Naturschutz:Wo sind all die Blumenwiesen?

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Blumenwiesen sind in Bayern sehr selten geworden. Nach dem europäischen Naturschutzrecht ist der Freistaat aber verpflichtet, die wenigen verbliebenen nach Kräften zu erhalten und zuzusehen, dass es wieder mehr werden. (Foto: Arnulf Hettrich/Imago)

Der Europäische Gerichtshof hat festgestellt, dass Deutschland viel zu nachlässig mit europäischem Naturschutzrecht umgeht. Was Experten nun für Bayern fordern.

Von Christian Sebald

Dass die Staatsregierung den strengen Schutz von Wölfen und Fischottern nicht so genau nimmt, wie ihn das europäische Naturschutzrecht vorgibt, ist deutlich geworden, als Ministerpräsident Markus Söder (CSU) dieses Jahr spezielle Verordnungen erlassen hat, die den Abschuss von vermeintlich auffälligen Exemplaren beider Arten erleichtern sollen. Doch Bayern geht nicht nur mit Wölfen und Fischottern recht hemdsärmelig und nachlässig um. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat jetzt festgestellt, dass Deutschland und damit auch der Freistaat schon seit Jahren Europäisches Naturschutzrecht in weit größerem Ausmaß missachten.

Dabei geht es um die sogenannten FFH-Gebiete. Das ist ein Netzwerk aus vielen Tausend Schutzgebieten quer durch Europa, die dem Erhalt der Flora und Fauna in den Mitgliedsstaaten dienen. Die FFH-Gebiete sind die Basis des Naturschutzes in der EU.

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"Unverbindlich, unkonkret und unzureichend - das Urteil des EuGH bestätigt, was wir schon seit Langem sagen und was man den FFH-Gebieten hier bei uns in Bayern ansieht", sagt der Biologe und oberste Artenschützer beim Landesbund für Vogelschutz (LBV), Andreas von Lindeiner. "Der Freistaat hat bei der Umsetzung des europäischen Naturschutzrechts geschlampt und tut es nach wie vor." Nur etwa ein Viertel der Arten und 30 Prozent der Lebensraumtypen in den Schutzgebieten seien in dem günstigen Erhaltungszustand, den die EU eigentlich von Bayern für alle Schutzgebiete einfordert. "Der Freistaat muss jetzt dringend nachlegen", verlangt von Lindeiner.

Auch der Grünen-Landtagsabgeordnete Patrick Friedl fühlt sich von dem EuGH-Urteil bestätigt. "Wir kritisieren schon seit Langem, dass für viele FFH-Gebiete noch Managementpläne fehlen und in den vorhandenen keine verbindlichen Ziele für den Erhalt der Arten und Lebensräume genannt werden." Als Beispiel verweist Friedl auf die einst weit verbreiteten Blumenwiesen, von denen nur noch ein winziger Bruchteil vorhanden ist. Als Erstes müsste die Staatsregierung jetzt dafür sorgen, dass alle bayerischen FFH-Gebiete die geforderten Managementpläne bekommen. Nach einer Überschlagsrechnung des LBV stehen davon noch mehr als hundert aus. Und für mehr als 180 Schutzgebiete sind die Maßnahmen zum Erhalt von Flora und Fauna so schwammig formuliert, dass die Umweltbehörden auch da dringend nacharbeiten müssten.

Lindeiner und Friedl sind auch deshalb so verärgert über die Missstände, weil das Schutzgebietsnetzwerk samt Managementplänen und Maßnahmen für Pflanzen- und Tierwelt ursprünglich schon seit 2010 stehen sollte. Zu diesem Zeitpunkt waren bundesweit aber nicht einmal zwei Drittel der FFH-Gebiete ausgewiesen. In Bayern war die Situation nicht besser. 2015 hatte die EU-Kommission dann genug von dem nachlässigen Umgang mit dem europäischen Naturschutzrecht in Deutschland. Sie leitete ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren gegen den Bund ein, das jetzt mit dessen Verurteilung durch den EuGH endete. Sollte jetzt nicht endlich nachgebessert werden, könnten Deutschland laut den Naturschutzverbänden erhebliche Strafzahlungen drohen.

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