Kommunalwahl:Demokratie im Katastrophenmodus

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Vielerorts wird es spannend bei der Stichwahl. Wegen des Aufwands auch für die Behörden. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Obwohl die Behörden gerade mehr als genug zu tun haben, bleibt es beim Termin am 29. März für die Stichwahlen. Reine Briefwahlen sind gesetzlich nicht vorgesehen, deshalb ist eine Anordnung erlassen worden.

Von Matthias Köpf, Bamberg

Andreas Schwarz hat sich um dieses Amt beworben, und so wäre erst einmal anzunehmen, dass er lieber heute als morgen zum Bamberger Landrat gewählt werden würde. Doch der SPD-Bundestagsabgeordnete schlägt vor, die in vielen Kommunen nötige Stichwahl - in Schwarz' eigenem Fall gegen den im ersten Durchgang weit vorausliegenden Amtsinhaber Johann Kalb von der CSU - vom 29. März auf ein späteres Datum zu verschieben. Mitten in der Corona-Krise arbeiteten die Rathäuser und Behörden in Bayern "bereits am Anschlag. Die Durchführung der Stichwahl wäre eine unnötige Zusatzbelastung", erklärt Schwarz. Er ist nicht als einziger auf diesen Gedanken gekommen, und mindestens als Herausforderung wird diese reine Brief-Stichwahl in vielen Rathäusern angesehen. Stattfinden soll sie aber auf jeden Fall am geplanten Termin.

Das hat das bayerische Innenministerium in einem Schreiben bekräftigt, das es am Mittwoch an die Landkreis-, Stadt- und Gemeindeverwaltungen verschickt hat. Demnach sollen die Briefwahlunterlagen möglichst bis zum kommenden Mittwoch, 25. März, an alle Wahlberechtigten zugestellt werden, die sich noch zwischen zwei Bürgermeister- oder Landratskandidaten entscheiden müssen. Dass die Wähler für die zweite Runde wegen der Corona-Pandemie ausnahmslos und ohne eigenen Antrag Briefwahlunterlagen zugestellt bekommen werden, hatte Ministerpräsident Markus Söder schon vor der ersten Wahlrunde verkündet. Denn die klassische Stimmabgabe an der Urne soll bei dieser Stichwahl ausnahmsweise nicht sein.

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Das deutsche Wahlrecht sieht allerdings derzeit auf keiner Ebene eine reine Briefwahl vor. Hintergrund ist der Gedanke, wonach nur bei einer Urnenwahl gewährleistet ist, dass die Wahlentscheidung jedes Einzelnen geheim bleibt. Allerdings ist es aus Sicht von Wahlrechtsexperten wie Andreas Gaß vom Bayerischen Gemeindetag in einem Katastrophenfall wie in diesen Wochen durchaus möglich, diese Regelung per Allgemeinverfügung zu ändern und eine reine Briefwahl anzuordnen.

Der Anteil der Briefwähler steigt ganz unabhängig von der bevorstehenden Stichwahl ohnehin seit Jahren. Bayernweite Zahlen zum ersten Wahlgang vom Sonntag gibt es noch nicht, Beobachter wie Andreas Gaß halten aber eine Quote um die 50 Prozent für wahrscheinlich. Manche Verwaltungen sehen sich nun bei der ersten reinen Briefwahl vor größere logistische Probleme gestellt. Die Stimmzettel müssen zwar sowieso gedruckt werden. Dazu kommen aber nun noch eine viel größere Zahl von vorgedruckten Wahlkuverts und von Anleitungen zur richtigen Briefwahl. Allerdings stellt es in Druckereien in aller Regel kein Problem dar, einfach mehr Exemplare derselben Drucksache herzustellen. Das größere Problem könnte es da werden, die gedruckten Unterlagen rechtzeitig in die Briefkästen der Wähler zu bringen.

Eine Stichwahl ist nach den Ergebnissen der ersten Runde bayernweit in 16 kreisfreien Städten und in 18 Landkreisen nötig. Dazu kommt noch eine große Anzahl kleinerer Städte und Gemeinden. Im Landkreis Miesbach, wo am 29. März knapp 80 000 Stimmberechtigte die Wahl zwischen dem amtierenden Landrat Wolfgang Rzehak (Grüne) und seinem Herausforderer Olaf vom Löwis (CSU) haben, zeigt sich die Verwaltung beispielsweise optimistisch: "Das schaffen wir ohne Probleme", sagt Behördensprecher Birger Nemitz. Man habe gleich am Tag nach der Wahl die nötigen Unterlagen bestellt und sehe keinen Grund, warum sie nicht beizeiten gedruckt und zu den Wählern gebracht werden sollten. Auch aus den sechs Städten und Gemeinden im Landkreis, in denen ebenfalls Stichwahlen anstehen, sei bisher nichts von größeren Probleme bei der Vorbereitung der Stichwahl zu hören.

Die Stadt Rosenheim mit ihren knapp 47 000 Stimmberechtigten lässt ihre Briefwahlunterlagen von einem externen Dienstleister drucken, kuvertieren und ausliefern - und zwar möglichst bis zum Mittwoch, was laut Stadtverwaltung zwar "sportlich, aber schaffbar" ist. Wer am Donnerstag oder Freitag noch nichts im Briefkasten hat, soll sich - wohl auch über eine einfache Möglichkeit auf der städtischen Homepage - melden und die Unterlagen noch bis Samstagmittag in einer Turnhalle abholen können. Abgabeschluss für die Stimmzettel bleibt - wie überall anders auch - am Wahlsonntag um 18 Uhr.

© SZ vom 20.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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