Debatte um Museumskonzept:Die Angst vor der Ruhmeshalle

Lesezeit: 3 min

Ruhmeshalle der Staatsregierung oder Leuchtturm des Kulturstaats Bayern? Im Landtag gehen die Meinungen über das Museum der Bayerischen Geschichte auseinander. (Foto: Haus der Bayerischen Geschichte (Grafik))

"Unterfranken hat mit Oberbayern nichts zu tun": Im Landtag stänkern die Abgeordneten über das geplante Museum der Bayerischen Geschichte. Die SPD sieht sich und Franken unterrepräsentiert. Der Historiker Richard Loibl verteidigt sein Konzept

Von Hans Kratzer, München

Gut eineinhalb Jahre vor seiner Eröffnung sorgt das Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg nach wie vor für Streit im Landtag. Im Wissenschaftsausschuss haben sich am Mittwoch mehrere Abgeordnete leidenschaftlich-kritisch zu dem Museumskonzept geäußert. Unter anderem monierten sie, darin sei zuviel Altbayern und zu wenig Franken, zuviel CSU und zu wenig SPD enthalten. Richard Loibl, der Direktor des für die Konzeption des Museums zuständigen Hauses der Bayerischen Geschichte, reagierte zum Teil verwundert auf die Einwände, die er mit detaillierten Erläuterungen zu den Planungen zu entkräften versuchte.

Das gut 67 Millionen Euro teure Museum soll 2018 eröffnet werden. Dieses Projekt, das Ministerpräsident Horst Seehofer 2008 auf den Weg gebracht hatte, halten manche für einen "Leuchtturm der bayerischen Museumslandschaft". Es stand aber von Anfang an auch im Fokus von Kritikern, die Zweifel an dessen Sinnhaftigkeit äußerten und die hohen Kosten beklagten. Vor allem SPD und Grüne gaben am Mittwoch zu erkennen, dass sie nach wie vor mit dem Projekt fremdeln, während Loibl felsenfest überzeugt ist: "Sie werden 2018 ein ganz herausragendes Museum zu sehen bekommen."

Von der Sorge, in Regensburg könnte ein CSU-lastiges Museum entstehen, wird die SPD-Abgeordnete Isabell Zacharias getrieben. Sie sei sich sicher, warf sie ein, das Museum werde zum Ruhme der Staatsregierung noch vor der Landtagswahl 2018 eröffnet. Loibl nannte keinen konkreten Eröffnungstermin, "denn von Berlin lernen, heißt siegen lernen", sagte er in Anspielung auf den seit Ewigkeiten angekündigten, aber unfertigen Flughafen der Bundeshauptstadt. Tatsächlich sei es im vergangenen Jahr auf der Baustelle zu Verzögerungen gekommen. Der Eröffnungstermin werde erst bekannt gegeben, "wenn wir sicher wissen, dass wir ihn halten können". Das Eröffnungsjahr 2018 stellte er, sofern keine weiteren Komplikationen auftreten, nicht in Frage. Der Termin soll irgendwo zwischen dem bayerischen Verfassungstag am 26. Mai und dem 8. November liegen. Immerhin ist 2018 ein für das Land Bayern symbolisch wichtiges Jubiläumsjahr, in dem es 200 Jahre her sein wird, dass das Königreich Bayern erstmals eine Verfassung bekam. Außerdem wird der Freistaat hundert Jahre alt.

Zacharias breitete überdies die These aus, Bayern bestehe ja nur aus Regionen, eine bayerische Geschichte als solche gebe es gar nicht. "Unterfranken hat mit Oberbayern nichts zu tun." Insofern sei sie sehr gespannt, wie die verschiedenen Stämme im Museum zusammengezwängt würden. Sie sagte, sie vermisse im Konzept die Erwähnung des einstigen SPD-Ministerpräsidenten Wilhelm Hoegner. "Ich erwarte in diesem Museum auch die Präsentation der SPD-Geschichte, nicht nur der CSU-Geschichte." Loibl setzte dem entgegen, in der Vorlage stehe Hoegner "brettlbreit drin", gerade die Verfassungsgeschichte, die in Bayern lange vor Preußen und Österreich begonnen habe, sowie die von Hoegner ausgearbeitete Bayerische Verfassung von 1946 seien zentrale Themen des künftigen Museums.

Abgeordnete aus dem nördlichen Bayern wie Peter Bauer (Freie Wähler) störten sich sodann am Namen Bavariathek. Damit ist die Erweiterung des Museums in den virtuellen Raum hinein gemeint. In dieser Sektion sollen unter Einsatz neuester multimedialer Elemente Themen der bayerischen Geschichte erzählt werden. "Das darf nicht so heißen", forderte Bauer. Es gehe hier nicht nur um Altbayern. Auch Gerhard Hopp (CSU) hält das Wort Bavariathek für zu kurz gesprungen. Es gehe nicht nur ums Alpenländische, die fränkischen Räume unterschieden sich von den altbayerischen in vielerlei Hinsicht.

Sepp Dürr (Grüne) wiederum hat von Anfang an deutlich gemacht, er halte von dem Museum überhaupt nichts, aber "wenn's der Loibl macht, dann wird es wenigstens einen Unterhaltungswert haben". Einen Unterhaltungswert hatte auch sein Dialog mit Loibl, der sich veranlasst sah, die historische Basis der Diskussion zurechtzurücken: "Für gewisse Phänomene kann ich nichts", sagte Loibl. "Ich bin unschuldig daran, dass Franken nach Bayern eingegliedert wurde, ich bin unschuldig daran, dass die CSU die Mehrheit hat und dass München die Landeshauptstadt ist." Dürr konterte mit jenem Anflug von bayerischem Humor, dem im Museum sogar eine eigene Plattform geboten werden wird: "Ich bin mir ned so sicher, dass Sie ned schuld san!" Woraufhin Thomas Goppel (CSU) Loibl zur Seite sprang und die Opposition ermahnte: "Schuld an der CSU-Mehrheit seid doch ihr mit eurer Politik." Goppel appellierte an die Versammlung, Loibl doch in Ruhe arbeiten zu lassen. Er habe viele mustergültige Landesaustellungen konzipiert und ein Millionenpublikum angelockt, ihm eile ein exzellenter Ruf voraus, "schenken Sie ihm ein bissl mehr Vertrauen". Dem Vorwurf einer einseitigen Konzeption hielt Loibl entgegen, keine Institution in Bayern sei so proporzgestählt wie das Haus der Bayerischen Geschichte. Die Landesausstellungen seien auch deshalb ein Erfolgsmodell, weil sie alle bayerischen Regionen gleichermaßen miteinbeziehen.

© SZ vom 27.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: