Blattmacher-Wettbewerb 2022/23:Vielfalt im Netz

Lesezeit: 3 min

Die Redaktion des "friedo" von der Beruflichen Oberschule Friedberg wurde bei der Preisverleihung im Münchner Literaturhaus Erster in der Kategorie Online. (Foto: Robert Haas)

Ob Berichte aus dem Schulleben, ein Themenschwerpunkt zur Landtagswahl oder ein eigener Podcast: Der Blog "friedo" macht vor, wie vielfältig das Arbeiten in einer Online-Schülerzeitung sein kann.

Von Maximilian Gerl

An sein erstes Interview für die Schülerzeitung kann sich Gabriel Thamm gut erinnern. Eigentlich sollte er zusammen mit einer erfahrenen Redakteurin dem Schulleiter ein paar Fragen stellen und ihm natürlich Antworten entlocken. Doch dann erkrankte die Kollegin - und Thamm musste das Interview alleine führen. "Kalt erwischt" habe ihn das, erzählt Thamm heute, man hört ihn übers Telefon schmunzeln. "Aber zum Glück ist unser Schulleiter sehr umgänglich."

Sich und neue Dinge ausprobieren: Das beschreibt die Herangehensweise beim friedo vielleicht am besten - und im besten Sinne. Die Schülerzeitung der Beruflichen Oberschule Friedberg erscheint im Netz, was den Redakteurinnen und Redakteuren einige Freiheiten verschafft. Zum Beispiel berichten sie auf ihrem Blog über gesellschaftliche Themen, dokumentieren in Text, Bild und Ton den Schulalltag, erstellen Umfragen oder sprechen im eigenen Podcast. friedo, befand deshalb die Jury des Blattmacher-Wettbewerbs 2022/23, "überzeuge durch ein großes und vielfältiges Angebot an digitalen Inhalten, die den Leser überraschen, unterhalten, informieren und sogar regelrecht mitmachen lassen".

Dahinter steckt allerdings jede Menge Arbeit. Jeden Donnerstag trifft sich die Redaktion per Teams. Eine klare Rollenverteilung wie bei vielen Print-Schülerzeitungen gibt es beim friedo nicht und damit keine Chefredakteurinnen oder Fotografen. Stattdessen gilt vereinfacht die Devise: Wer Lust auf die Geschichte hat, macht sie. "Wir arbeiten relativ frei", erzählt Thamm. Auch das Spitzenthema - ein regelmäßig wechselnder Schwerpunkt - werde von den Schülerinnen und Schülern selber gewählt und umgesetzt. Eine Zielmarke gebe es nicht, aber "drei Texte pro Monat sollten im Idealfall rausspringen", sagt Thamm.

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Lehrer David Riegel beschränkt sich darauf, Tipps und Anregungen für die Berichterstattung zu geben. Und aufs Freischalten der Artikel natürlich, nachdem er sie vor allem auf Rechtschreibung hin Korrektur gelesen hat. Riegel hat den Blog vor einigen Jahren gestartet. Dieser basiert auf WordPress, dem weltweit am meisten verbreiteten Content-Management-System (CMS). Stark vereinfacht kann man sich das wie eine Art Baukasten vorstellen, an dem sich ständig herumwerkeln lässt. Jedes Redaktionsmitglied kann sich dazu vom Browser aus ins CMS einwählen und Artikel anlegen. Ein praktikables und vergleichsweise wartungsarmes System, auf das deshalb auch andere Online-Schülerzeitungen gerne zurückgreifen. Gehostet wird der Blog bei einem deutschen Anbieter. Das koste zwar ein bisschen Geld, sagt Riegel; dafür stünden die Server in Deutschland und damit datenschutzrechtlich auf sicherem Terrain.

Inhaltlich ist friedo breit aufgestellt; der Schulalltag findet sich auf der Seite neben Gesellschaftlichem. So versammelt das Spitzenthema "Ende und Anfang" unter anderem eine Fotoserie über den Herbst, einen Kommentar über Freundschaften und einen Bericht über den letzten Schulgottesdienst. Der Schwerpunkt "Wahl oder Qual?" stellt die Parteien vor, die zur Landtagswahl 2023 um einen Wiedereinzug ins bayerische Parlament warben - und welche kleineren, bislang nicht im Landtag vertretenen Parteien es ihnen gleichtun wollten. Und unter "Wusstet ihr eigentlich, dass ..?" sind regelmäßig Lehrkräfte zu Gast und verraten, welche Musik sie am liebsten hören. Die Seite selbst ist übersichtlich gestaltet. Reiter sortieren die Themen und Rubriken fürs Publikum vor.

Die neueste Stufe des Ausprobierens ist ein Podcast. Auch er kommt mit breiter Themenpalette: Mal werden am Mikro die Pro- und Contra-Argumente einer Cannabis-Legalisierung diskutiert, mal gibt die Leiterin des Theaterseminars Auskunft über das aktuelle Stück ihrer Truppe. Das Schneiden und Anpassen der Tonaufnahmen am Computer kann zwar nach Auskunft der Redaktion durchaus eine Frickelei sein. Doch am Ende sei noch immer etwas Gutes herausgekommen.

Die wahrscheinlich größte Herausforderung im Online-Alltag heißt indes nicht Technik, sondern Zeit. Da geht es der friedo-Redaktion einerseits wie vielen Online-Medien: Wenn man halbwegs aktuell sein will, sollte der Artikel nicht erst im nächsten Jahr erscheinen. Andererseits ist Zeit für Schülerzeitungen ein besonders knappes, kostbares Gut. Zwischen Schule, Lernen und Sport bleibt wenig Luft für Anderes, vor allem wenn gerade Praktika zu absolvieren sind oder Prüfungen. Trotzdem lohne sich der Aufwand, findet Thamm. Regelmäßig sprächen ihn andere Schüler auf seine Artikel an. "Es wird honoriert, was wir machen." In der Tat: Von der Jury des Blattmacher-Wettbewerbs gab es in der Kategorie Online den ersten Platz.

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