Mitten in Bayern:Volksfest zum Midnehma

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Dass es wegen Corona so gar keine Gaudi mehr gibt, damit will man sich in Gmund am Tegernsee nicht zufrieden geben. Und veranstaltet einfach eine Minimal-Griabigkeit.

Kolumne von Matthias Köpf

Also diese Münchner, die dürfen das jetzt natürlich nicht wissen. Weil doch die Münchner dauernd an den Tegernsee fahren. Nicht alle vermutlich, und aus Münchner Sicht vielleicht nicht einmal allzu viele, aber im Verhältnis zu den Einwohnern von Kreuth oder Rottach-Egern scheinen es Massen zu sein. Und normalerweise sollen sie das ja auch, wenn am Tegernsee die vielen Hotels und Wirtshäuser und Restaurants und Cafés und so weiter offen haben und das ganze Geld einnehmen können. Aber gerade grassiert dort statt des Geldes halt das Virus, weshalb in dieser Saison sogar die See- und Waldfeste ausfallen, zu denen die einen ihre Festtags- und die anderen ihre Feiertracht anziehen. Aber - und jetzt kommt das, was die Münchner nicht wissen dürfen - der Saisonauftakt steht. In Gmund findet von diesem Donnerstag an das Volksfest statt.

Bevor sich jetzt doch alle ins Auto setzen: Ein ganz normales Drive-in-Volksfest wird das nicht, aber immerhin eins to go. Wobei die Wortwahl in Gmund eine andere ist, um wenigstens eine gewisse Minimal-Griabigkeit zu gewährleisten. Ein "Volksfest zum Midnehma" soll es also werden, wobei sich dieses Angebot ausdrücklich nur auf das Essen bezieht. Der Festwirt wird am Gmunder Volksfestplatz also aus einer Hütte, die er sonst am Rosenheimer Weihnachtsmarkt stehen hat, Schweinshaxen, Grillhendl und Steckerlfisch ausgeben, ein zweiter Stand soll gebrannte Mandeln oder Schokofrüchte feilbieten. Das halbe Hendl gibt es am Donnerstagmittag sogar gratis, aber Achtung: Auch das nicht für Münchner, sondern nur für Gmunder, die älter sind als 65 Jahre, denn die hätten ihr jährliches Freihendl auf Kosten der Gemeinde sonst am Seniorennachmittag zu sich nehmen dürfen. Und darüber, dass da alles korrekt zugeht, w acht die Seniorenreferentin mit einer Liste zum Abhaken.

Irgendetwas Wichtiges scheint da aber noch zu fehlen, und wenn es schon nicht die Griabigkeit zum Midnehma ist, dann ist es womöglich doch das Prosit der Gemütlichkeit. Um sich also auch noch das Bier krugweise ins Haus zu holen, könnten die Gmunder - und in Gottes Namen auch die Münchner - ins niederbayerische Plattling fahren. Dort schenkt der "Bräu zur Isar" in der Not sein Bier gerade to go in mitzubringende Gefäße aus.

© SZ vom 29.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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