Bayern, Land der Exportüberschüsse: Diese einstige Gewissheit gehört laut einer neuen Studie ein Stück weit der Vergangenheit an. Seit 2019 sei das bayerische Güterexportdefizit kontinuierlich angestiegen, heißt es in der am Montag veröffentlichten Analyse des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo. Es wurden also Jahr für Jahr mehr Waren in den Freistaat eingeführt, als zum Beispiel Autos oder Maschinen made in Bavaria in alle Welt verkauft wurden. Man gehe von einem "dauerhaften Trend" aus. Damit müsse sich der Freistaat "von einem wesentlichen Markenzeichen seines rasanten Wirtschaftsaufschwungs der Nachkriegszeit verabschieden", teilte die Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern mit. Sie hatte die Studie in Auftrag gegeben.
Vereinfacht bedeutet ein Exportüberschuss meist, dass sich Firmen eines Landes gut im internationalen Wettbewerb zu behaupten wissen. Ein Exportdefizit ist deshalb aber aus makroökonomischer Sicht nicht per se gut oder schlecht. Darauf weisen auch die Studienautoren hin. Entscheidend seien vielmehr die Hintergründe. So machten der Industrie in den vergangenen Jahren die Folgen von Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg zu schaffen. Mal schwächelte die weltweite Nachfrage, mal fehlten Teile, mal trieben hohe Energiepreise die Kosten nach oben, auch zuungunsten der Außenhandelsbilanz.
Newsletter abonnieren:Mei Bayern-Newsletter
Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.
Allerdings zeigt der Blick ins Ausland, dass die Produktion in Deutschland und Bayern zuletzt besonders müde wirkte. Auffällig ist hier die Autoindustrie, die zusätzlich mit dem Wandel hin zur Elektromobilität zu kämpfen hat. Vor allem im Bereich Batterie sei hierzulande die Fertigungstiefe weiterhin relativ gering, heißt es in der Analyse. Branchenübergreifend werde zudem lieber in Standorte und Anlagen im Ausland investiert. Die Investitionen im deutschen Inland dagegen stagnierten auf niedrigem Niveau.
Ganz überraschend kommen die neuen Erkenntnisse also nicht. Aber sie zeigen die ersten Auswirkungen eines länger andauernden Prozesses. "Der strukturelle Wandel ist voll im Gange", sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl. "Politik und Wirtschaft sollten das Beste aus ihm machen." Die Ifo-Studie empfiehlt hierzu unter anderem mehr Bildung und Weiterbildung. Denn auch im Ingenieurs- und IT-Bereich ist der Mangel an Fachkräften groß - dabei könnten diese langfristig Wertschöpfung in Bayern sichern, selbst wenn die von ihnen entworfenen Autos und Maschinen dann woanders zusammengebaut würden. Daneben brauche es weniger Bürokratie- und Regelungsdichte sowie einen Ausbau der Energienetze. Gößl sieht daneben Potenzial für mehr Exporte im Dienstleistungsbereich. Laut Ifo-Studie ist Bayern auch hierbei bisher ein Netto-Importeur.