CSU-Winterklausur:Schrankwand statt Alpenkulisse

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Normalerweise hält die CSU ihre Winterklausur im Zwiebelturm-Kloster Seeon im Chiemgau ab, doch wegen der sich verbreitenden Omikron-Variante hat die Fraktion kurzfristig entschieden, sie diesmal nur digital stattfinden zu lassen. (Foto: dpa)

Corona-bedingt hält die CSU-Landtagsfraktion ihre Winterklausur in digitaler Form statt in Präsenz in Kloster Seeon ab. Auch die Aussprache mit Markus Söder entfällt. Das dürften viele Abgeordnete bedauern.

Von Andreas Glas, München

Wenn sich an diesem Montag die CSU-Landtagsfraktion zur zweitägigen Winterklausur trifft, wird es erneut keine einprägsamen Bilder geben, die das Zwiebelturm-Kloster Seeon in der Landschaft des Chiemgaus produziert hätte. Im vergangenen Jahr hatte immerhin eine Präsenzklausur im Landtag stattgefunden. Doch weil sich die Omikron-Welle steil nach oben biegt, hat die Fraktion kurzfristig entschieden, ihre Klausur diesmal nur digital abzuhalten. Statt Alpenkulisse werden die Abgeordneten die Schrankwandkulissen in den Büros ihrer Kolleginnen und Kollegen zu sehen bekommen. Auch die Grundsatzrede von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist wegen der Pandemie abgesagt. Dabei hätte diese Rede so einiges an Spannung versprochen.

Anders als die Tagesordnung das bei vorherigen Klausuren vorsah, hätte Söder sich einer Aussprache mit den CSU-Abgeordneten stellen müssen, kurz bevor er in die Kameras gesprochen hätte. Auf diese Aussprache hatten zahlreiche Mitglieder der Fraktion gedrängt. Man darf das als Hinweis werten, dass sich einige Abgeordnete in der Vergangenheit nicht immer völlig repräsentiert fühlten durch die Themen, die Söder in seinen Grundsatzreden in den Fokus rückte. Diesmal also wollten die Abgeordneten der CSU dem Ministerpräsidenten ihre Wunschthemen diktieren - verbunden mit der Erwartung, dass Söder diese Themen in seiner Grundsatzrede aufgreift.

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Ein Aufbegehren ist das noch lange nicht, auch kein Affront. Aber ein zartes Anzeichen, dass die Geduld der CSU-Abgeordneten mit Söder endlich ist. In der Fraktion, die ihrem Parteichef teils widerwillig, aber stets unterwürfig gefolgt war, fühlen sich diejenigen bestärkt, die sich immer mal wieder beschwert hatten, dass Söder sich zu sehr am grünen Großstadtpublikum ausrichte und zu wenig an den konservativen Stammwählern der CSU.

Nach dem verheerenden Ergebnis bei der Bundestagswahl (31,7 Prozent) orientiert sich Söder in einigen Punkten neu und deutlich näher an den Vorstellungen eines großen Teils seiner Fraktion. Zuletzt betonte er auffällig, die CSU wolle sich "wieder verstärkt um unsere Stammwähler kümmern". Manche in der CSU-Landtagsfraktion betrachten solche Sätze als Eingeständnis ihres Parteichefs, dass es besser gewesen wäre, hätte er schon früher auf seine Abgeordneten gehört.

Das schwache Abschneiden bei der Bundestagswahl hallt nach

Vor allem der Ärger über den inhaltsarmen Bundestagswahlkampf hallt in der Fraktion nach - und schürt die Furcht, dass die Landtagswahl 2023 ähnlich schlimm ausgehen könnte. Zur Wahrheit gehört allerdings, dass die Landtagsabgeordneten der CSU in den vergangenen Jahren kaum eigene inhaltliche Impulse gesetzt haben. Außerdem wäre eine Aussprache mit Söder, wie sie bei der Klausur geplant war, schon vorher jederzeit möglich gewesen, die CSU-Parlamentarier treffen sich wöchentlich zur Fraktionssitzung mit dem Ministerpräsidenten.

