Bairischer Dialekt:Schon die Urgroßväter trugen Baggy Pants

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Je nach Fülle des Gesäßes kann zum Beispiel eine Lederhose auch durchaus so locker sitzen wie die sehr viel später in Mode gekommene Baggy. (Foto: Christian Endt)

Das Sammeln von Wörtern ist die Leidenschaft des pensionierten Lehrers Ludwig Zehetner. Besonders gern hört er solche, die als ausgestorben gelten - zum Beispiel die Bezeichnung für eine gschlamperte Hose.

Von Hans Kratzer

Schwöldern

Der Regensburger Lehrer Ludwig Zehetner hat am Sonntag den Waldschmidt-Preis erhalten. Der Waldschmidt-Verein Eschlkam würdigte damit Zehetners herausragende Expertise und Forschung zur Dialektologie des Bairischen. "Das Sammeln von Wörtern ist meine Leidenschaft", sagte der 84-Jährige bei der Preisverleihung. Besonders gern höre er Wörter, die als ausgestorben gelten. Als Beispiel nannte er in seiner Dankesrede das Wort Schwöldern, das eine alte, ausgeweitete, am Gesäß herunterhängende Hose benennt. Als neulich bei einer Versammlung ein adeliger Herr vom Tisch aufstand, vernahm Zehetner, wie jemand sagte: "Schaugts, wos der Herr Baron für a Schwöldern o-hod." In der Wörterbuchkanzlei der Akademie der Wissenschaften stamme der jüngste Beleg für das Wort aus dem Jahr 1921, sagte Zehetner. Eine Schwöldern ist also eine gschlamperte Hose, wie sie in der jungen Generation bis vor wenigen Jahren noch als modisch galt. Man nennt solche sackartigen weiten Hosen, die weit unter der Hüfte getragen werden, Baggy Pants.

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Narrenkastl

Für seinen Roman "Echtzeitalter" erhielt der österreichische Autor Tonio Schachinger kürzlich den Deutschen Buchpreis. 2019 war sein erster Roman "Nicht wie ihr" erschienen, in dem er die Geschichte eines österreichischen Profifußballers erzählt. An einer Stelle schreibt er über die Hauptfigur Ivo: "Sein Blick geht ins Leere, ins Nichts, ins Narrenkastl und dort ziehen Gedanken durch wie im Zeitraffer auf einer Wetterkarte, mit schnellen Hochs und Tiefs ..."

Nicht nur die Österreicher schauen gern ins Narrenkastl, sondern auch viele Bayern. Vor allem Kinder setzen dann diesen typischen abwesenden Blick auf, den auch Peter Cornelius in dem Lied "Du entschuldige, i kenn di" besingt: "Wann i oft a bissl ins Narrenkastl schau, dann siech i a Madl mit Augen so blau ..." Wer ins Narrenkastl schaut, starrt ohne Anstrengung Löcher in die Luft. In diesem Zustand ruht das Hirn, sein Besitzer ist jetzt tramhapert und entflieht für kurze Zeit aus allen Sorgen und Nöten, um in ein Traumgebilde zu schweben.

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