Erziehung:Für Kinder herrscht an Fasching Friedenspflicht

Lesezeit: 1 min

Wer ein leeres Holster hat, kann nur noch "peng" rufen. (Foto: DAH)

Cowboys ohne Revolver und Indianer ohne Pfeil und Bogen: Spielzeugwaffen sind in den meisten bayerischen Schulen und Kindergärten verboten. Dabei sollten es die Erzieher besser wissen.

Kolumne von Christian Rost

Wer in den Siebzigerjahren aufgewachsen ist, muss heute völlig verroht sein. Die Kindheit damals jedenfalls war geprägt von Gewalt. Im Kino liefen Bud-Spencer-Filme, und zum Fasching ging man natürlich mit Knarre, Krummsäbel oder Schwert. Das hat sich gründlich geändert. Zwar laufen noch gelegentlich im Fernsehen Filme mit dem prügelnden Dicken.

Doch bei den Faschingsfeiern in immer mehr Schulen und Kindergärten herrscht absolute Friedenspflicht. Das bedeutet: Cowboys müssen ihre Spielzeugpistolen, Piraten ihre stumpfen Krummsäbel und Ritter ihre Plastikschwerter zu Hause lassen oder abgeben. Die Umfrage einer Zeitung in Neuburg an der Donau ergab dieser Tage, dass inzwischen die meisten der dortigen Kindergärten Waffen im Fasching strikt ablehnen.

Fasching
:Keiner will sein wie Trump, aber alle wollen so aussehen

Ein Perückenhersteller in Oberfranken muss deshalb seit dem Amtswechsel Überstunden machen. Bei der Produktion gibt es nur eine Regel: "Je blöder einer aussieht, desto besser."

Kolumne von Olaf Przybilla

Da wird den Cowboys und Cowgirls glatt gesagt, sie seien jetzt halt nicht auf der Weide, sondern beim Feiern. Man kann sich die Gesichter der Kinder vorstellen, wenn sie mit leeren Holstern dastehen und "peng" rufen, weil sie sich nicht anders zu helfen wissen.

Natürlich lässt sich das Verbot in Zeiten vieler Kriege und Konflikte weltweit gut begründen. Experten des Friedensforschungsinstituts Berghof Foundation in Tübingen, die sich mit dem Thema Spielzeugwaffen im Fasching befasst haben, raten trotzdem zu einem gelassenen Umgang.

Ihr Argument: Kinder könnten sehr wohl unterscheiden, was Spiel und was Realität sei. Kriegswaffennachbauten sehen auch die Forscher als kritisch an, das Rollenspiel des Cowboys mit dem Plastik-Colt aber nicht. Für normale Buben gehöre ein gewisses Maß an Actionspielen zur Entwicklung einfach dazu. Es sei völlig abwegig zu denken, dass jemand, der mit Spielzeugpistolen spielt, deswegen später aggressiv oder sogar gewalttätig werde, lassen sich die Forscher zitieren.

Die Erzieher(innen) und Lehrer(innen) sollten sich fragen, was sie an dem Spielzeug eigentlich heute so erschreckt. In ihrer Kindheit sind sie im Fasching sicherlich auch nicht alle als Prinzessinnen oder Clowns herumgelaufen. Da war bestimmt manch einer bewaffnet als Sheriff oder Schwarzer Ritter unterwegs. Und trotzdem sitzen sie nicht im Gefängnis.

© SZ vom 24.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Karneval
:Sieben Tipps für das perfekte Kostüm

Witzig, aber nicht geschmacklos und mit besten Flirtchancen: So gelingt der Auftritt an Karneval.

Von Kerstin Lottritz

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: