Blattmacher-Wettbewerb 2022/23:Bayerns Schülerzeitungen: Immer professioneller, immer besser

Lesezeit: 3 min

Im Literaturhaus in München wurden am Montag die Preisträger des Schülerzeitungswettbewerbs Blattmacher geehrt. (Foto: Robert Haas)

Beim Blattmacher-Wettbewerb küren SZ, Kultusministerium und Nemetschek Stiftung die besten Redaktionen aus Bayerns Schulen - und große Literatur.

Von Maximilian Gerl

Im Münchner Literaturhaus wird nicht nur große Literatur, sondern manchmal auch schwere Kost diskutiert. An diesem Montag im Juli aber schaut das Diffizile leicht, weil interessant aus: Die Cover zieren Zeichnungen und Fotos, bunte Farben und nüchterne Zurückhaltung. Im dritten Stock hängen die Zeitungen jener Redaktionen an der Wand, die im Saal dahinter auf ihre Krönung warten. Er selbst habe früher auch bei einer Schülerzeitung mitgemacht, erzählt Ulrich Schäfer, stellvertretender Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung. Wenn er sich aber die Hefte hier anschaue, dann "will ich die gar nicht wieder hervorziehen". Der frühere Kultusminister Michael Piazolo (FW) fasst die Leistung in einem Wort zusammen: "top!"

Das sind die Prämierten in der Tat. Zum 18. Mal wurden Bayerns beste Schülerzeitungen ausgezeichnet, in Kooperation von SZ, Kultusministerium und Nemetschek Stiftung. Damit hat der Blattmacher-Wettbewerb quasi die Volljährigkeit erreicht, wobei: Reife ließ sich schon in den Jahren vorher vielen Schülerzeitungen nicht absprechen. Inhaltlich durchdacht wirken sie, mit sauber argumentierenden Artikeln, klar gesetzten Seiten. Kann das wirklich die Arbeit von Kindern und Jugendlichen sein, so nebenbei zwischen Unterricht und Sportverein, Notendruck und Freizeit?

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Die Antwort muss lauten: ja, ganz eindeutig. Oder wie es Sebastian Beck, Leiter der SZ-Bayernredaktion, als einer der Laudatoren an diesem Montag formuliert: Die eingereichten Schülerzeitungen würden "immer professioneller". Viele sähen aus, als könne man sie auch am Kiosk oder an der Tankstelle kaufen.

Dazu passt auch, dass die Jury in ihrer 18. Sitzung teils lange diskutierte, um die insgesamt 21 Sieger in sieben Kategorien zu küren. Oft entschieden Kleinigkeiten: hier vielleicht ein übersichtlicheres Layout, dort das spannendere Thema. Bei den Gymnasien gab es gar eine Kampfabstimmung um den ersten Platz, so uneinig waren sich die Schülerinnen und Schüler auf der einen Seite und die Erwachsenen auf der anderen. Am Ende setzte sich die Schülerfraktion und die Konturen-Redaktion (Rhön-Gymnasium Bad Neustadt) durch. "Wir waren begeistert von eurer Kreativität", sagt SZ-Redakteurin und Jury-Mitglied Nina von Hardenberg über alle Einsendungen. Sie führt zusammen mit der ehemaligen Landesschülersprecherin Marlena Thiel durch die Veranstaltung im Literaturhaus. Für musikalische Zwischentöne aus dem Hip-Hop sorgt die Musikerin Gündalein.

(Foto: SZ)

Auffällig ist auch in diesem Jahr wieder die Bandbreite an Ideen. So gelang der Hummelnews-Redaktion (Mittelschule Hummelsteiner Weg Nürnberg) der Spagat, Krieg, Tetrapackverbot und Frauenrechte in einer Zeitung zu versammeln. Der Camerjäger des Camerloher-Gymnasiums Freising dagegen diskutierte den menschlichen Körper. Die Botschaft, die man in Zeiten weichzeichnender Social-Media-Filter kaum oft genug wiederholen kann: Du bist okay, wie du bist, egal, was stereotype Schönheitsideale und Instagram behaupten.

