Blattmacher-Wettbewerb 2022/23:Grundschul-Reporter am Werk

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Die Redaktion der "Erbsenzeitung" der Grundschule Bergtheim mit Sandra Wild (links) bei der Siegerehrung im Literaturhaus München (Foto: Robert Haas/Robert Haas)

Wie vermittelt man die Lust am Schreiben? Lehrerin Sandra Wild hat es mit einem Schülerzeitungs-Projekt geschafft. Was die Kinder gelernt haben, kann man in Noten nicht aufwiegen, sagt sie. Ein Gespräch.

Interview von Maximilian Gerl

Die Erbsenzeitung der Grundschule Bergtheim im Landkreis Würzburg ist ein wenig anders als viele andere Schülerzeitungen: Statt einer ganzen Schule bestand die Redaktion "nur" aus einer Klasse, der 4d. Sandra Wild betreute das ungewöhnliche Projekt. Sie befindet sich in der Ausbildung zur Lehrerin und hat in der Außenstelle Erbshausen ein Praxismodul absolviert, um Material für ihre Zulassungsarbeit zu sammeln - und um dem Schreiben seinen Schrecken zu nehmen.

SZ: Frau Wild, Sie haben eine Schülerzeitung für und mit einer Klasse gemacht. Wie kam es dazu?

Sandra Wild: Schreiben kann Spaß machen! Aber das im Unterricht zu vermitteln, ist manchmal schwierig. Also wollte ich ein positives Erlebnis schaffen.

Die Idee, es mit einer Schülerzeitung zu versuchen, darf jedenfalls im besten Sinne als ungewöhnlich gelten.

Das stimmt, aber die Klassenlehrerin, die Schulleitung und die Eltern haben sehr positiv auf den Vorschlag reagiert. Dann habe ich überlegt, wie könnte ich das Ganze angehen. Bei meinen Recherchen bin ich auf den Blattmacher-Wettbewerb gestoßen - und dachte mir: Das ist ja toll! Das hat dem Ganzen noch mal einen besonderen Rahmen gegeben. Von da an haben wir uns immer freitags für mehrere Stunden mit der Zeitung beschäftigt, sechs Wochen lang.

Lehrerin Sandra Wild hat die "Erbsenzeitung" betreut - und will "definitiv wieder ein Schülerzeitungs-Projekt machen". (Foto: privat)

Wie sah die erste Stunde aus?

Ich lese gerne Zeitung, aber gedruckt kennen die manche Kinder gar nicht mehr, es gibt ja inzwischen so viel digital. Also habe ich verschiedene Zeitungen mitgebracht. Auch die Schülerinnen und Schüler sollten Lieblingsartikel mitbringen. Als ich dann gesagt habe, dass wir auch eine Zeitung machen werden, waren die Kinder hellauf begeistert. Davor haben nicht unbedingt alle positiv reagiert, wenn es ums Schreiben ging. Doch da haben sie gemerkt: Oh, Schreiben muss ja nicht immer Diktat bedeuten. Durchs Schreiben kann ich mich auch selber der Welt mitteilen.

Der erste Artikel in der Erbsenzeitung ist ein Interview mit einem früheren Chefredakteur der Main-Post . Er erzählt darin, worauf es beim Zeitungsmachen ankommt. War das Ganze auch als Hilfe für Ihre Schüler gedacht?

Ja, das Interview haben wir deshalb auch alle gemeinsam gemacht. Die Kinder durften sich die Fragen überlegen. Die Vorgabe war, dass nur unser Interviewpartner sie beantworten kann. Wenn man die Antwort leicht ergoogeln kann, scheidet die Frage aus. Das hat gut funktioniert. Im nächsten Schritt haben wir Artikelideen gesammelt, die dann in Gruppen umgesetzt wurden.

Wie kann man sich denn überhaupt die Arbeit mit Grundschülern an einer Zeitung vorstellen? Wie viel macht die Lehrerin - und wie viel machen die Kinder?

Als Lehrkraft ist es immer eine Gratwanderung zwischen anleiten und sich zurücknehmen. Natürlich habe ich hinterher die Rechtschreibung korrigiert. Es ist aber wichtig, dass die Kinder die Texte noch als die ihren erkennen. Da muss man viel miteinander sprechen. In Diskussionen habe ich immer daran erinnert: Was an dem Text, den du gerade schreibst, ist für andere interessant? Die Kinderperspektive beizubehalten, ist ganz wichtig.

Mit ihrem Titelthema "Zusammenhalt" gewann die Erbsenzeitung den 2. Platz in der Kategorie Grundschulen. (Foto: Florian Peljak/Florian Peljak)

Was war noch herausfordernd?

Unter anderem die Technik. Wir haben viel handschriftlich geschrieben - auch weil der Wissensstand, wie man ein Tablet bedient, in dem Alter sehr unterschiedlich ist. Manche können das ganz selbstverständlich, weil sie das Gerät von daheim kennen, andere haben es noch nie in der Hand gehabt. Fürs Layout haben wir uns Hilfe von außen gesucht.

Die Mühe hat sich offensichtlich gelohnt. Die Jury des letzten Blattmacher-Wettbewerbs lobte das Motto der Zeitung, "Zusammenhalt" - und dass der Redaktion auf genau diese Weise Außergewöhnliches gelungen sei.

Oh ja! Die Schüler haben nicht nur gelernt, dass Schreiben Spaß machen kann. Sie haben auch soziale Kompetenzen erworben: wie man abstimmt, wie man Rücksicht nimmt, wie man Rückmeldungen gibt. Bei einer Schülerzeitung gibt es ja nicht per se richtig oder falsch, stattdessen muss man kreativ werden und Dinge gemeinsam regeln. Was die Kinder dadurch mitnehmen, kann man nicht in Noten aufwiegen.

Aber in Preisen: Die Erbsenzeitung hat im Wettbewerb den zweiten Platz gemacht.

Das hat die Sache natürlich noch besonderer gemacht. Ich kann allen Kolleginnen und Kollegen nur empfehlen, sich beim Blattmacher zu bewerben. Ich werde definitiv wieder ein Schülerzeitungs-Projekt machen.

Was haben Sie selbst denn bei der ganzen Sache gelernt?

Dass in Kindern so viel mehr steckt, als man vielleicht auf den ersten Blick sieht; dass sie Bemerkenswertes leisten, wenn sie Freude daran haben. Man wird erstaunt sein, was für ein tolles Produkt am Ende herauskommt.

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