Mitten in Kulmbach:Bier über Bord

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Bierkästen auf der Fahrbahn, in der Kulmbacher Gegend kein ganz unbekannter Anblick. Jedenfalls gibt es so in regelmäßigen Abständen überregionale Aufmerksamkeit. (Foto: --/Polizeiinspektion Kulmbach/dpa)

Als Bierfahrer kann man was erleben, vor allem im Landkreis Kulmbach: Dort haut es seit Jahren und in schönster Regelmäßigkeit Bierlaster aus der Kurve - sodass selbige als "Bierkurve" verschrien ist.

Glosse von Maximilian Gerl

Wer in Bayern als Bierfahrer unterwegs ist, hat schon immer was erleben können. Das galt auch für den Opa. Jahrelang fuhr er im Lastwagen den Gerstensaft durchs Land. Nur einmal kam ihm etwas dazwischen: ein Auto. Ein bisserl unvorhergesehen, der Opa stieg also in die Eisen, zu spät, hinten machte sich der Anhänger über die Böschung davon und zog alles mit sich. Zum Glück ging es ohne menschlichen Schaden ab. Beim Bier hingegen gab es schmerzliche Verluste zu beklagen .

Denn mit dem Laster stürzte seine Ladung und ergoss eine Flut über Straße und Acker. Sofern den Erzählungen nach so vielen Jahrzehnten zu trauen ist, kamen auch gleich die Schaulustigen gelaufen. Allerdings weniger, um nach dem Opa zu schauen. Stattdessen sollen sie Zuber mitgebracht haben, um das kostbare Nass aufzufangen.

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Und damit in den Landkreis Kulmbach, genauer nach Neudrossenfeld, wo inzwischen selbst die größten Zuber an die Grenzen ihres Fassungsvermögens stoßen müssen. Denn seit Jahren haut es dort Bierlaster bei der Auffahrt auf die A 70 aus der Kurve - weshalb selbige als "Bierkurve" verschrien ist. Der Unfallhergang ähnelt sich dabei gerne. Zum Beispiel nahm im Herbst 2023 ein Bierfahrer die Auffahrt zu schnell. Die Ladung geriet ins Rutschen, gut 200 Bierkästen durchbrachen die Bordwand, Flaschen zersplitterten und spritzten ihren Inhalt durch die Gegend. "DAS SCHÖNE BIER!", klagte die Bild-Zeitung in Versalien. Oder 2020: "Die Bierkurve bleibt durstig", notierte die Frankenpost. Demnach empfahl die Polizei schon damals Berichterstattern: "Eigentlich könnten Sie ja die Bilder vom letzten oder vorletzten Unfall nehmen."

Und nun, im Februar 2024: Hat es natürlich wieder gescheppert. Wieder in der "Bierkurve", wieder ein Bierlaster, wieder diese Pressefotos, die Straße ein durchweichter Scherbenhaufen. So kann es eigentlich nicht weitergehen. Auf Social Media wurde gar zu einer "Trauerfeier" am Unfallort aufgerufen. Klar, nicht ganz ernstgemeint. Trotzdem sollten die Anwohner spätestens jetzt darüber nachdenken, die "Bierkurve" mit einer eigenen Bierleitung anzuzapfen, bereit, die nächste Flut aufzunehmen. Denn der nächste Bierlaster kommt bestimmt. Und nicht nur der Opa wusste, dass dann manchmal auch alle anderen etwas erleben können.

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