Cannabis-Legalisierung:Bayern gründet Cannabis-Aufsicht

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Kiffen wird von April an legal. In Bayern will man es Konsumenten und Anbauvereinigungen aber schwer machen. (Foto: Annette Riedl/dpa)

"Wir werden dafür sorgen, dass Bayern trotz Legalisierung nicht zu einer Kiffer-Hochburg wird", sagt Gesundheitsministerin Gerlach. Sie plant 20 neue Stellen für Kontrolleure. Was diese überwachen sollen - und wie viel die neue Einheit kostet.

Von Nina von Hardenberg

Judith Gerlach klingt am Dienstag ein bisschen, als ziehe Bayern in den Kampf: "Wir rüsten uns gegen die gefährlichen Cannabis-Pläne der Bundesregierung", heißt es in einer Mitteilung der CSU-Gesundheitsministerin. "Wir werden dafür sorgen, dass Bayern trotz Legalisierung nicht zu einer Kiffer-Hochburg wird", erklärt sie bei einer Pressekonferenz im Anschluss an die Ministerratssitzung. Die Botschaft soll ganz klar sein: Wer Cannabis konsumieren und anbauen wolle, solle das lieber woanders tun. "Bayern wird mit Sicherheit kein lauschiges Plätzchen zum Kiffen." Die Polizei werde Verbotszonen rund um Kitas und Schulen streng und "engmaschig" kontrollieren, betont auch Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU).

Solche Drohgebärden in Richtung der Freunde des Cannabis-Konsums hält die Staatsregierung offenbar für nötig, schließlich soll nach den Plänen der Bundesregierung vom 1. April an der Anbau und Besitz von gewissen Cannabis-Mengen für volljährige Menschen erlaubt werden. Für Staatskanzleichef Herrmann ist das nicht weniger als ein "politischer Sündenfall", eine "völlig falsche Drogenpolitik" und ein "Kontrollverlust mit Ansage". Es würden künftig mit Sicherheit mehr Menschen in einem Übermaß Cannabis konsumieren. "Das wird in vielen Fällen aus dem Ruder laufen", prognostiziert er düster.

Judith Gerlach ist seit der Landtagswahl im vergangenen Jahr Gesundheitsministerin Bayerns. Sie will Kiffern den Konsum von Cannabis im Freistaat verleiden. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Die Gesundheitsministerin hat unterdessen Pläne entworfen, wie sie den Menschen in Bayern den Cannabis-Konsum auch künftig verleiden will: Die Gründung von sogenannten Anbauvereinen etwa soll in Bayern maximal schwer gemacht werden. In Anbauvereinen können künftig bis zu 500 Menschen gemeinsam Cannabis anbauen und sich untereinander zum Konsum abgeben. Sie sehe da viele Möglichkeiten, die zahlreichen Dokumentationspflichten oder etwa die Kontrollen zur Zuverlässigkeit der anbauberechtigten Personen streng auszulegen, sagt Gerlach.

20 neue Stellen für Cannabis-Kontrolleure will die Ministerin zu diesem Zweck beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) an den Standorten Erlangen und Oberschleißheim einrichten. Sie sollen eine "zentrale Kontrolleinheit" bilden, die Anträge für die Anbauvereinigungen prüfen und Lizenzen vergeben. Außerdem werden sie die Anbauvereinigungen kontrollieren - regelmäßig einmal pro Quartal und immer dann, wenn sie den Verdacht hegen, dass Vorschriften nicht beachtet wurden.

Die Kosten für die Kontrollen liegen im Millionenbereich

Die Kosten für die Einrichtung der neuen Einheit schätzt die Ministerin auf etwa 4,7 Millionen Euro. Außerdem entstünden jährlich laufende Sachkosten von etwa 1,2 Millionen Euro, rechnet Gerlach vor. "Das zeigt, welchen personellen und finanziellen Aufwand der Bund mit seinem Cannabis-Irrsinn den Ländern beschert."

Dass Cannabis wirklich zum 1. April freigegeben wird, ist noch nicht ganz sicher. Zwar hat der Bundestag das Gesetz beschlossen, am 22. März aber kommt es noch in den Bundesrat. Bayern hat dort einen Antrag eingereicht, das Gesetz komplett abzulehnen. Die Erfolgschancen bewertet Ministerin Gerlach allerdings selbst als gering, da in allen Bundesländern außer Bayern Ampel-Parteien an der Regierung beteiligt seien.

Auch die Chance, die Legalisierung auf dem Klageweg zu stoppen, ist offenbar gering. Gerlach sieht nach einer Prüfung durch ihr Ministerium jedenfalls keinerlei Klagemöglichkeiten für den Freistaat - weder vor dem Bundesverfassungsgericht noch irgendwo sonst, etwa auf europäischer Ebene. Nur Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat die Hoffnung offenkundig nicht aufgegeben: Er kündigte am Dienstag an, gemeinsam mit seinen Unions-Amtskollegen aus anderen Ländern eine Klage zu prüfen. "Wir waren uns einig, dass auf die Strafverfolgungs- und Ordnungsbehörden der Länder schwierige zusätzliche Aufgaben und ein immenser Aufwand zukommen. Das wollen wir auf keinen Fall akzeptieren", sagte Herrmann.

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Eine Anrufung des Vermittlungsausschusses sei aber das Mindeste, sagte der Innenminister und darauf setzt auch Gerlach. Das würde das Gesetz zumindest verzögern. Mehrere Ausschüsse des Bundesrates haben Details des Gesetzes moniert. Der Justizausschuss etwa kritisiert die geplante Amnestie für Fälle, die künftig legal sind. Der Gesundheitsausschuss fordert, den Cannabis-Konsum erst im Herbst zu legalisieren. Es brauche mehr Zeit, um Präventionsangebote aufzubauen. Zudem könne legal in Deutschland angebautes und getrocknetes Cannabis frühstens im Herbst zur Verfügung stehen. Einen Punkt, den auch Bayerns Gesundheitsministerin hervorhob.

Eine Legalisierung zum 1. April sei ein "Konjunkturprogramm für den Schwarzmarkt in den nächsten Monaten", da zu diesem Zeitpunkt ausschließlich illegales Cannabis zur Verfügung stünde. Die Anbauvereinigungen dürfen nach den Plänen erst zum 1. Juli eine Genehmigung beantragen.

Neben strenger Auslegung und Kontrolle setzt Gerlach auch auf Prävention. "Die öffentliche Verharmlosung von Drogen kann dazu führen, dass junge Menschen denken, wenn es der Staat erlaubt, kann es nicht so schlimm sein", warnte sie. Bayern werde deshalb die Präventionsarbeit an Schulen weiter ausbauen. Diese war bereits unter ihrem Vorgänger Klaus Holetschek gestartet. Es seien bereits 250 Moderatoren qualifiziert worden. Sie hätten 550 Schulklassen der Jahrgangsstufen acht bis zehn in Workshops über die Risiken von Cannabis aufgeklärt. In der ersten Jahreshälfte 2024 sollten weitere 200 Moderatoren und Moderatorinnen ausgebildet werden. Ziel sei es, dass jede Schulklasse diesen Workshop angeboten bekomme.

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