Doch während manche Abgeordnete hinter vorgehaltener Hand recht engagiert über Söder lästerten, fiel die Kritik hinter den verschlossenen Türen der Sitzungen stets verhaltener aus, wie regelmäßig zu vernehmen war. Man hätte deshalb gespannt sein dürfen, ob die Fraktion bei der Klausur auch im direkten Gespräch mit Söder einen forscheren Ton anschlägt. Aber nicht nur dessen Grundsatzrede ist nun bis auf Weiteres verschoben, sondern eben auch die Aussprache über den richtigen Weg der CSU in Richtung Landtagswahl 2023. Es bringe nichts, darüber per Videoschalte zu diskutieren, heißt es in der Fraktion. Womöglich werden Aussprache und Rede im Rahmen einer der nächsten Fraktionssitzungen nachgeholt.

Steht auch Markus Blume zur Debatte? Zwar schätzt Söder seinen Generalsekretär. Doch in der CSU fragen sich einige, ob Blume der richtige Mann ist, um für die Partei ihre konservative, eher ländlich geprägte Stammwählerschaft zurückzugewinnen. (Foto: Claus Schunk)

Die Programmpunkte der Klausur wiederum beschränken sich nun weitgehend auf digitale Vorträge und Gespräche von und mit Experten. Dass die Wirtschaftsfachfrau Veronika Grimm geladen ist und BND-Chef Bruno Kahl über nationale Sicherheit spricht, untermalt ebenfalls sehr deutlich, wo die Fraktion sich künftig mehr Akzente wünscht. Statt Söders Grundsatzrede steht für den kommenden Dienstag nur noch ein kurzes Statement des CSU-Chefs "zur aktuellen politischen Lage" im geänderten Klausurprogramm. Was definitiv nicht klingt, als hätte Söder vor, Wegweisendes zu verkünden, etwa eine Kabinettsumbildung, die seit Längerem im Raum steht.

Indem er einzelne Ministerinnen oder Minister durch neue, frische Gesichter ersetzt, könnte Söder eine Portion Aufbruch demonstrieren, was die Partei mit Blick auf die Wahl 2023 nötig hätte. Damit dieser Effekt nicht verpufft, dürfte er aber gut beraten sein, die Personalien nicht in einer Phase zu verkünden, in der alle auf die heranrollende Pandemiewelle schauen. Dass der CSU-Chef in seiner Neujahrsansprache im Plural sprach, als er betonte, die "Teams" demnächst "verfeinern" zu wollen, hat innerhalb der Partei die Spekulationen befeuert, dass neben dem einen oder anderen Kabinettsmitglied auch Generalsekretär Markus Blume zur Debatte stehen könnte. Nicht, weil Söder mit ihm unzufrieden wäre, im Gegenteil. Die Zusammenarbeit funktioniere, es gebe ein großes Vertrauensverhältnis, das war immer wieder zu hören.

Braucht es auf dem Posten des Generals einen anderen Typ?

Der Münchner Blume gilt als intellektuelles Gesicht einer großstädtischeren Linie, von der sich die CSU gerade etwas entfernt, wenigstens rhetorisch. Deshalb stellen sich einige die Frage, ob es auf dem Posten des Generals einen anderen Typ bräuchte, der jetzt womöglich besser passt, da die Partei ihre konservativen Positionen wieder stärker betonen möchte. Vor allem auf dem Land sind einige CSU-Mitglieder nie so richtig warm geworden mit Blume. Ein Ministerium würde ihm besser stehen, finden manche. Und für ministrabel halten Blume praktisch alle in der CSU, ganz bestimmt auch Söder. Im Moment allerdings ist das Spekulation, harte Indizien gibt es keine, dazu keine logische Nachfolge. Ähnlich ist das bei Fraktionschef Thomas Kreuzer, über dessen Austausch immer mal wieder spekuliert wird.

Söders Personalplanung beschleunigen könnte der neue "Bayerntrend", die Umfrage des Bayerischen Rundfunks, die in der Klausurwoche erwartet wird. Im Oktober hatte eine noch von der Bundestagswahl gefärbte Sat1-Umfrage der CSU magere 32 Prozent vorausgesagt, wäre da schon Landtagswahl gewesen. Manche in der CSU-Fraktion beschäftigen sich längst mit Rechenspielen, welche Mehrheiten nach der Wahl gegen ihre Partei gebildet werden könnten, sollte es am Ende ganz dick kommen. Die jüngste Sat1-Umfrage wies die CSU in der ersten Januarwoche immerhin wieder bei 35 Prozent aus. Für die stolze Partei wäre das allerdings immer noch eine kleine Katastrophe.

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