Bildung in Bayern:Der Kultusminister als Schriftsteller

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Kultusminister Michael Piazolo (FW) mit seinem Buch "D.E.M.I.A.N.", das er in der Münchner Seidlvilla vorstellte. (Foto: Maximilian Gerl)

Michael Piazolo hat ein Buch geschrieben: "D.E.M.I.A.N." soll zeigen, wo Bayern nach Corona bei der Digitalisierung seiner Schulen steht. Zu hohe Verkaufserwartungen bremst der Kultusminister selber.

Von Maximilian Gerl

Gut sichtbar haben sie das Buch auf dem Tisch drapiert, hinter dem der Autor sitzt. Sein Porträt ist auf dem blauen Einband nicht zu sehen, der zeigt Kinder am Computer. Aber sein Name, der steht in schwarzen Buchstaben drauf. Michael Piazolo hat ein Buch geschrieben, an diesem Mittwoch präsentiert es der Kultusminister (FW) erstmals in der Münchner Seidlvilla. "D.E.M.I.A.N.", ist das Werk betitelt, darunter kleiner: "Bayerns Schulen im digitalen Aufbruch". "Es gibt unterschiedliche Politikstile", versucht der Autor seine Intention zu erklären. Und es gebe viel Politikverdruss. Da müsse Politik mehr erklären, findet Piazolo.

Eine Erklärung ist "D.E.M.I.A.N." auch geworden. Manche Minister schreiben ja Bücher, bevor sie Minister werden, so Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ("Das Land in mir", 1990). Andere Minister schreiben Bücher, wenn sie nicht mehr Minister sind, und sei es nur, um ihre Politik vor der Nachwelt zu rechtfertigen - siehe Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn ("Wir werden einander viel verzeihen müssen", 2022). Selten aber schreiben Minister Bücher, wenn sie Minister sind. Zu dieser raren Spezies darf sich nun Piazolo zählen. Wobei: Ist das Buch vielleicht, so kurz vor Ende der Legislaturperiode, als ein Abschiedsgruß an den Politikbetrieb zu verstehen? Schließlich gibt es ein Geraune, dass sich auch andere den Kultusminister-Job ganz gut vorstellen könnten. Piazolo hingegen will nicht spekulieren, was nach der Landtagswahl kommt. Ihm gehe es vor allem um die Aktualität, sagt er. Corona sei das große Thema in dieser "außergewöhnlichen Legislaturperiode" gewesen - ein Thema, von dem niemand wisse, ob es in ein paar Jahren noch interessiere.

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Und damit zurück zum Werk, dessen Titel an Hermann Hesses "Demian" erinnert. Das Buch wurde erst tags zuvor als digitale Fassung an die Presse verschickt, die 257 Seiten bis zum Auftritt in der Seidlvilla ganz zu lesen, erlaubte jedoch die Kürze eines Erdentages nicht. Vereinfacht geht es um Bildungspolitik in komplexen Zeiten; darum, wie es eine Pandemie gebraucht hat, um die lange angedachte Digitalisierung der Schulen ins Rollen zu bringen - und darum, wo hier Bayern aus Sicht des Kultusministers heute steht. Als Darstellungsform hat sich Piazolo, wie er im Vorwort schreibt, für "eine Art Mosaik" aus drei Erzählsträngen entschieden. Die erste Geschichte soll demnach eine Nachzeichnung der vergangenen Jahre sein, "möglichst sachgerecht mit den wichtigsten politischen Initiativen, Fakten, Programmen". Die zweite Ebene hat Piazolo für sich selbst "als unmittelbaren Träger der Handlung und Reflexion reserviert".

Den dritten Strang bilden die Briefe des Schülers Demians an den Kultusministers und dessen Antworten darauf. Demian ist fiktiv, seine Schreiben sollen aber auf einer Collage echter Briefe fußen. Ein bisschen wie Hesses Demian wird Piazolos Demian nach und nach älter und reifer. Piazolo sagt, er habe sich in den vergangenen Jahren über seine Schulbesuche und Gespräche viele Notizen gemacht, auch zur Selbstreflexion: Er denke über Entscheidungen gerne nicht nur vorher, sondern auch nachher nach. Diese Notizen seien nun in das Buch eingeflossen. "D.E.M.I.A.N." ist daneben ein Akronym, für "Digitalisierung, Eigenverantwortung, Multiprofessionalität, Individualisierung und Nachhaltigkeit".

"Das macht man auch für sich selbst"

Das sind nun schon einige Bildungsbezüge und so gesehen für einen Bildungsminister irgendwie angemessen. Wer aber angesichts der Rekapitulation auf handfeste Interna der Staatsregierung hofft - Streitereien, böse Sprüche, fliegende Wassergläser, so etwas -, wird enttäuscht sein. Pikantes hat Piazolo ausgespart. Der Name "Söder" zum Beispiel taucht in der digitalen Buchfassung nur viermal in der Suche auf. Und dann auch nur in Fußnoten. Eine derartige Minimierung der Person des Ministerpräsidenten dürfte selbigem in dieser Legislaturperiode auch noch nicht so oft untergekommen sein.

Und jetzt? Am kommenden Montag soll das Buch erscheinen, verlegt vom Allitera Verlag. Preis laut Internet: 19,90 Euro - und eine Lektüre, so steht es auf der Einbandrückseite, für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern. Vermutlich wird das nicht den ersten Platz in den Bestsellerlisten bringen, aber dazu ist schon das Thema an sich zu sperrig. Die Digitalisierung entzieht sich gerne mal dem Menschen, obwohl er von ihr weiß; viele wollen halt, dass Laptops, Tablet und der übrige Technik-Krimskrams funktionieren, das Wie dahinter gilt als eher zweitrangig. Auch Piazolo schraubt in der Seidlvilla die Verkaufserwartungen erst mal herunter. Er sei da "ganz ehrlich", sagt er: So ein Buch, "das macht man auch für sich selbst".

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