Mitten in Bayern:Handwerker sucht drei Millionen Euro

Lesezeit: 1 min

Manchmal spielt sich das ganze Sehnen und Darben dieser Welt auch im Anzeigenteil wider. (Foto: McPHOTO / BBO via www.imago-images.de/imago images/McPHOTO)

Das Leben bringt Hoffen und Bangen mit sich. Auf einzigartige Weise kommt diese Divergenz in den Tageszeitungs-Annoncen zum Ausdruck. Dort werden Reichtümer erbettelt, Maschinenhallen verschenkt und Kuriositäten feilgeboten.

Glosse von Hans Kratzer

Die Skirennen in Kitzbühel haben wie immer ein Spektakel serviert. Die Reichen, die Schönen und die Partywütigen erweckten vor den Fernsehkameras routinemäßig den Eindruck, das ganze Leben bestehe aus Siegern und aus Halligalli. Der deutsche Abfahrtsläufer Thomas Dreßen wurde schon oft eines Besseren belehrt. Auch diesmal stürzte er und erfuhr abermals, wie steinig der Weg aufs Siegerpodest ist. Die Schar der Konkurrenten bestehe ja, wie er gerne betont, nicht nur aus Nasenbohrern.

Das ganze Sehnen und Darben dieser Welt spiegelte sich am Wochenende nicht nur in Kitzbühel, sondern auch im Anzeigenteil der Chamer Zeitung wider. Ein Handwerker hatte dort ungeniert inseriert, er suche drei Millionen Euro auf Lebenszeit zur Verwirklichung seiner Träume und bitte um Zuschriften. Dass fehlendes Geld nicht das einzige Problem der Menschheit ist, zeigte jene Anzeige, die direkt unter der Millionenforderung abgedruckt war. Dort äußerte sich eine Person, die nicht nach einem Vermögen, sondern nach einer gewissen Gertrud sucht, die irgendwie abhanden gekommen sein muss oder gar verschollen ist. Mehr Informationen gibt die Annonce nicht her, es weht in diesem Genre oft ein Hauch von Rätselhaftigkeit.

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Das Sammelsurium an Kuriositäten in der Samstagsausgabe des Straubinger Tagblatts und der Chamer Zeitung enthielt aber auch Hinweise, die zur Hoffnung Anlass geben. Die erfreulichste Mitteilung lautete, dass jemand eine große Maschinenhalle aus Holz kostenlos abzugeben hat. Der einzige Haken: Interessenten müssen die Halle selbst abbauen.

Etwas länger ist es her, dass ein 84-jähriger Witwer im Tagblatt wegen eines Gesthintre inseriert hatte. Er suchte dieses Kleidungsstück, halb Mantel, halb Jacke und hinten mit langen Schößen, weil er sich eine Drehorgel angeschafft hatte, mit der er nur standesgemäß auftreten wollte, also im Gesthintre. Er konnte sich, wie er mitteilte, vor Anrufern gar nicht retten.

Wer sich, staunend und all dies verdauend, jetzt gar nicht mehr auskennt, dem könnte eine weitere Annonce aus der Chamer Zeitung weiterhelfen. Ein "Treff für Grenzwissen" ist darin angekündigt, im Gasthof Wurzer in Regen. Dass dort auch über die Mysterien von Zeitungsinseraten gesprochen wird, läge nahe, ist aber eher unwahrscheinlich.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusStreit um Flüchtlinge
:Das ängstliche Dorf

Weil im oberbayerischen Peutenhausen drei Asylbewerber straffällig geworden sind, will der Ort nun auch alle anderen loswerden. Eine Geschichte über Misstrauen, Enttäuschungen - und ein kleines bisschen Hoffnung.

Von Thomas Balbierer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: