Winterklausur in Seeon:Wie die CSU den Bauern wieder näher kommen will

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Auftakt der Klausur: Bauernpräsident Walter Heidl, CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer und Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (von links). (Foto: Tobias Hase/dpa)
  • Am Montag ist der Vorstand der CSU-Landtagsfraktion in Seeon in seine Winterklausur gestartet. Punkt eins der Tagesordnung war ein "Diskussionspanel zum Thema Landwirtschaft".
  • Fraktionschef Thomas Kreuzer hatte dafür die Vertreter mehrerer Bauernverbände eingeladen.
  • Ein sehr konkreter Grund für den Ärger der Bauern liegt in der Düngeverordnung, die ihrer Ansicht nach unzulässig verschärft werden soll.

Von Wolfgang Wittl, München

Ganz gleich, wohin sich Markus Söder in diesen Tagen auf den Weg macht - eine Berufsgruppe harrt schon sehnsüchtig seiner Ankunft. Man kann nicht behaupten, dass es sich um einen Fanklub handelte. Ob am Wochenende in Kronach, Hof oder Augsburg, ob zuletzt bei der Klausur der CSU-Landesgruppe in Seeon: Jedes Mal waren Hunderte bis Tausende Bauern mit ihren Traktoren gekommen, um beim Ministerpräsidenten ihren Frust und Zorn über die Politik abzuladen. Söder stellt sich den Landwirten mit einer für seine Verhältnisse erstaunlichen Geduld. Manchmal gelingt es ihm sogar, die größte Wut abzufedern. Dennoch dürfte sich am Wohlbefinden der Bauern so schnell nichts ändern.

Am Montag ist der Vorstand der CSU-Landtagsfraktion in Seeon in seine Winterklausur gestartet. Punkt eins der Tagesordnung: "Diskussionspanel zum Thema Landwirtschaft". Fraktionschef Thomas Kreuzer hat die Vertreter gleich mehrerer Bauernverbände eingeladen. Auch die Gruppe "Land schafft Verbindung", die sämtliche Willkommensproteste für Söder und andere CSU-Granden organisiert, wurde kurzfristig an den Tisch gebeten. Kreuzers Mission ist heikel: Einerseits den Bauern das Gefühl zurückzugeben, die CSU wäre Anwalt ihrer ureigenen Interessen; andererseits die eigenen klimapolitischen Ziele und Vorgaben nicht zu verraten - so eine Gratwanderung birgt Absturzgefahren.

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Keineswegs zufällig hat sich das Kabinett am Montag daher mit Themen befasst, mit denen Bauern besänftigt werden sollen. Mehr regionale und biologische Lebensmittel sollen in staatlichen Kantinen ausgegeben werden. In den Schulen sollen "Alltagskompetenz und Lebensökonomie" unterrichtet werden, um den Bezug der Kinder zur Lebenswirklichkeit zu stärken. Genau das ist ja ein Punkt, der viele Bauern umtreibt: Sie fühlen sich zu Unrecht als alleinige Umweltsünder angeklagt. Viel zu wenige Menschen wüssten, woher Lebensmittel kämen, wie sie hergestellt und verarbeitet würden. Aber nur wenn vermeintliche Vorurteile aufgelöst würden, kehre auch wieder gesellschaftlicher Frieden ein, sagen Vertreter der Landwirte.

Ein sehr konkreter Grund für den Ärger der Bauern liegt in der Düngeverordnung, die ihrer Ansicht nach unzulässig verschärft werden soll. Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) hat am Montag ihre Drohung bekräftigt, der Freistaat werde im Bundesrat in Teilen gegen die geplante Verordnung stimmen. Sie zeigte sich zuversichtlich, dass Bayern dafür eine Mehrheit organisieren könne. "Wir stehen maximal unter Druck", räumte Kaniber ein. Aber wenn die Verschärfungen weder aus Sicht der Umwelt noch der Landwirtschaft Sinn ergäben, müsse man nachsteuern. "Es muss fachlich in Ordnung sein."

Die Landwirtschaftsministerin bezeichnete es zwar als "selbstverständlich", dass sauberes Wasser höchste Priorität habe, das wüssten auch die Landwirte. Das heiße aber nicht zwingend, dass im Herbst keine Gülle mehr ausgebracht werden dürfe. Kaniber begrüßte den Vorschlag von Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler), die Zahl der bayerischen Messstellen auf 1500 mehr als zu verdoppeln, um ein besseres Bild von Nitrat-Belastungen zu bekommen. Das gehe aber "nicht über Nacht".

Für Kultusminister Michael Piazolo (FW) ist es wichtig, das Bewusstsein für die alltäglichen Dinge des Lebens schon in der Schule zu schärfen. Ursprünglich hätte der Unterricht zu "Alltagskompetenz und Lebensökonomie" in einem eigenen Fach vermittelt werden sollen, stattdessen soll dies vom kommenden Schuljahr an nun in zwei Projektwochen geschehen: an den Grundschulen einmalig in den Klassen eins bis vier, an den weiterführenden Schulen zwischen der fünften und neunten Klasse. "Wir halten diesen Ansatz für effektiver und zielführender", sagte Piazolo. Wer auf seine Schulzeit zurückblicke, werde feststellen: "Projekte bleiben im Gedächtnis" - mehr als normaler Unterricht.

In fünf Handlungsfeldern sollen Schüler auf das praktische Leben vorbereitet werden: Ernährung, Gesundheit, Verbraucher- und Umweltverhalten sowie Haushaltsführung. Sie sollen lernen, wie sie mit Geld umgehen oder welche Folgen ein Handyvertrag hat. Aber auch der Wert der Lebensmittel soll ihnen nähergebracht werden - auf Bauernhöfen oder in Bäckereien. Im Gegenzug werden externe Fachleute in den Schulen unterrichten. Idealerweise finden Schüler in den Projektwochen sogar ihren Traumberuf, hofft Piazolo. Fünf Millionen Euro hat das Kultusministerium landesweit pro Schuljahr veranschlagt, inhaltlich haben die Schulen großen Freiraum.

Für Landwirtschaftsministerin Kaniber ist das gut angelegtes Geld. Oft wüssten Kinder nicht einmal mehr, woher die Milch komme. Nein, nicht von der lila Kuh aus dem Fernsehen. Kaniber ist überzeugt: "Wenn einer weiß, mit wie viel Herzblut Lebensmittel produziert werden, schmeißt er sie nicht so einfach weg." Aber auch der Staat müsse mit gutem Beispiel vorangehen. Bis 2025 soll die Hälfte aller Lebensmittel in den rund 130 staatlichen Kantinen aus ökologischer oder regionaler Produktion stammen, etwa 30 000 Essen pro Tag. "Es kann nicht sein, dass man aus Kostengründen - ein Cent hin oder her - den Joghurt aus Hamburg nach Bayern karrt." Womöglich hat Kaniber das auch den bayerischen Bauern so gesagt, die am Montagabend in Seeon mit Mahnfeuern auf ihre Lage hinweisen wollten. Söder wird an diesem Dienstag zur Klausur erwartet.

© SZ vom 14.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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