Fasching:Keiner will sein wie Trump, aber alle wollen so aussehen

Trump holds a rally in Melbourne, Florida

Die Haare sitzen - bei US-Präsident Trump ebenso wie bei denen, die sich mit einer Perücke aus Coburg zum Fasching verkleiden.

(Foto: REUTERS)

Ein Perückenhersteller in Oberfranken muss deshalb seit dem Amtswechsel Überstunden machen. Bei der Produktion gibt es nur eine Regel: "Je blöder einer aussieht, desto besser."

Kolumne von Olaf Przybilla

Susanne Müller klingt etwas kurzatmig am Telefon, aber das muss man schon verstehen in diesen Tagen. Seit Trump im Amt ist, schieben sie beim "Festartikel-Müller" im oberfränkischen Thann bei Coburg Überstunden. Von den fünf Perückenmacherinnen sind mindestens zwei, manchmal sogar drei ausschließlich damit beschäftigt, platinblond glänzendes Polypropylen mit Heißkleber auf Stoffkappen zu drapieren. Keiner will sein wie Trump, aber aussehen wollen jetzt plötzlich alle so.

Die Müllers arbeiten seit mehr als 60 Jahren im Faschingsperückengewerbe, da weiß man, wie der Hase läuft: "Je blöder einer aussieht, desto besser", sagt Müller, die Seniorchefin. Und deshalb dämmerte den Müllers gleich nach der Wahl, was jetzt passieren dürfte. Dass es aber so krass wird, war kaum abzusehen: Am Tag danach ist es losgegangen mit dem Run auf fränkische Trump-Skalps, seither wissen sie bei Müllers kaum noch, wo ihnen der Kopf steht.

Freitagnachmittag hat die Firma normalerweise zu, samstags sowieso. Seit der Trump-Wahl aber ist daran gar nicht mehr zu denken. "Wir müssen das jetzt mitnehmen", erklärt Müller, "wer weiß denn, ob der nächstes Jahr noch im Amt ist." Zumal die Müllers als letztes Faschingsperückenfachgeschäft Deutschlands gelten.

Und die Konkurrenz hauptsächlich in China logistisch und trumpperückenstrategisch eindeutig im Nachteil ist. Die produzieren mit Vorlauf und müssen ihre Konkurrenzperücken erst in Schiffe verfrachten. Da kann dann schon mal ein halbes Jahr vergehen, bis die Trumpfrisur da sitzt, wo sie hinsoll.

Und dann, in sechs Monaten? Der erste Platz beim sommerlichen Trump-Lookalike-Contest? Kann man vergessen, sagt Müller: "Das sieht doch völlig unmöglich aus, so würde ja normalerweise keiner rumlaufen." Mehrere Tausend Bestellungen haben ihre Näherinnen bereits aus Nähgarn und Lockengebinde abgearbeitet, aber die Auftragsbücher sind voll, alle Wünsche sollen erfüllt werden. Zwischen 14 und 20 Euro kostet die Trumpwolle im Handel, für viele ist das offenbar eine lohnende Investition. Und das ist den Müllers besonders wichtig: Für ihr Modell Trump muss, entgegen einem verbreiteten Verdacht, kein einziges Tier sterben. Alles aus Kunststoff.

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