Kindertheater:Mut machen in politisch eisigen Zeiten

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Theater, zeitgenössischer Tanz, Akrobatik, Musik, Performance und Poesie, das alles verbindet sich in den Stücken des "Cirk La Putyka" aus Tschechien zu etwas sehr Besonderem, in Nürnberg zeigt die Truppe "Runners". (Foto: HN - Lukas Biba)

Krisen überall - wie sich das auf das Kindertheater auswirkt, zeigt im Februar das Europäisch-Bayerische Festival Panoptikum in Nürnberg.

Von Andreas Radlmaier, Nürnberg

Das gemeinsame Schlittschuhlaufen von Besuchern, Beteiligten und Fachgästen gehört zum gut gepflegten Sozialmythos dieses familiären Festivals. Auch in diesem Jahr geht es beim 13. Europäisch-Bayerischen Kindertheaterfestival "Panoptikum" (6. bis 11. Februar) in Nürnberg folglich aufs Eis. Welche Pirouetten die Organisatoren des verantwortlichen Theaters "Mummpitz" vor dem aktuellen Hintergrund zwischen Krisen und Kostenexplosion hinlegen müssen, wird auch im Gespräch mit Andrea Maria Erl deutlich.

Die 61-Jährige, die schon im Jahr 2000 bei der ersten Ausgabe die künstlerische Leitung dieser biennalen Auslese verantwortete, ist zwiegespalten, sieht das bundesweit bedeutende Festival aktuell "finanziell am Rande", rettende Zuschusserhöhungen für die Kinderkultur sind nicht in Sicht. Andererseits, sagt Erl beglückt: "Wir sind wieder international. Wir sind wieder da!"

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Nach zwei anstrengenden Corona-Ausgaben plant man in "klassischem" Format: An neun Spielorten werden vom 6. bis 11. Februar 71 Vorstellungen und Veranstaltungen zu erleben sein. Mehr als 6500 Tickets sollen den vertrauten "Ausverkauft"-Status sichern. 21 Ensembles aus neun Ländern zeigen ein Best-of der Ausdrucksmöglichkeiten. Schauspiel, Tanz, Zirkus, Puppen, Musik, Schattentheater - alles dabei. "Wir wollen die Menschen antriggern, Lust machen", sagt Erl. Für jede Altersgruppe, für viele Interessen soll was dabei sein. Und Entdeckungen, die man auf Sichtungsreisen gemacht hat, sollen präsentiert werden.

Etwa aus dem Osten Europas: Aus Litauen kommt das Klaipèda Puppet Theater (mit dem israelischen Itim Ensemble und dem Stück "The Big Bang"), aus Tschechien der renommierte Cirk La Putyka mit dem zirzensischen "Runners". Man bekomme auch den negativen Einfluss rechtspopulistischer Regierungen gespiegelt, meint Erl. Wie andere Sparten werde auch die Kinderkultur "anders, weniger gefördert, mit weniger Zutrauen und Vertrauen". Geht es um Zensurvorstöße bei Inhalten und Diversität? "Meines Wissens wird kein direkter Einfluss auf Stoffe, Besetzung und andere Dinge genommen", antwortet Erl. "Es geht vielmehr um die immer unzuverlässigere Förderung, kürzere Förderperioden, die Theater-Compagnien zermürben und teilweise auch auseinanderbrechen lassen." In Skandinavien, auch in den Niederlanden, lasse sich ein Ausdünnen der freien Szene beobachten.

Licht und Schatten - mehr braucht das Tangram Kollektiv nicht, um magische Theatermomente zu schaffen. (Foto: Florian Feisel)

Sie verweist auf das Gegenbeispiel Frankreich, wo die Auswahl weiterhin reich und reichlich ist, wo man früh begonnen habe, "verschiedene Kunstformen zusammenzudenken" und dadurch wegweisende Qualität generiere. Vier Gruppen sind jetzt bei "Panoptikum" vertreten. Die Hälfte der Eingeladenen - so sieht es die Konzeption vor -, kommt aus Bayern. Aus München reisen das Gärtnerplatztheater mit "Der Baum der Erinnerung" (eine Tierfabel über Freunde und Tod) und die Choreografin Ceren Oran mit ihrer Gruppe "Moving Borders" und dem Tanz-Stück "Spiel im Spiel" an. Zudem begegnet man beim Festival Gruppen aus Nürnberg, Erlangen, Ansbach, Maßbach, Regensburg.

Als Trend sieht Erl bei den Produktionen die Entdeckung von "kleinen Dingen, die Großes bewirken" und damit Mut machen. Auch die Frage, wie Kinder mit schwierigen Situationen, mit Verlust, Trauer umgehen, steht im Fokus der neuen Auswahl, die europäische Lebenswelten im Hier und Jetzt beleuchtet. Theater-Poesie kann da - so die Hoffnung - dicker sein als das politische Eis.

13. Europäisch-Bayerisches Kindertheaterfestival Panoptikum, 6.-11.2, an verschiedenen Spielstätten in Nürnberg, Infos und Karten unter: www.festival-panoptikum.de

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