Mitten in Fürth:Der Dingens und die Null-Tage-Woche

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Vier-Tage-Woche im Operationssaal? Im Klinikum Fürth können die OP-Pflegekräfte künftig selbst entscheiden, ob sie fünf oder vier Tage zur Arbeit kommen. (Symbolfoto) (Foto: Markus Scholz/dpa)

Das Klinikum Fürth führt die Vier-Tage-Woche im OP ein. Eine gute Idee? Zumindest an manchem Stammtisch könnte man sich durchaus vorstellen, weniger zu arbeiten - was auch immer.

Glosse von Maximilian Gerl

Wer viel arbeitet, gilt immer noch als fleißig. Gerade deshalb sollte man erst beim Stammtisch reinhören, der seit Jahren übers Arbeiten diskutiert. "Zurzeit ist es schon stressig", sagt irgendwann der erste, "viel zu tun", ergänzt der zweite, der dritte nickt. Ach, hätte man bei allem Fleiß nur ein bisserl weniger Woche und ein bisserl mehr Wochenende!

Und damit weiter nach Fürth, wo Stammtischträume wahr werden. Denn das örtliche Klinikum führt ein, was einzelne Industrie- und Handwerksbetriebe bereits ausprobieren: die Vier-Tage-Woche. Mit Novemberbeginn können die OP-Pflegekräfte entscheiden, ob sie vier statt fünf Tage die Woche arbeiten wollen. In diesem Fall werden die Tage ein bisschen länger, das Gehalt bleibt gleich. Das bedeute eine bessere Work-Life-Balance für die Beschäftigten und eine bessere Versorgung für die Patientinnen und Patienten, heißt es in einer Mitteilung. Das Pilotprojekt ist zunächst auf ein halbes Jahr befristet. Und: "Laut unserer Recherche sind wir damit deutschlandweit die erste Klinik, die dieses neue Arbeitszeitmodell im OP wagt."

So gesehen ist das Klinikum Fürth nicht nur Vorreiter - sondern auch mittendrin in einer Debatte, in der die Vier-Tage-Woche mal als die Zukunft und mal als der Untergang Bayerns gilt. Sie wirke Personalmangel und Burn-outs entgegen, sagen die einen. Die anderen halten sie für utopisch und sehen die Leistungsfähigkeit des Standorts in Gefahr. Zusätzlich kompliziert macht die Sache, dass auch die Fünf-Tage-Woche keine pauschalen Aussagen erlaubt, wie viel Menschen arbeiten. Mancherorts soll es gar ganze Abteilungen geben, die sich hauptsächlich selber Arbeit machen.

Ohnehin hat die moderne Arbeitswelt so spezialisierte Tätigkeiten hervorgebracht, dass selbst das Jobprofil guter Freunde oft rätselhaft bleibt. Was macht noch mal der Dingens? Keine Ahnung. Viel lieber als über die Fünf- oder Vier-Tage-Woche diskutiert der Stammtisch daher darüber, welcher Glückliche am Nächsten an der Null-Tage-Woche dran ist. Auch fürs kommende Treffen sehen die Quoten ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus - zwischen dem Journalisten und dem Vertreter der Versicherungswirtschaft. Falls der Chef das lesen sollte: Der Versicherungsspezl liegt natürlich meilenweit vorne.

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