Verlagsbranche:Dem Lichtung Verlag droht das Aus

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Hoffnungsträger: Der neue Roman von Bernhard Setzwein "Kafkas Reise durch die bucklige Welt" war wieder einmal ein Volltreffer. Doch dieses Buch allein kann den Lichtung Verlag nicht retten. (Foto: Lichtung Verlag)

Der preisgekrönte Kleinverlag aus Viechtach muss wegen einer Neubewertung durch die Deutsche Rentenversicherung knapp 40 000 Euro Nachzahlung leisten. Der Betrag sei nicht aufzubringen, sagt eine der Geschäftsführerinnen. Nun hofft man auf Solidaritätsaktionen und Spenden.

Von Hans Kratzer, Viechtach

Vor wenigen Wochen hat im Lichtung Verlag noch Zuversicht geherrscht. Bei einer rauschenden Buchpremiere in Passau feierte das Publikum Bernhard Setzweins neuen Roman "Kafkas Reise durch die bucklige Welt". Dann ging es weiter zur Leipziger Buchmesse, und die aktuellen Verkaufszahlen verraten, dass dem Verlag wieder einmal ein Volltreffer gelungen ist. Doch dann flatterte eine Hiobsbotschaft ins Haus, die dem Lichtung-Team die Osterfeiertage vermasselt hat. "Die Nachricht hat uns aus heiterem Himmel getroffen", sagt Eva Bauernfeind, eine der beiden Geschäftsführerinnen des in Viechtach ansässigen Verlags. Dem Unternehmen droht wegen einer Neubewertung durch die Deutsche Rentenversicherung das Aus. Die geforderte Nachzahlung von knapp 40 000 Euro kann der Kleinverlag laut Bauernfeind nicht aufbringen. Eine Insolvenz würde auf alle Fälle das Ende bedeuten, sagt Bauernfeind.

Der Verlag erfuhr in den vergangenen Tagen großen Zuspruch. "Daraus schöpfen wir wieder Zuversicht", sagt Bauernfeind, die der Forderung der Rentenversicherung immer noch ratlos gegenübersteht. "Das alles kam ohne Vorwarnung." Die Betriebsprüfung der Rentenversicherung erfolgt alle vier Jahre. Bisher kam es nie zu einer Beanstandung. Nun aber wurde die Anstellung der Geschäftsführerinnen neu bewertet. Die bisher übliche Trennung von Geschäftsführertätigkeit und Projektarbeiten wird nicht mehr akzeptiert.

Offensichtlich ist der Lichtung Verlag kein Einzelfall. Mittlerweile haben sich bei Bauernfeind mehrere Kulturbetriebe aus der näheren Umgebung gemeldet, die in ähnlichen Schwierigkeiten stecken. Alle haben sich aus kleinen Anfängen langsam nach oben gearbeitet. Der Lichtung Verlag entsprang einer Initiative aus dem Jahr 1987, als auf Initiative von Hubert Ettl ein Verein gegründet wurde, um eine kritische Kulturzeitschrift und Bücher herauszugeben. Drei Jahre später wurde dann der Lichtung Verlag als GmbH gegründet.

Der damalige Geschäftsführer Ettl wurde für seine Tätigkeit geringfügig beschäftigt angestellt. Projektarbeiten für das Magazin Lichtung und Bücher im Verlag wurden freiberuflich auf Honorarbasis abgerechnet. Diese Teilung wurde fortgeführt, als Eva Bauernfeind und Kristina Pöschl 2014 die Geschäftsführung übernahmen. Sie sind freiberuflich für den Verlag und andere Unternehmen tätig. Der Verlag habe alle Honorare an die Künstlersozialkasse (KSK) gemeldet und die Abgaben entrichtet, sagt Bauernfeind.

Bis 2019 war das in Ordnung. Seit 2023 aber verlangt die Rentenversicherung, die Geschäftsführerinnen müssten einheitlich als Angestellte beschäftigt sein, alle Beträge seien über den Verlag abzuführen, und zwar rückwirkend bis 2019. "Das tut uns besonders weh", sagt Bauernfeind.

Auch Verlagsgründer Hubert Ettl ärgert sich über dieses Vorgehen. "Die Rentenversicherung nimmt eine Neubewertung einer Situation vor, die sie 30 Jahre akzeptiert hat, und verlangt dann noch rückwirkend eine für uns horrende Summe. Und dies ohne Vorwarnung. Sie zerstört damit einen kleinen Verlag."

Das Programm umfasst Prosa und Lyrik, Fotobände sowie Lese- und Sachbücher

"Wir möchten nicht aufgeben", sagt Eva Bauernfeind. Das Unternehmen sei stabil geführt worden. Sogar die Corona-Jahre habe man gut überstanden. Vor allem, weil alle Mitarbeiter trotz niedriger Honorare großes Engagement gezeigt hätten. "Was wir tun, grenzt ja an Selbstausbeutung", beteuert Bauernfeind. Aber anders könnten Unternehmen in der schrumpfenden Verlagsbranche ja kaum noch überleben.

Das Programm des Lichtung Verlags umfasst Prosa und Lyrik, Fotobände sowie Lese- und Sachbücher. Der Verlag erhielt dafür 2010 den Preis des Freistaates Bayern für einen bayerischen Kleinverlag, 2020 die Verlagsprämie des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst und den Kulturpreis des Landkreises Regen.

Die nächste Ausgabe des Kulturmagazins Lichtung, das sich über Anzeigen und Abonnements finanziert, erscheint demnächst. Die Buchproduktion aber muss gestoppt werden. Nur jene Projekte, die schon am Laufen sind, werden noch fortgeführt. Der Verlag hofft nun auf Solidaritätsaktionen und auf Spenden. "Seit der Gründung hat sich immer wieder gezeigt, dass viele Unterstützer dem Unternehmen große Wertschätzung entgegenbringen", sagt Geschäftsführerin Kristina Pöschl.

Helfen soll zunächst der Verkauf von Rettungs-Buchpaketen (Lyrik, Prosa und Bildbände). Außer Spenden nütze auch ein Abo oder Geschenkabo für das Magazin Lichtung, sagt Bauernfeind (Tel. 09942/2711 oder lichtung-verlag@t-online.de). Weitere Infos auf der Webseite des Verlags: lichtung-verlag.de.

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