG) und der Verband der Lehrer an beruflichen Schulen in Bayern (VLB) an.

Die aktuellen politischen Geschehnisse brächten eine neue Situation an die Schulen, die nach Auffassung der Lehrerverbände „gemeinsam mit allen Beteiligten schrittweise, individuell und in pädagogischer Verantwortung bewältigt werden muss“, hieß es weiter. Der zur Verfügung stehende Zeitrahmen sollte dazu „durchaus ausgeschöpft werden dürfen“, um sich in Ruhe einen Überblick zu verschaffen und zur richtigen Zeit die ukrainischen Schülerinnen und Schüler behutsam in das bayerische Schulsystem einfädeln zu lassen.

Für das kommende Schuljahr sei es das Ziel, in pädagogischer Verantwortung in kleinen Schritten die angekommenen Kinder in die neue Heimat zu integrieren, auch wenn nicht sicher sei, ob der Aufenthalt zeitlich begrenzt ist oder dauerhaft sein werde. Zudem sollte die Bereitschaft ukrainischer Lehrkräfte genutzt werden, um diese im Rahmen von multiprofessionellen Teams als Ansprechpartner und Betreuer für ukrainische Kinder unterstützend in den Unterricht einzubeziehen.

Allen ukrainischen Kriegsflüchtlingen, die ihr Heimatland nun verlassen mussten, stünden in Bayern sämtliche vom Freistaat geförderten Sprachangebote offen, sagte Herrmann. „Auch wenn sicherlich viele wieder in ihre Heimat zurückkehren möchten, können wir die künftigen Entwicklungen nicht abschätzen.“ Deutsche Sprachkenntnisse seien auch bei einem kürzeren Aufenthalt hilfreich.

© dpa-infocom, dpa:220314-99-518107/4

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