Franken:Wie stark wächst Fürth wirklich?

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Die Gustavstraße gehört zu den besonders attraktiven Ecken der Stadt Fürth. Die vielen Kneipen und Gasthäuser ziehen die Leute an. (Foto: Norbert Mittelsdorf/Stadt Fürth)
  • Fürth soll laut einer Vorausberechnung in den kommenden 20 Jahren das stärkste Wachstum in ganz Franken erleben.
  • Um 8,1 Prozent soll die Einwohnerzahl von heute 128 000 demnach auf etwa 137 000 steigen.
  • Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung denkt jedoch nicht, dass seine Stadt so stark wachsen wird.

Von Claudia Henzler, Fürth

Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) ist ein großer Freund von Rekorden. Und seit es mit der mittelfränkischen Stadt aufwärts geht, findet er gleich mehrmals im Jahr Gelegenheit, den neuesten Höchstwert oder Tiefstand bekannt zu geben - sei es beim Schuldenabbau, der Arbeitslosenquote oder der Bevölkerungsentwicklung. Die Wachstumsprognose des Landesamtes für Statistik war nun aber selbst dem OB zu viel des Guten.

Laut der Ende Dezember von Innenminister Joachim Herrmann vorgestellten Zahlen soll Fürth in den kommenden zwanzig Jahren nämlich das stärkste Wachstum in ganz Franken erleben: Um 8,1 Prozent werde die Einwohnerzahl von heute 128 000 auf etwa 137 000 steigen, heißt es in der Bevölkerungsvorausberechnung. Das wären pro Jahr etwa 500 Neubürger. Der große Nachbar Nürnberg werde sich demnach bis 2037 nur um 3,4 Prozent auf dann 533 000 Einwohner vergrößern.

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Jung erkennt in dieser Prognose "einen entscheidenden Fehler", und der sieht seiner Ansicht nach so aus: "Die bisherigen Steigerungsraten für unsere Stadt können nicht einfach fortgeführt werden." Wenn 2019 das ehemalige Firmenareal des Discounters Norma im Fürther Westen bebaut wird, verschwindet laut Jung die letzte große innerstädtische Brachfläche für Wohnbebauung. Etwa 45 Einfamilien- und 142 Mehrfamilienhäuser für schätzungsweise 285 zusätzliche Bewohner sollen dort entstehen. Ähnlich große Neubaugebiete seien danach nicht mehr zu erwarten. Jung geht deshalb davon aus, dass das Bevölkerungswachstum "in deutlich abgeschwächter Form" weitergeht.

In den vergangenen neun Jahren hat die Stadt überdurchschnittlich schnell zugelegt. Während die Einwohnerzahl vorher lange Zeit bei 116 000 stagnierte, stieg sie zwischen 2011 und 2016 um jährlich etwa 2000 Neubürger. Zuletzt schwächte sich die Steigerungsrate auf etwa 1000 neue Einwohner pro Jahr ab. Das Wachstum ist vor allem durch Zuzug entstanden. Der hatte wiederum einen verjüngenden Effekt auf die Stadtgesellschaft, was sich positiv auf die Geburtenzahlen auswirkt.

Der Bauboom begann in Fürth kurz vor der Jahrtausendwende, als die Stadt nach dem Abzug der US-Army große Flächen durch Konversion gewann. Aus einer Siedlung für Soldaten und ihre Familien wurde ein Wohngebiet für etwa 5000 Fürther und Zugezogene. Und auf einem früheren Kasernengelände im Süden der Stadt entstand ein neuer Stadtteil mit 1500 Wohneinheiten und 3700 Einwohnern. Zuletzt bezogen etwa 300 Menschen Mehrfamilienhäuser auf dem Gelände einer ehemaligen Kleingartenanlage. Weitere 500 fanden ein neues Zuhause auf einem früheren Brauereigelände.

Das Landesamt räumt ein, dass es bei seinen Berechnungen die Bauleitplanung der Kommunen nicht berücksichtigt. Das könnte man für alle 96 Landkreise und kreisfreien Städte im Freistaat gar nicht leisten, sagt Valerie Leukert, die für die Prognose verantwortlich ist. "Es geht um eine Gesamtschau von Bayern", erklärt die Sachgebietsleiterin, nicht um eine exakte Berechnung für jeden Landkreis.

Lokalere Trends untersucht im Fall Fürth das kommunale Amt für Stadtforschung und Statistik in Nürnberg. Das hat seine Prognose für die Stadt Fürth zuletzt 2017 aktualisiert und blickt, anders als das Landesamt, nur bis zum Jahr 2030. Bis dahin geht es von einem Wachstum um 5720 Einwohner auf 133 000 aus. Für das Jahr 2030 liegen die Vorhersagen der beiden Ämter um 2500 Personen auseinander, danach vergrößert sich die Differenz. Denn anders als Landesamt, das einen stetigen Zuwachs fortschreibt, rechnen die kommunalen Statistiker damit, dass der Zuwachs in Fürth 2022 einen Höhepunkt erreichen wird und danach abnimmt.

Leukert verweist darauf, dass die Prognose jedes Jahr neu berechnet wird, um sie aktuellen Entwicklungen anzupassen. "Wir nehmen die Kritik an", sagt sie zu den Einwänden. Und erinnert daran, dass auch München die prognostizierten Steigerungsraten lange für unrealistisch hielt. So ein Wachstum sei aus Platzgründen gar nicht möglich, hieß es. "Wir beobachten, dass München trotzdem immer weiter gewachsen ist."

© SZ vom 04.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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