Politik:CSU fordert Demokratie-Bekenntnis von den Freien Wählern

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Seit drei Monaten ist Klaus Holetschek Chef der Landtags-CSU. Er will die Fraktion wieder sichtbar machen, ihr eine eigene Stimme geben. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Die CSU-Fraktion wählt den bisherigen Gesundheitsminister Klaus Holetschek zum neuen Vorsitzenden. Der kündigt an, mit dem potenziellen Koalitionspartner "Klartext reden" zu wollen.

Von Roman Deininger und Andreas Glas

Eigentlich sollte an diesem Dienstag der Mann neben Markus Söder im Mittelpunkt stehen: Klaus Holetschek. Vor wenigen Minuten haben ihn die CSU-Abgeordneten zum neuen Chef der Landtagsfraktion gewählt. Aber jetzt steht Holetschek im Maximilianeum auf dem Flur und schon geht es wieder um Söder und dessen Duell mit Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger. Nach der Wahl, am Sonntagabend, habe Aiwanger "ein bisschen blass" ausgesehen, aber bereits am Montag wieder "zugelegt", sagt Söder bei der Pressekonferenz nach der Fraktionssitzung. Zugelegt an Selbstbewusstsein, so muss man den Ministerpräsidenten verstehen, weshalb er seinem Vize nochmals rät, sich "zu besinnen". Es gehe jetzt nicht "um Egos".

Dass es nicht um Egos geht bei Söder und Aiwanger, ist natürlich eine verwegene These. Aber, ja, es geht um mehr als um ein Duell zweier Männer. Man vergisst das manchmal, aber hinter den Männern stehen auch noch zwei Parteien, die wieder zusammenfinden müssen nach Monaten, in denen viel kaputtgegangen ist. Am Donnerstag werden sich CSU und Freie Wähler (FW) das erste Mal treffen, um eine neuerliche Koalition zu sondieren. Auf beiden Seiten gibt es die Hoffnung, dass sich die Dinge wieder beruhigen, wenn sie erstmal miteinander am Tisch sitzen. Allerdings, und das macht die Sache kompliziert: Die Hoffnung besteht auf beiden Seiten darin, dass der jeweils andere zurückzieht.

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"Es ist im Wahlkampf viel passiert. Einfach Schwamm drüber", sagt Söder, "reicht nicht aus". Auch die CSU hat ja den Eindruck, dass die FW nach rechts gerückt sind. "Die Freien Wähler haben sich verändert", sagt Söder. Bei der ersten Sondierung am Donnerstag erwartet er ein Bekenntnis, ob die FW "fest im demokratischen Spektrum verankert" seien, wo deren "Standort" sei "und wohin die Reise geht". Ist das schon ein Ultimatum? Es ist jedenfalls interessant, dass der neue Fraktionschef Holetschek konsequent vom "potenziellen" Koalitionspartner spricht. Eine kleine Drohkulisse will sich die CSU anscheinend doch offen halten. Rechnerisch und ganz knapp wäre ja auch eine Koalition mit der SPD möglich. Das, heißt es aus der CSU, sei sicher auch den Rechenkünstlern von den FW aufgefallen.

Mit den FW hat es auch zu tun, dass Söder bereits am Montag seinen Gesundheitsminister Holetschek für den Posten des Fraktionschefs vorgeschlagen hat - als Nachfolger für Thomas Kreuzer, der in den politischen Ruhestand geht. Jedenfalls sagt Söder, dass Holetschek nicht bekannt sei als "erster Vorsitzender des Freundeskreises der Freien Wähler". Was Holetschek dann auch gleich unter Beweis stellt, als er den FW rät, "vom Gas zu gehen". Man müsse sich jetzt "an den Tisch setzen, mal in die Augen schauen und mal Klartext reden".

Dass die FW direkt nach der Wahl ein zusätzliches Ministerium gefordert hatten und überdies die Arbeit CSU-geführter Häuser kritisierten, hat der CSU nicht gefallen. Die "Augenhöhe" beider Parteien, von der FW-Fraktionschef Florian Streibl am Montag sprach, können die Christsozialen nicht mal im Ansatz erkennen. Über Wirtschaftsminister Aiwanger sagt Holetschek, er solle sich lieber mal überlegen, ob seine "Wirtschaftspolitik der letzten fünf Jahre im Detail funktioniert hat".

Die Fraktion solle wieder selbstbewusster auftreten

Das ist nun Teil seines neuen Jobprofils als Fraktionschef: Den Koalitionspartner härter anpacken als bisher, dessen Leistung noch mehr hinterfragen, Söder plant das auch. Nicht wenige in der CSU fanden ja, dass Söder die FW zu lange zu sanft behandelt hat. Überhaupt will Holetschek, dass die Fraktion wieder selbstbewusster auftritt, "es wird nicht so weitergehen wie die Jahre zuvor". Mit Ministerpräsident Söder und der Staatsregierung wolle seine Fraktion "eine Einheit bilden, aber wir werden auch eigenständig und selbstbewusst uns in diese Arbeit einbringen". Man darf das als Warnung verstehen.

Söder wiederum sagt, er finde es "gut", wenn die Fraktion selbstbewusst sei und "super", wenn von dort auch Ideen kämen. Was wiederum als Spitze zu verstehen ist, da die CSU-Abgeordneten zuletzt nicht gerade mit Ideenfeuerwerken aufgefallen waren. "Es ist ein neuer Schwung, ein neuer Drive, der kommt", sagt Söder über den neuen Fraktionschef und die neue Fraktion, die sich am Dienstag zum ersten Mal getroffen hat. Insgesamt 29 der 85 Mitglieder sind neu im Landtag, darunter einige jüngere Abgeordnete. Das Wahlergebnis für Holetschek fiel schon mal deutlich aus. 84 Ja-Stimmen gab es und ein Nein. Seine Wahl gilt zunächst für zwei Jahre. Am Freitag wird er sein Amt als Gesundheitsminister abgeben. Bis eine Nachfolge feststeht, übernimmt Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) kommissarisch.

"Alles hat seine Zeit", sagt Holetschek dann noch und lobt seinen Vorgänger Kreuzer für dessen Arbeit. Nun wolle er eigene "Akzente setzen". Die Fraktion wolle eine "eigene DNA entwickeln, einen eigenen Impuls". Man wolle Politik machen, die "tatsächlich die Lebensqualität der Menschen weiter verbessert", sagt Holetschek. "Das ist mein Anspruch. An dem werde ich nach zweieinhalb Jahren wieder gemessen."

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