Mitten in Bayern:Maske auf, Maske runter

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Die Disziplin der Bevölkerung beim Einhalten der Corona-Maßnahmen schwindet. Das liegt auch an den teils absurden Regeln.

Von Sebastian Beck

Neulich hat der TSV 1860 München 0:2 daheim gegen Zwickau verloren. Wesentlich spannender als das Spiel waren die Corona-Maßnahmen im Grünwalder Stadion. Die Fans mussten zuvor ihre Impfbescheinigungen vorzeigen, dann bekamen sie blaue Bändchen ums Handgelenk geklebt. Weil die Tickets überdies personalisiert waren, mussten sich am Eingang zusätzlich alle ausweisen. Vor der Westkurve führte das dazu, dass sich wenigstens 1000 Menschen eng am Eingang drängten - ohne Masken. Wer es endlich ins Stadion geschafft hatte, wurde von Ordnern darauf hingewiesen, dass auf dem Weg zur Tribüne Maskenpflicht herrsche. Ausgerechnet dort, wo alle durcheinander schreien, durften die Masken dann wieder abgenommen werden.

Das ist nur eines von vielen absurden Beispielen, wie in Bayern die Corona-Maßnahmen gehandhabt werden. Aus sinnhaften Vorschriften sind zum Teil groteske Rituale ohne jeglichen Nutzen geworden. An der Tür zu einer Berghütte mussten am Wochenende die Wanderer Masken aufsetzen, nur um damit zwei Meter zum Tisch zu gehen, wo sie abgelegt werden durften. Niemand checkte sich ein. Eine Tölzer Wirtschaft wirkte dagegen heimelig wie eine Isolierstation: Auf dem drei Meter langen Flur wurden die Laufwege mit einer Stellwand und Schildern abgetrennt, drinnen im Gastraum öffnete sich eine Welt aus Plexiglas-Abteilen und Luftreinigern. Die Bedienung fragte den Impfstatus ab, alle Gäste registrierten sich vorschriftsmäßig. Nun könnte man einwenden, dass Plexiglasbarrieren die Verbreitung von Coronaviren keineswegs stoppen, sondern womöglich sogar noch fördern, wie zuletzt die New York Times berichtete. Andererseits: Im Durcheinander der Auflagen spielt das eh keine Rolle mehr.

Weil ein Großteil der Bevölkerung inzwischen geimpft oder genesen ist und die Situation in den Krankenhäusern entspannt bleibt, bröckelt ohnehin die Disziplin. Je weiter man aufs Land hinaus fährt, desto weniger scheinen Corona-Maßnahmen noch zu gelten. Das zeigt die Grenzen des staatlichen Handelns: Wenn sich keiner mehr dran hält, dann nützt die schönste Verordnung nichts. Die Menschen, so scheint es, müssen wieder selbst einschätzen, welche Risiken sie wann und wo eingehen wollen. Man kann nur hoffen, dass das gutgeht.

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