Bildung:So teuer ist die Ausstattung für Schüler in Bayern

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Bunte Dinge, die man in der Schule braucht oder zu brauchen glaubt: Zum Ende der Ferien ist Hochsaison in Schulbedarf- und Schreibwarenläden. (Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Etwa 300 Euro veranschlagt die SPD-Landtagsfraktion für die Erstausstattung eines Schülers, auch in den weiteren Schuljahren kommen Kosten auf die Eltern zu.
  • Dieses Geld können viele Familien nicht aufbringen.
  • "Bildung muss komplett kosten- und gebührenfrei sein" fordert der bildungspolitische Sprecher der SPD.

Von Anna Günther, München

Für die Schreibwarengeschäfte in Bayern ist in diesen Tagen Hochsaison. Am kommenden Dienstag beginnt das neue Schuljahr, fast 1,7 Millionen Schüler wollen mit Heften, Stiften, Radiergummis und Schulbuchplastikschutzumschlägen ausgestattet sein. All das kostet, am teuersten aber wird es für Eltern von Erstklässlern. 112 000 Mädchen und Buben werden zum ersten Mal in einem Klassenzimmer sitzen - und brauchen erst einmal eine Grundausstattung. 300 Euro veranschlagt die SPD-Landtagsfraktion für Bastelmaterialien, Hefte und Hüllen, Schnellhefter, Wassermalfarben, Turnbeutel, Sportkleidung und den Schulranzen.

Für viele Eltern sei das jedes Jahr wieder ein Ärgernis, sagte Martin Güll, der bildungspolitische Sprecher der SPD und Vorsitzende des Bildungsausschusses, am Mittwoch im Landtag. "Wo ist da die Lehrmittelfreiheit, wenn die Eltern jedes Jahr wieder so viel Geld ausgeben müssen?", fragte Güll. Aus seiner Sicht muss der Freistaat die Familien entlasten und diese Kosten übernehmen. "Bildung muss komplett kosten- und gebührenfrei sein", sagte Güll.

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Denn auch wenn der Schulranzen nur einmal gekauft wird, Schreib- und Bastelmaterialien fallen bei jedem Kind an, und während des Schuljahres kommen weitere Kosten auf Familien zu: Gebühren für das Mensa-Essen, Mittagsbetreuung, Hort oder Ferienbetreuung, Klassenfahrten und Wandertage oder Nachhilfe. Der Freistaat müsse die Familien entlasten und zumindest die "Nebenkosten für Schulkinder" übernehmen, also neben den Lernmitteln auch für Kindertagesstätten, Ganztagsschulplätze und Schulwege bezahlen. "Diese Kosten dürfen die ohnehin vorhandene soziale Spaltung nicht noch vertiefen", sagte Güll.

Damit Bildungsgerechtigkeit auch in Bayern gewährleistet ist, müsse etwas passieren. Die SPD-Fraktion werde demnächst einen Gesetzentwurf zur umfassenden Lernmittelfreiheit in den Landtag einbringen. Der Versuch, einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsschulplatz und die Übernahme der Schulwegskosten durchzusetzen, wurde von der CSU-Mehrheit im Landtag abgelehnt.

Wenig überraschend hat der SPD-Bildungsexperte Güll mit der Idee des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz kein Problem: Würde das sogenannte Kooperationsverbot fallen, könnte der Bund einen Teil dieser Kosten übernehmen. "Der Bundestag muss in der Lage sein, den Ländern zu helfen", sagte Güll. Wenn der Bund im Rahmen einer Ganztagsoffensive einen Teil des Mittagessens bezahle, sei das auch kein Eingriff in die Hoheit der Länder bei Bildungsfragen. Die Staatsregierung solle sich kreative Lösungen überlegen, auch Gutscheine für Hefte und Bastelsachen könnten ärmere Familien entlasten.

Schulminister Spaenle lehnt Einmischung aus Berlin ab

Von Gülls Definition der Dinge, die unter die Lernmittelfreiheit fallen, möchte man im Kultusministerium nichts wissen. In Bayern gelte an allen öffentlichen Schulen Lernmittelfreiheit, heißt es. Im Doppelhaushalt 2017/2018 sind für jedes Jahr 33 Millionen Euro für Schulbücher eingeplant. Radiergummis, Schulranzen, Atlanten und Formelsammlungen fallen aus Sicht des Ministeriums nicht darunter. Sollten Familien sich dies nicht leisten können, bekämen sie Hilfe vom Sozialamt. Gebundener Ganztagsunterricht und die offenen Ganztagsschulen seien ohnehin gratis.

Einmischung aus Berlin lehnt Schulminister Ludwig Spaenle ab, nennt Schulz' Pläne für die Bildung ein "Ablenkungsmanöver". Die Verantwortung der Länder für schulische Bildung habe sich bewährt und es gebe längst eine Zusammenarbeit zwischen den Ländern untereinander und auch Förderprogramme durch den Bund, etwa beim Digitalpakt, bei Sanierungen von Schulen, bei der Berufsorientierung oder Deutschförderkursen für ausländische Schüler. "Man muss vorsichtig sein, nicht leichtfertig finanziellen Versprechungen eines Kanzlerkandidaten vertrauen. Versprechungen sind im Wahlkampf leicht gemacht, die Bildungsinvestitionen in SPD-regierten Ländern zeigen allerdings eine andere Praxis", sagte Spaenle.

© SZ vom 07.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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