Bayerns neuer Antisemitismusbeauftragter Ludwig Spaenle (CSU) will angesichts wachsender Judenfeindlichkeit eine Kultur des Hinschauens fördern. "Auch niederschwellige Formen von Judenbeschimpfungen, die nicht unbedingt strafrechtlich relevant sind, sollen so bekanntgemacht werden", sagte Spaenle der dpa. Dazu plant der einstige Kultusminister eine Art Hotline für die in Bayern lebenden Juden nach Vorbild der Berliner Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS).
Bis zum Herbst will Spaenle alle zwölf zum Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern gehörenden jüdischen Gemeinden und die als eigener Landesverband agierende Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern besuchen. Beim Antrittsbesuch der jüdischen Gemeinde vor wenigen Tagen in Nürnberg zeigte sich Spaenle beeindruckt vom Austausch junger Juden mit Muslimen: "Das wird man sich genau anschauen müssen."
Kolumne:Der neue Judenhass ähnelt dem alten
Es darf nicht sein, dass Juden in Deutschland nun auch auf der Straße wieder Angst haben müssen. Nicht nur der Staat muss dagegen einschreiten. Gefragt sind wir alle.
Teil seines Zehn-Punkte-Planes ist die Einberufung einer Runde führender Repräsentanten des jüdischen Lebens in Bayern. Mit ihnen möchte er auch über das Profil seines Amtes reden. Zudem will sich Spaenle zusammen mit Experten der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus stellen. "Wir müssen intellektuell die Klingen kreuzen", erläuterte Spaenle. Als Beispiel nannte er die Aussage des AfD-Politikers Björn Höcke, der im Zusammenhang mit dem Berliner Holocaust-Mahnmal von einem "Denkmal der Schande" gesprochen hatte.
Als weiteren Schwerpunkt seiner Arbeit sieht Spaenle, das Israelbild zu beleuchten. Es sei notwendig, mit Vorurteilen und Unwissenheit über den Staat Israel aufzuräumen. Auch will er jüdische Kultur und jüdisches Leben stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung rücken. Wesentlicher Teil des Zehn-Punkte-Planes sei außerdem die Intensivierung der Zusammenarbeit mit Israel in wirtschaftlichen Fragen, aber auch bei Digitalisierung und Umwelttechnologien.
Zur Kritik der Oppositionsparteien an der Berufung von acht Sonderbeauftragten der Staatsregierung sagte Spaenle: "Angesichts der gesellschaftspolitischen Aufgabe des Amtes fehlen mir die Worte." Spaenle soll eine Geschäftsstelle mit bis zu vier Mitarbeitern bekommen, die im Kultusministerium angesiedelt ist.