Parteivorsitz:Bayern-FDP setzt nach Wahlniederlage auf Doppelspitze

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Sie wollen die FDP nach dem Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde wieder aufrichten: Martin Hagen und Katja Hessel. (Foto: Sabina Crisan/dpa)

Neben Martin Hagen soll künftig auch die Bundespolitikerin Katja Hessel die Partei führen. Eine Kandidatin mit prominentem Namen hatte zuvor kein Interesse an dem Ehrenamt gezeigt.

Von Johann Osel

Die bayerische FDP, die nach der Wahlniederlage dem neuen Landtag nicht mehr angehört, stellt sich personell neu auf. Der bisherige Landes- und Fraktionschef Martin Hagen will die Partei im Freistaat künftig in einer Doppelspitze führen - mit der Finanzpolitikerin Katja Hessel. Sie ist parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium von Christian Lindner; in der CSU-FDP-Koalition in Bayern von 2008 bis 2013 saß sie als Wirtschaftsstaatssekretärin im Kabinett des damaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer. Martin Hagen, 42, und Katja Hessel 51, stellten am Montag in München ihre Kandidaturen vor. Am Wochenende wollen sie sich als Führungsduo einem Landesparteitag in Amberg zur Wahl stellen.

Der bisherige bayerische Generalsekretär Lukas Köhler, wie Hessel Bundestagsabgeordneter, soll einer ihrer stellvertretenden Landeschefs werden. An Köhlers Stelle im Parteiamt solle Christoph Skutella aus Weiden rücken, zuletzt in der nun abzuwickelnden Landtagsfraktion Abgeordneter mit Schwerpunkt Umweltpolitik.

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Unverkennbar ist, dass die Bayern-FDP nach der Schlappe bei der Landtagswahl mit nur drei Prozent das stärker ins Schaufenster stellt, was sie noch vorzuweisen hat - Einfluss in Berlin. Man stehe "vor einer neuen Situation", erklärte Hagen: Apo in Bayern, also außerparlamentarische Opposition, dennoch Regierungspartner im Bund. Dies habe zu dem Gedanken der "breiteren Aufstellung" geführt. Mit Hessel wolle man zudem "die Kernkompetenz Finanzpolitik sichtbar" machen. Die designierte Co-Landeschefin ergänzte, dass sie ihre Erfahrung als Regierungsmitglied in Land und Bund einbringen könne. Es gehe um die Bundestagswahl 2025, bei der Wahl 2021 hatten die Liberalen im Freistaat stolze 10,5 Prozent der Zweitstimmen eingefahren. Außerdem müsse man schon jetzt für die Landtagswahl in fünf Jahren "die Weichen stellen".

Durch das angedachte neue Führungstableau aus zwei Vorsitzenden, Vizes und Generalsekretär sieht die FDP viele Aspekte abgedeckt - Frauen und Männer sowie eine regionale Verteilung: Hagen und Köhler etwa kommen aus München und dem Umland, Katja Hessel aus Nürnberg, Skutella aus der Oberpfalz. Auch die Mischung aus Berufspolitikern und "Ehrenamtlichen" - wie künftig wieder bei Hagen, der vor dem Mandat selbständiger Kommunikationsberater war - sei gut abgedeckt.

Bayern ist der erste FDP-Landesverband mit einer Doppelspitze

Die Möglichkeit einer Doppelspitze hatte die Bayern-FDP erst im vergangenen Jahr in ihren Statuten verankert; übrigens für sämtliche Parteigliederungen und als erster Landesverband der Freidemokraten. Die Landtagsabgeordnete Julika Sandt, die den Satzungsänderungsantrag mit eingebracht hatte, argumentierte damals: "Doppelspitzen eröffnen uns neue Chancen, Vielfalt in unsere Führungsstrukturen zu bringen. Eine McKinsey-Studie hat eindrucksvoll belegt, dass gemischte Teams erfolgreicher sind." Auch könne das Modell "für Menschen, die berufliche und familiäre Verantwortung tragen, eine große Erleichterung sein, das Ehrenamt auf mehr Schultern zu verteilen". Ob und wann dieser Beschluss mit Leben gefüllt werden könnte, war damals offen. Entschieden habe man sich dafür, sagte Hagen, jetzt direkt nach der verlorenen Wahl. Wohl auch, weil der Faktor Ehrenamt dadurch ja tatsächlich eintrat.

Als bereits in den vergangenen Tagen die Idee einer Doppelspitze im politischen München kursierte, fiel prompt auch der Name Susanne Seehofer. Die Tochter des früheren CSU-Ministerpräsidenten war erst 2021 in die FDP eingetreten, wurde im jüngsten Wahlkampf zu einem bekannten Gesicht der Partei und holte im Stimmkreis München-Mitte 7,3 Prozent der Erststimmen. Sie stehe aus beruflichen Gründen leider nicht für ein Führungsamt im Landesvorstand zur Verfügung, sagte Hagen auf Nachfrage. Schon zuvor hatte er in einem Interview mit der Abendzeitung gesagt: Susanne Seehofer habe einen "fantastischen Wahlkampf geführt", er wünsche sich, "dass sie künftig eine noch größere Rolle in der Partei spielt". Sie ist stellvertretende Chefin der Münchner FDP.

In dem Interview hatte Hagen auch skizziert, wie er die Bayern-FDP als Apo im Gespräch halten will. Man habe "ja Erfahrung mit dieser Situation", sagte er. Anders als zwischen 2013 bis 2017 habe man aber nun keine Phase, in der man weder im Landtag noch im Bundestag sei. "Das ist jetzt zum Glück anders, wir sind als bundespolitische Kraft wahrnehmbar." Und man werde Know-how, Kontakte und Bekanntheit der vergangenen fünf Landtagsjahre so "nutzen und pflegen", dass man nicht bei der Landtagswahl 2028 wieder bei null anfangen müsse.

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