Wölfe in Bayern:"Wir können hier kein gefährliches Verhalten erkennen"

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Daran hatten sich viele Gemüter erregt: Der Wolf marschiert nachts durch den Ort Bergen und wurde dabei aus einem Auto heraus gefilmt. Nun ist er tot. (Foto: Quelle: Facebook)

Nach der Tötung mehrerer Tiere forderte Agrarministerin Michaela Kaniber den Abschuss eines Wolfes. Der Bund Naturschutz weist ihre Forderung zurück - und kündigt eine Klage an.

Der Bund Naturschutz (BN) weist die Forderung von Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) nach einem schnellen Abschuss des Traunsteiner Wolfes klar zurück. "Wir können hier kein gefährliches Verhalten erkennen", sagt BN-Wolfsexperte Uwe Friedel.

Der Wolf hatte Mitte Dezember mehrere Wild- und Nutztiere in der oberbayerischen Region Traunstein getötet. Nun fordert Kaniber den Abschuss des Wolfes und spricht von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Die Aussage, dass der Wolf die Scheu verloren habe und deswegen eine Gefahr für Menschen darstelle, ist aus Sicht des BN nicht haltbar. Der Wolf habe sich in Siedlungsnähe begeben, weil er dort Fressen in Form von ungeschützten Ziegen und Schafen gefunden habe. In allen Fällen habe der Wolf kein Interesse an Menschen gezeigt. Ganz im Gegenteil, beim einzigen Kontakt mit einem Menschen sei das Raubtier sofort geflohen.

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Der BN-Experte kann sich bei seiner Einschätzung auf amtliche Fachleute berufen. So kam die Expertenkommission des Landesamts für Umwelt (LfU), das für das Wolfsmanagement in Bayern zuständig ist, kürzlich zu dem Ergebnis, dass aus den bisherigen Vorfällen mit dem Raubtier "keine unmittelbare Gefahr für Leben und Gesundheit des Menschen" abgelesen werden kann. Allerdings sei in der Gesamtbetrachtung der Ereignisse auffällig, dass der Wolf offenkundig die Nähe zu Siedlungen suche, heißt es im Protokoll einer Sitzung der Expertenrunde zu den Rissen. Der Grund dafür könnte "das leichter zugängliche Nahrungsangebot" dort sein - also die Nutztiere auf den Weiden nahe der Hofstellen. Sollte der Wolf sein Verhalten beibehalten, will die Expertenkommission nicht ausschließen, "dass es in Zukunft zu einer Gefährdung des Menschen kommt".

"Bei keinem der bisherigen Risse bestand ein ordnungsgemäßer Herdenschutz."

Dem BN reicht so eine potenzielle Gefährdung, die zudem erst in der Zukunft eintreten kann, aber als Begründung für den schnellen Abschuss des Tieres nicht aus. Aus Sicht des Naturschutzverbands müssen zunächst Alternativen dazu geprüft werden. So könnten die Schutzmaßnahmen für die Nutztiere in der Region verbessert werden, etwa durch wolfsabweisende Zäune, indem die Schafe und Ziegen nachts im Stall untergebracht oder Herdenschutzhunde eingesetzt würden. "Bei keinem der bisherigen Risse bestand ein ordnungsgemäßer Herdenschutz", sagt Friedel. Der BN kündigte Klage gegen einen möglichen Abschuss-Bescheid an.

Agrarministerin Kaniber gibt sich dagegen überzeugt, dass der Wolf alle Voraussetzungen für eine Entnahme erfüllt, wie der Abschuss auf Amtsdeutsch heißt. "Ich hoffe auf eine rasche und klare Entscheidung der Umweltverwaltung, konkret der Regierung von Oberbayern, über den vorliegenden Entnahmeantrag", sagt sie. "Das gilt gerade mit Blick auf die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch den Wolf. Da kann man nicht beliebig zuwarten." Der Traunsteiner Landrat Siegfried Walch (CSU) hatte den Abschuss-Antrag bereits Mitte November gestellt. Mit der Entscheidung der Regierung von Oberbayern wird in diesen Tagen gerechnet.

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