Skandale in Bayern:Es war der Bruder

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1980 hat es Franz Josef Strauß bekanntlich nicht ins Kanzleramt geschafft, wobei aber auch nicht er den Wahlkampf verloren hat, wie eine überparteiliche Historikerkommission jetzt herausgefunden hat. (Foto: Mike Schmalz/SZ Photo)

Ob Amigo-, Flick- oder Maskenaffäre: Die Geschichte der politischen Skandale muss neu geschrieben werden. An allem war immer ein Helmut schuld.

Glosse von Roman Deininger

München, 1. Oktober. Die überparteiliche Historikerkommission "Bayern-Sumpf" hat am Sonntag die Ergebnisse ihrer vierjährigen Forschungsarbeit vorgelegt. Mehrere "sogenannte Skandale" der Landesgeschichte, heißt es im Abschlussbericht, müssten "neu bewertet" werden, darunter die Amigo-Affäre von 1993. Nach den neuen Erkenntnissen hat damals nicht Ministerpräsident Max Streibl (CSU) auf Kosten eines Industriellen Gratis-Urlaub in Brasilien gemacht, sondern dessen Bruder Helmut Streibl. Laut eines erst jetzt entdeckten Telefonprotokolls sagte Helmut Streibl im Mai 1993 der Passauer Neuen Presse: "Ich schäme mich für diese Tat und bitte vor allem meinen Bruder um Verzeihung. Aber es waren herrliche Wochen auf der Hacienda."

Überraschend entlastet wird auch der langjährige CSU-Chef Franz Josef Strauß in der Fibag-, Starfighter-, HS30-, Spiegel-, Zwick- und Flick-Affäre. Alleinverantwortlicher in allen Fällen, so die Historiker, sei Franz Josefs bislang unbekannter Bruder Helmut Strauß, der bis heute einen Waffenladen in Rott am Inn führt. Endgültig klären konnte die Kommission auch, dass Max Strauß, der Sohn des CSU-Chefs, keine unversteuerten Provisionen für Waffendeals erhalten hat. "Uns liegt eine Selbstbezichtigung des deutschen Staatsbürgers Helmut Maxwell vor", so die Historiker.

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Als "überzeugend" bezeichnete CSU-Generalsekretär Martin Huber auch die Schlussfolgerung der Historiker, dass die Bundestagswahl 1980 nicht Kanzlerkandidat Franz Josef Strauß, sondern Bruder Helmut verloren habe. "Dr. Franz Josef Strauß ist, genau wie Dr. Markus Söder, im Felde unbesiegt", sagte Huber. Eine spektakuläre Wendung gibt es auch in der CSU-Medienaffäre von 2012. Nicht CSU-Pressesprecher Hans-Michael Strepp hat demnach durch Anrufe beim ZDF versucht, eine Berichterstattung über den SPD-Parteitag zu verhindern, sondern dessen Bruder Helmut-Michael Strepp.

Neue Entwicklungen gibt es auch in der Verwandtenaffäre von 2013. Vollkommen unschuldig, so die Kommission, sei der frühere CSU-Fraktionschef im Landtag, Georg Schmid. Dessen Bruder Helmut Schmid, Spitzname "Schüttel-Helmi", habe zugegeben, rechtswidrig seine Geschwister Herbert, Hademar, Hildegard und Hermine im Büro des Bruders beschäftigt zu haben. Unterdessen teilte die Staatsanwaltschaft mit, dass sie in der Maskenaffäre gegen den neuen Verdächtigen Helmut T. ermittle.

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