Umwelt und Natur:Schutzschild der bayerischen Alpen

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Berchtesgaden und dahinter der Watzmann. (Foto: Lino Mirgeler/dpa)

Der Alpenplan wird 50 Jahre alt. Bayern verdankt ihm, dass "es immer noch Berge gibt ohne Seilbahnen, Speicherteiche oder Funparks". Nur ein namhafter CSU-Politiker legte sich mit dem Werk an.

Von Christian Sebald, München

Es war in der zweiten Hälfte der Sechzigerjahre, als die Gemeinden Ramsau und Berchtesgaden drauf und dran waren, eine Seilbahn auf den Watzmann zu bauen. Dass das weltberühmte Bergmassiv schon damals unter Naturschutz stand, kümmerte die Kommunalpolitiker wenig. Sie wollten Winterurlauber in die Region locken und planten deshalb oberhalb des Watzmannhauses ein Skigebiet. Die Naturschutzverbände tobten. Schließlich lenkte der damalige Ministerpräsident Alfons Goppel ein. 1968 wurden den Kommunen die Pläne verboten. Heute ist der Watzmann das Zentrum des Nationalparks Berchtesgaden. Allein der Gedanke an eine Seilbahn samt Skigebiet dort wirkt skurril und aus der Zeit gefallen.

Gleichwohl bleibt der Streit bedeutsam. Denn er lieferte den Anstoß für den bayerischen Alpenplan. "Wenn es den Alpenplan nicht gäbe, müsste man ihn erfinden", sagt der Würzburger Geografie-Professor und Alpen-Spezialist Hubert Job. "Er ist das wichtigste Instrument zum Schutz der bayerischen Bergwelt." Auch Hanspeter Mair, beim Deutschen Alpenverein (DAV) für alpine Raumordnung zuständig, sagt, dass man den Alpenplan gar nicht hoch genug schätzen kann. "Wir verdanken ihm, dass es in Bayern immer noch Berge gibt ohne Seilbahnen, Speicherteiche oder Funparks." Diesen Lobpreisungen folgen dieser Tagen sicher weitere. Denn an diesem 1. September feiert der Alpenplan Jubiläum. Auf den Tag genau seit 50 Jahren ist er dann in Kraft.

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So sehr der Alpenplan gepriesen wird, so einfach ist er aufgebaut. Er teilt die Bergwelt im Freistaat in drei Zonen ein - A, B und C. In Zone A sind Bergbahnen, Skigebiete und andere touristische Vorhaben gemäß den entsprechenden Bauvorgaben zugelassen. In Zone B müssen sie genau geprüft und einzeln entschieden werden. Und in Zone C, die mit 43 Prozent den größten Anteil hat, sind sie kategorisch untersagt. Zone C war nicht nur der Garant dafür, dass die Gemeinden Ramsau und Berchtesgaden ihre Seilbahnpläne am Watzmann schon Jahre vor der Etablierung des Nationalparks endgültig begraben haben. Sondern auch dafür, dass Gipfel wie der Geigelstein, die Rotwand bei Miesbach oder die Alpspitze oberhalb von Garmisch von ähnlichen Projekten verschont blieben. "Der Alpenplan hat ganz wesentlichen Einfluss auf den alpinen Naturschutz", sagt Job. "Und zwar ohne den für Bayern so wichtigen Wirtschaftsfaktor Tourismus einzuschränken."

Ein unterfränkischer Beamter hatte die Idee zum Alpenplan

Die Idee für den Alpenplan stammte von Helmut Karl. Der Gartenbauingenieur aus dem unterfränkischen Schweinfurt war in den Sechzigerjahren Beamter an der Bayerischen Landesstelle für Naturschutz. So hieß seinerzeit die oberste Naturschutzbehörde Bayerns. Karl, der 2009 gestorben ist, hat oft erzählt, dass die Seilbahn-Pläne am Watzmann für ihn "das Fass zum Überlaufen gebracht haben". Denn es habe in den bayerischen Bergen ja schon "zwei Zahnradbahnen, 20 Kabinenbahnen, 36 Sessel- und 288 Schlepplifte" gegeben. Diesen Boom wollte er bremsen. Deshalb arbeitete er den Alpenplan aus.

Dabei kamen Karl die Zeitumstände zupass. Naturschutz war Ende der Sechzigerjahre, Anfang der Siebzigerjahre en vogue. 1970 fand das erste "Europäische Naturschutzjahr" statt, im gleichen Jahr fiel die Entscheidung für die Einrichtung des bayerischen Umweltministeriums. Erster Umweltminister wurde der spätere Ministerpräsident Max Streibl, der CSU-Politiker hat laut Karl die Idee des Alpenplans sofort aufgegriffen und umgesetzt.

Es gab bisher nur einen namhaften CSU-Politiker, der Hand an den Alpenplan legen wollte. Das ist Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder. Es war 2017, der Streit um die Skischaukel am Riedberger Horn schlug bundesweit hohe Wogen. Söder, damals Heimat- und Finanzminister und damit zuständig für den Alpenplan, wollte den Oberallgäuer Gemeinden Obermaiselstein und Balderschwang die neue Gondelbahn und die Skipiste unbedingt ermöglichen. Dabei liegt das Riedberger Horn mitten in Zone C. Söder ließ sich davon nicht stoppen. Auf sein Betreiben nahm der Landtag Teile des Riedberger Horns aus Zone C heraus. Kaum war Söder Ministerpräsident, machte er die Änderung rückgängig - offenbar aus Furcht um Wählerstimmen bei der Landtagswahl 2018. Denn das Entsetzen der Zigtausende Mitglieder starken Umweltverbände und des DAV war riesig.

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