Dass Schülerzeitungen dabei längst nicht mehr nur auf das geschriebene Wort setzen, zeigt unter anderem der Insider (FOS/BOS Ingolstadt). Die Redaktion produziert online - und nutzt das Netz, um regelmäßig neue Folgen des selbst produzierten Podcasts "Hingehört" zu veröffentlichen. Etwas auf die Ohren gibt es auch von der Franziskus-Schule in Bad Windsheim, ihrer gedruckten Franzi liegt nämlich eine CD bei. "Krasse Idee", befindet die Konkurrenz im Publikum.

Kultusminister Michael Piazolo applaudiert wie Ulrich Schäfer (vorne rechts), stellvertretender Chefredakteur der "Süddeutschen Zeitung", den Nachwuchs-Redakteurinnen und -Redakteuren. (Foto: Robert Haas)

Denn dazu gibt die Blattmacher-Verleihung ihren gut 200 Gästen ebenfalls Gelegenheit: sich persönlich erkennen zu geben - und im Gegenzug ja vielleicht Neues mitzunehmen. Zum Beispiel, wenn die Redaktionen untereinander ihre prämierten Hefte tauschen, als Inspiration für die nächste Ausgabe. Oder wenn ein Schüler, der erst seit ein paar Jahren in Bayern ist, von seinen Glücksgefühlen berichtet, an einer Schülerzeitung mitarbeiten zu können. "In meiner Heimat gab es so was nicht." Und selbst über Minister kann man an diesem Montag etwas lernen - etwa wenn Michael Piazolo erzählt, dass er zwar nie auf die Idee gekommen sei, Journalist zu werden, trotzdem aber gerne die "in Anführungszeichen ganz normalen Menschen" interviewen würde.

Auch finanziell lohnt sich der Abstecher ins Literaturhaus für die im wahrsten Sinne ausgezeichneten Zeitungen. Je 200 Euro erhalten die Dritt-, je 300 Euro die Zweit- und je 500 Euro die Erstplatzierten. Letztere werden zudem für ein Jahr Teil des sogenannten Clubs der Besten - und dürfen sich auf Workshops freuen. Wie die aussehen können, zeigt ein Video: Jugendliche erzählen da von Kursen zu Kameratechnik und Medienethik. "Jeder hat eine Stimme", sagt Ursula Saekel von der Nemetschek Stiftung. Und wenn man merke, "man wird gehört, dann kann man auch etwas bewegen". Das schafft eben nur ganz große Literatur.

Die Preisträger:

Grundschulen: 1. Tintenklecks, Grundschule an der St.-Martin-Straße München; 2. Erbsenzeitung, Grundschule Bergtheim / Außenstelle Erbshausen; 3. News World, Grundschule Stöttwang-Westendorf.

Mittelschulen: 1. Hummelnews, Mittelschule Hummelsteiner Weg Nürnberg; 2. Nachsitzer, Mittelschule Buchloe; 3. MS Voice, Mittelschule Geretsried.

Förderschulen: 1. Kunterbunte Schatztruhe, Hans-Bayerlein-Schule SFZ Passau; 2. Franzi, Franziskus-Schule Förderzentrum Bad Windsheim; 3. Cilly, Cäcilienschule Fürstenfeldbruck.

Gymnasien: 1. Konturen, Rhön-Gymnasium Bad Neustadt; 2. Camerjäger, Camerloher-Gymnasium Freising; 3. Innfloh, Ruperti-Gymnasium Mühldorf.

Realschulen: 1. Girls Power & Everybody, Elly-Heuss-Realschule München; 2. &Punkt, Staatliche Realschule Schonungen; 3. d`WirZ, Staatliche Wirtschaftsschule Deggendorf.

Berufliche Schulen: 1. W.I.R. - Weil International Rockt, Berufliches Schulzentrum Oskar-von-Miller Schwandorf; 2. Eigenleben, Klara-Oppenheimer-Schule Würzburg; 3. Wortwechsel, Berufliche Oberschule Erding.

Online: 1. Friedo, Berufliche Oberschule Friedberg; 2. Insider, FOS/BOS Ingolstadt; 3. Spickzettel, Joseph-Bernhart-Gymnasium Türkheim.

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