Blick in die Vergangenheit:Eine Schatztruhe voller Bilder

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Die Plattform "bavarikon" stellt demnächst Tausende historische Aufnahmen von Ortschaften und Gebäuden aus dem Archiv des Landesvereins für Heimatpflege ins Netz. Da viele Bilder aber noch identifiziert werden müssen, setzen die Verantwortlichen auf Hinweise aus der Bevölkerung.

Von Hans Kratzer, München

Fotografien aus längst vergangenen Zeiten strahlen etwas Magisches aus. Sie ziehen den Betrachter in ihren Bann, weil sie Einblicke in verschwundene Welten gewähren, weil auf ihrer Oberfläche quasi ein kurzes Stück Zeit eingefroren ist. So schlagen sie Brücken in eine Vergangenheit, die in dieser Unmittelbarkeit ansonsten kaum noch zu greifen ist. Den Maßstab für den Wert alter Fotografien hat der Philosoph Karl Valentin, der auch ein Bildersammler war, schon vor mehr als hundert Jahren definiert. Ein altes Bild von München, sagte er, sei mehr wert als ein Brillant.

So betrachtet, sind die 30 000 historischen Fotografien, die im Archiv des Landesvereins für Heimatpflege schlummern, ein unermesslicher Schatz. Sie wurden einst extra für die bis heute bestehende Zeitschrift Schönere Heimat angefertigt, in der ein Teil von ihnen auch abgedruckt wurde. 3000 dieser großartigen Relikte wurden jetzt digitalisiert. Demnächst sollen sie auf der Internet-Plattform "bavarikon" allgemein zugänglich gemacht werden. Wer sich für historische Bilder oder ganz allgemein für bayerische Phänomene interessiert, darf sich jetzt schon freuen, in dieser visuellen Schatztruhe noch nie gesehene Perlen zu finden, wobei es sich überwiegend um Ortsansichten und alte Gebäude handelt.

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Das Projekt hat nur einen kleinen Haken: Gut 200 dieser Digitalisate können bis jetzt wegen fehlender Hinweise zeitlich und örtlich nicht zugeordnet werden. Der Landesverein hofft deshalb, diese Lücke noch vor der Veröffentlichung der Sammlung auf "bavarikon" schließen zu können. Die unbekannten Bilder können auf der Seite heimat-bayern.de bereits im Internet eingesehen werden. Hinweise nimmt der Landesverein unter der Mail-Adresse daniela.sandner@heimat-bayern.de entgegen. Interessant ist auch die Frage, welche dieser Gebäude überhaupt noch stehen.

Die meisten Bilder, die jetzt digitalisiert wurden, stammen aus den 20er- und 30er-Jahren. Da es sich bei den Vorlagen um große Glasplattennegative handelt, sind die Aufnahmen von einer hohen Qualität und gestochen scharf. Da der Verfall typisch ländlicher Baukultur schon in den 20er- und 30er-Jahren einsetzte, reisten damals Mitarbeiter des Landesvereins ins Land hinaus, um mit ihren Kameras vor allem Gebäude und Häuser zu dokumentieren. "Da war viel Idealismus im Spiel", sagt Daniela Sandner, die das Projekt betreut. Die Volkskundler und Architekten wollten typische Bauformen vor ihrem Verschwinden festhalten. Deshalb liegen auch noch Tausende Fotos mit Detailaufnahmen von Dächern, Balkonen und Fenstern im Archiv.

Die Bilder vermitteln eindrucksvoll die Fähigkeit der Vorfahren, mit harmonischer Einbeziehung der Landschaft zu bauen und reiche Handwerkskunst, die unter anderem in den Fachwerkhäusern zum Ausdruck kommt. Die Ausstrahlung dieser Gebäude bildet einen Kontrapunkt zur oft gesichtslosen und wie verloren wirkenden Architektur heutiger Zeit. Aus den Fragen, die sich beim Betrachten der alten Bilder ergeben, erwachsen ganz automatisch Gedanken über unsere Werte, unsere Zeit und unsere Zukunft, wie es der Volkskundler Martin Ortmeier einmal formuliert hat.

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