Verkehr in Bayern:Bitte zahlen: Fernpass künftig nur noch mit Maut

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Tirol will auf der Fernpass-Strecke eine Maut einführen. Da stinkt den Nachbarn in Bayern. (Foto: MARC JOHN/IMAGO)

Der Fernpass zwischen Füssen, Garmisch und dem Inntal ist bei Autofahrern beliebt. Doch nun plant Tirol dort umfangreiche Bauarbeiten und die Einführung einer Maut. In Bayern reagiert man darauf wenig begeistert.

Von Maximilian Gerl, Füssen/Lermoos

Beim Landesverband Bayerischer Spediteure (LBS) sehen sie eine "schwierige Situation" voraus. Dabei ist der Fernpass, auf dem sich die Fahrzeuge vom und ins Allgäu durch die Alpen drängeln, noch frei befahrbar - mit der Betonung auf "noch". Die verkehrsreiche Straße soll mautpflichtig werden, außerdem sind umfangreiche Bauarbeiten geplant. Sobald diese begonnen hätten, sei auch mit Behinderungen anderswo in Bayern zu rechnen, sagt LBS-Geschäftsführerin Sabine Lehmann am Telefon. Dabei seien auch die anderen Übergänge im Alpenraum schon häufig überlastet. "Wir werden am Ende des Tages schauen müssen, wie wir mit den begrenzten Ressourcen klarkommen."

Tatsächlich ähneln die Straßenverbindungen zwischen Bayern und Tirol gerne Nadelöhren. Auf wenigen Routen muss vergleichsweise viel Verkehr durch - mehr, als zuweilen Platz hat. Und künftig könnte eines dieser Nadelöhre noch kleiner werden, wenn Tirol Ernst macht mit seinen Plänen und dann auf dem Fernpass neben Baustellen eine Maut den Verkehr ausbremst. Auch wenn das drüben in Bayern vielen wohl nicht gefallen wird. Nicht nur beim LBS befürchten sie Ausweichverkehr auf andere Strecken und noch mehr Staus.

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Der Fernpass ist vor allem bei Urlaubern und Pendlern beliebt, der Güterverkehr ist auf Lkw bis 7,5 Tonnen beschränkt. Die Fernpassstraße B 179 beginnt in Tirol bei Nassereith und zieht sich durch die Berge gen Lermoos und Reutte. Von dort führt ein Tunnel weiter nach Füssen. Bei Lermoos zweigt zudem die B 187 Richtung Ehrwald ab, die später als B 23 nach Garmisch-Partenkirchen führt. Eine auch landschaftlich interessante Variante also, um sich die Maut auf der Inntalautobahn zu sparen - oder die teils steile Straße von Garmisch über Mittenwald, Scharnitz und den Zirler Berg. Laut der Landesregierung in Innsbruck nutzen den Fernpass täglich bis zu 30 000 Fahrzeuge, was ihn zu einer "der höchst belasteten Straßenverbindungen in Tirol" mache.

Die Fernpassstraße führt von Füssen und Reutte bis nach Nassereith in Tirol und ins Inntal. Bei Lermoos zweigt außerdem eine Verbindung nach Garmisch ab. Teile der Strecke könnten in Zukunft mautpflichtig werden. (Foto: SZ-Karte/Mapcreator.io/OSM)

Das soll sich ändern. Ende Januar hat die Landesregierung ihr "Fernpass-Paket" vorgestellt. "Keine neue Transitroute, sondern mehr Verkehrssicherheit, eine verlässliche Anbindung an das Inntal und Stärkung der regionalen Kaufkraft" - so ist die dazu gehörende Presseaussendung überschrieben. Das Paket umfasst demnach unter anderem den Bau einer zweiten Röhre im Lermooser Tunnel, den Bau eines Fernpasstunnels und "die Einführung einer Fernpass-Durchzugsmaut". Die Rede war zuletzt von 14 Euro, die von 2028 an pro Fahrt fällig werden könnten. Die ersten Arbeitsaufträge an die zuständigen Ämter wurden bereits vergeben, eine Infoveranstaltung in Ehrwald gab es ebenfalls. Geplant sind Investitionen von ungefähr einer halben Milliarde Euro in den kommenden 15 Jahren.

Doch in Bayern stoßen die Pläne auf weniger Freude: Die einen sehen sich ihrer Anbindung gen Süden beraubt, die anderen fürchten den Ausweichverkehr. Die Landrätin des Landkreises Oberallgäu, Indra Baier-Müller (FW), setzte prompt ein Schreiben an ihre Kollegin auf der anderen Seite der Grenze auf. Demnach sei es "besonders bedauerlich", dass "keine frühzeitige Abstimmung mit dem Land Bayern" und den Nachbarlandkreisen erfolgt sei. Weitere Kritikpunkte: Die Baumaßnahmen bedeuteten einen "einschneidenden" Eingriff in die Natur, brächten aber pro Fahrt nur eine "Zeitersparnis von drei Minuten". Auch die Maut in Höhe von 14 Euro erscheine "unverhältnismäßig hoch" und könne eine "erhebliche Einschränkung" für Bürger, Ausflügler und Lieferanten darstellen. Zum Vergleich: Die Zehn-Tages-Vignette für die österreichischen Autobahnen kostet Pkw-Fahrer 11,50 Euro.

In Tirol ist man offenbar bemüht, die Wogen zu glätten. Ein paar Tage nach Vorstellung des "Fernpass-Pakets" traf sich der Verkehrs- und Mobilitätslandesrat René Zumtobel mit seinem bayerischen Amtskollegen Christian Bernreiter (CSU) in München. "Grenzüberschreitende Herausforderungen" ließen sich "nur gemeinsam" bewältigen, sagte Zumtobel hinterher. Bernreiter äußerte sich ähnlich - gab aber auch zu Protokoll, dass es "zu keiner Benachteiligung" für Reisende und die bayerischen Anwohnerinnen und Anwohner kommen dürfe.

Inwiefern das klappt? Auch die alternativen Alpenrouten gelten als aus- bis überlastet. Vom Grenzübergang bei Kiefersfelden und Kufstein stauen sich die Lkw an manchen Tagen bis zum Irschenberg zurück; Besserung soll ein Slotsystem bringen, bei dem sich Spediteure quasi vorab einen Platz auf der Autobahn reservieren. Die dazu nötigen Vorarbeiten stehen angeblich vor dem Abschluss. Weiter im Süden droht dafür auf der Brennerautobahn mit der Sanierung der Luegbrücke eine Baustelle ganz besonderen Ausmaßes. Und die Eisenbahn ist nur bedingt eine Alternative. Auf dem Schienennetz, heißt es in einem kürzlich präsentierten Güterverkehrskonzept des Freistaats, komme es stellenweise zu "strukturellen Überlastungen".

Für den Fernpass sind jedenfalls die Überlegungen, die Anwohner von der Mautpflicht zu befreien, laut einer ADAC-Mitteilung vom Tisch. Denn: "Eine Ungleichbehandlung von Einheimischen und anderen EU-Bürgern würde gegen EU-Recht verstoßen."

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