Gericht:Richter in Prozess nach Böllerwurf ist bayerischer Verbandschef

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Bei einem Bundesliga-Spiel zwischen Augsburg und Hoffenheim im November des vergangenen Jahres explodierte ein Knallkörper, dabei wurden mehrere Menschen in Stadion verletzt. (Foto: Harry Langer/dpa)

Die Detonation eines Knallkörpers erschüttert im Herbst das Bundesligaspiel Augsburg gegen Hoffenheim. Mehr als ein Dutzend Menschen werden verletzt. Der Fall kommt nun vor Gericht - die Richter-Ansetzung ist kurios.

Der Strafprozess gegen mehrere Beschuldigte wegen eines Böllerwurfs im Bundesliga-Spiel Augsburg gegen Hoffenheim soll vom Präsidenten des Bayerischen Fußball-Verbandes, Christoph Kern, geleitet werden. Kern ist Vorsitzender Richter einer Strafkammer des Landgerichts Augsburg, wo der Fall von 19. März an zur Verhandlung steht.

Bei der Explosion des Knallkörpers wurden in der Augsburger Arena am 11. November nach Angaben der Ermittler 14 Menschen verletzt. Für den Prozess sind laut Gericht insgesamt vier Verhandlungstage bis Mitte April geplant. Dem in Untersuchungshaft sitzenden Hauptangeklagten droht eine mehrjährige Haftstrafe.

Wegen Kerns ehrenamtlicher Tätigkeit als Fußballfunktionär stellte die Verteidigung schon vor dem Prozess einen Befangenheitsantrag. Dieser sei aber bereits abgelehnt worden, berichtete Gerichtssprecherin Stefanie Nicka am Dienstag. Zunächst hatte der Bayerische Rundfunk darüber berichtet.

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Wegen der Explosion war das Spiel (1:1) im Herbst mehrere Minuten unterbrochen worden. Laut der Staatsanwaltschaft wurde damals ein sogenannter Mamba-Böller, der eine "enorme Detonationsgewalt" habe, vom Gästeblock aus gezielt in Richtung des Spielfeldes geworfen. Unter den 14 Verletzten seien auch Kinder gewesen, die Zuschauer erlitten Knalltraumata. Zudem seien Spieler des FC Augsburg, die sich in der Nähe aufwärmten, gefährdet worden. Nach der Zündung des Böllers hatte die Polizei während des Spiels zwei 28 Jahre alte Männer aus dem Bereich Göppingen festgenommen. Beide kamen in Untersuchungshaft. Einer der beiden wurde nach wenigen Tagen aber wieder freigelassen, weil er nach den weiteren Ermittlungen nicht mehr als unmittelbarer Mittäter betrachtet wurde.

Dem Hauptbeschuldigten wird Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion, wofür das Gesetz laut der Staatsanwaltschaft im vorliegenden Fall zwei bis 15 Jahre Haft vorsieht, sowie gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Nach Angaben der Ermittler hatte der Böller "eine heftige, ohrenbetäubende Detonation und einen hellen Blitz" verursacht. "Beim geworfenen Böller handelte es sich um einen pyrotechnischen Gegenstand, für den in Deutschland eine sprengstoffrechtliche Erlaubnis erforderlich ist und dessen Explosionswirkung deutlich über im Inland zugelassene Feuerwerkskörper hinausgeht", teilte die Staatsanwaltschaft mit. Drei weitere Angeschuldigte sollen sich in dem Prozess wegen Beihilfe verantworten. Sie sollen den Hauptangeklagten unter anderem dadurch unterstützt haben, dass sie eine Fan-Fahne gezielt geschwenkt haben, um die Tatbegehung zu erleichtern.

Hoffenheim hatte für die Täter ein lebenslanges Hausverbot im eigenen Stadion angekündigt. "Für solche Menschen ist kein Platz in der Hoffenheimer Kurve. Nie mehr", sagte TSG-Geschäftsführer Alexander Rosen. Der Verein hatte vor wenigen Wochen vom Deutschen Fußball-Bund wegen des Böllerwurfs eine milde Strafe von 20 000 Euro erhalten. Das DFB-Sportgericht hatte das "vorbildliche Verhalten" der Hoffenheimer bei der Aufarbeitung des Vorfalls gelobt.

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