Versorgungslage in Bayern:Coronavirus breitet sich in Krankenhäusern aus

Lesezeit: 2 min

Immer mehr Häuser berichten von erkranktem Personal. Im Universitätsklinikum Augsburg spitzt sich die Situation zunehmend zu.

Von Dietrich Mittler, Augsburg

Am Universitätsklinikum Augsburg (UKA) spitzt sich die Versorgungssituation angesichts der vielen Covid-19-Patienten stetig zu. Hinzu kommen jetzt auch "Covid-Ausbrüche" auf verschiedenen Stationen des Klinikums, wie eine Sprecherin mitteilte - also auch bei Patienten, die ursprünglich aufgrund anderer Erkrankungen im UKA aufgenommen wurden. Wie viele Stationen und wie viele Patienten betroffen sind, ließ das Klinikum trotz Nachfrage offen. Die Infizierten seien auf Covid-Stationen verlegt worden. Am Donnerstagmorgen wurden am UKA 163 Corona-Patienten inklusive der Verdachtsfälle versorgt, 32 von ihnen intensivmedizinisch. "Die Situation ist extrem angespannt", beschrieb der Anästhesist und Intensivmediziner Oliver Spring die augenblickliche Lage im Uniklinikum.

Mit sofortiger Wirkung wurde am Mittwochabend im UKA ein Aufnahmestopp verhängt - und zwar sowohl für Patienten, die sich stationär einem geplanten Eingriff unterziehen wollen, als auch für jene, bei denen ein ambulanter elektiver Eingriff bevorsteht. "Nur so können wir dafür Sorge tragen, dass unsere Kapazitäten nicht überstrapaziert werden", sagte der UKA-Vorstandsvorsitzende und Ärztliche Direktor Michael Beyer. Werdende Mütter könnten aber jederzeit kommen, um ihr Kind im UKA auf die Welt zu bringen.

Newsblog
:Die Entwicklungen der Corona-Krise in Bayern

Was beschließt die Staatsregierung, um die Pandemie zu bekämpfen, wo entstehen neue Hotspots, wie schlimm sind die Folgen? Die aktuellen Meldungen zu Corona in Bayern.

Das Universitätsklinikum Augsburg ist längst nicht das einzige Klinikum in Bayern, welches nun vor dem Problem steht, dass sich im Haus Covid-19 zu verbreiten droht. "Wir haben zunehmend erkranktes Personal", lautet die Botschaft, die aus etlichen Häusern zu hören ist. Das Klinikum Nürnberg ließ wissen: "Aufgrund der hohen Infektionszahlen in der Gesamtbevölkerung infizieren sich natürlich auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Klinikums mit dem Coronavirus." Betroffen seien Ärzte und Pflegekräfte gleichermaßen.

Auch das Uniklinikum Erlangen kämpft mit solchen Problemen. Aktuell werden dort 96 Covid-19-Patienten stationär behandelt, davon 24 intensivmedizinisch. Zugleich befänden sich in Erlangen 66 Mitarbeitende aus dem ärztlichen und pflegerischen Bereich in Quarantäne. "Die Lage wird zunehmend instabiler, weil die Schere zwischen erkrankten Patienten und Mitarbeitern, die erkranken oder in Quarantäne sind, immer weiter auseinandergeht", sagte ein Sprecher.

"Krankenhäuser sind so sicher wie möglich", lautet indes das Credo der Bayerischen Krankenhausgesellschaft. Doch die Szenarien, bei denen das Coronavirus überspringen kann, sind vielfältig. Hier ein Fall, der sich tatsächlich in einer Klinik zugetragen hat: Eine Pflegekraft nahm bei einem schwer hörgeschädigten Patienten ihren Mundschutz ab, damit der die Worte von den Lippen ablesen konnte - ohne zu ahnen, dass der Patient bereits infiziert war. Die Pflegekraft musste sich, als beim Patienten das Testergebnis vorlag, umgehend in Quarantäne begeben. "Wenn ein Arzt oder eine Pflegekraft in der Quarantäne positiv wird, kann letztlich niemand sicher sagen, wo die Ansteckung erfolgt ist. Es gibt Wahrscheinlichkeiten, aber keine Sicherheiten", sagte ein Branchenkenner.

Gleiches gilt aber auch für jene Patienten, die erst Tage nach ihrer Aufnahme im Krankenhaus positiv auf Corona getestet werden. "Wir können auch nicht ausschließen, dass sie sich im Haus angesteckt haben", heißt es aus einer der Kliniken im Freistaat. Das Infektionsgeschehen sei mittlerweile "einfach zu diffus", lautet die Begründung.

© SZ vom 11.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusCorona-Patienten
:"Viel gesprochen hat keiner mehr von ihnen"

Sie kämpfen Tag für Tag um das Leben von Covid-19-Patienten - nicht immer gewinnen sie. Eine Intensivpflegerin und ein Oberarzt über die Herausforderung, hinter der Schutzkleidung ihre Menschlichkeit zu bewahren.

Interview von Dietrich Mittler

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: