Bayerischer Landtag:Wie sich die Mitarbeiterbezahlung verändert hat

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Nach der Verwandtenaffäre im Bayerischen Landtag wurde das System der Mitarbeiterbezahlung geändert. (Foto: Marc Müller/dpa)
  • Freie-Wähler-Abgeordneter Günther Felbinger ist wegen dubioser Werkverträge ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten.
  • Nach der Verwandtenaffäre im Bayerischen Landtag wurde die Mitarbeiterbezahlung neu geregelt.
  • Die Verträge der Mitarbeiter laufen nun direkt über das Landtagsamt, nicht mehr über die einzelnen Abgeordnetenbüros.

Von Wolfgang Wittl, München

Die bayerische Wirklichkeit hatte Barbara Stamm am Donnerstag ziemlich schnell wieder. Mittags ist die Landtagspräsidentin von einer fünftägigen Reise aus der Ukraine zurückgekehrt. Schon dorthin hatten sie Fragen zu den finanziellen Unstimmigkeiten des Abgeordneten Günther Felbinger (Freie Wähler) begleitet, der unter dem Verdacht der verdeckten Parteienfinanzierung steht. Kaum in München angekommen, sah sich Stamm in Gänze mit dem Thema konfrontiert - und auch mit der Vergangenheit.

Im Zuge der Verwandtenaffäre vor zweieinhalb Jahren hatte der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) einen Abschlussbericht mit Empfehlungen erstellt. Unter anderem übergaben die Prüfer der Landtagspräsidentin eine Liste mit allgemeinen Verfehlungen, in der beispielhaft allerdings auch einzelne Abgeordnete genannt wurden.

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Günther Felbinger soll sich schwere Unregelmäßigkeiten bei der Bezahlung von Mitarbeitern im bayerischen Landtag geleistet haben. Er ist wohl nicht der Einzige.

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Wie Unstimmigkeiten entstehen können und konnten

Welche - das ist bis heute geheim. Mindestens zwei Dutzend Namen sollen auf dieser Liste stehen. Interessant wäre es zu erfahren, ob auch Felbinger darauf zu finden ist. Das Landtagsamt, also die Organisationszentrale des Landtags, befragte damals als Reaktion auf die ORH-Recherchen sämtliche Abgeordneten, ob sie etwas zu verbergen hätten. Ergebnis: "Nach Durchsicht der Stellungnahmen ergaben sich in keinem Fall Anhaltspunkte für weitere Maßnahmen", antwortete Stamm im Januar 2014 dem ORH. Deshalb sah sie keine Notwendigkeit für die Veröffentlichung der Namen, das gilt bis heute.

Wäre Felbinger dem ORH tatsächlich bereits damals aufgefallen und das Landtagsamt hätte nichts unternommen, so könnte das Fragen aufwerfen. Andererseits war die Rechtslage damals auch noch eine andere, Missbrauch sei im Grunde nicht zu erkennen gewesen, heißt es im Landtagsamt. Bis 2013 erhielten Abgeordnete ihre Gehälter für Mitarbeiter, wie Felbinger sie womöglich teilweise an seinen Kreis- und Bezirksverband weitergeleitet hat, pauschal vorausbezahlt. Das übrig gebliebene Geld musste dann zurückgezahlt werden. Das führte oft dazu, dass Abgeordnete den finanziellen Rahmen voll ausschöpften.

Nach der Änderung des Abgeordnetenrechts von 2014 werden Mitarbeiterverträge nun direkt über das Landtagsamt abgewickelt. Damit soll die Transparenz gestärkt werden, außerdem gibt es auch einen finanziellen Effekt. So sind die Mitarbeiterzahlungen von Abgeordneten laut ORH jetzt gesunken. Lagen sie 2013 noch bei 15,86 Millionen Euro, betrugen sie 2014 fast drei Millionen Euro weniger.

Wie viel Geld ein Abgeordneter in Bayern zur Verfügung hat

Dennoch dürfen Bayerns Landtagsabgeordnete mit jährlich bis zu 118 600 Euro für ihre Mitarbeiter weit mehr ausgeben als ihre Kollegen in anderen Landesparlamenten. Erst in dieser Legislatur hat der Landtag auf Wunsch aller Fraktionen eine Anhebung um 25 000 Euro beschlossen.

Der Grund: Nun wird ein voller wissenschaftlicher Mitarbeiter bezahlt. Zuvor reichte der Etat nur für eine Zwei-Drittel-Stelle pro Abgeordnetem. Zum Vergleich: Ein Bundestagsabgeordneter verfügt über ein Mitarbeiter-Budget von etwa 200 000 Euro und kann zusätzlich auf den wissenschaftlichen Dienst des Parlaments zugreifen.

Dem ORH ist es vor allem wichtig, "dass das Entgelt der Abgeordnetenmitarbeiter in einem angemessenen Verhältnis zur erbrachten Leistung steht". Kritischer sieht man eine andere Änderung des Abgeordnetengesetzes. "Die Erforderlichkeit der Mittelverwendung durch die Abgeordneten zur Wahrnehmung des parlamentarischen Mandats ist nicht Gegenstand der Prüfung", steht dort etwas sperrig mit Blick auf den ORH. Anders formuliert: Für Rechnungsprüfer sind "Erhebungen bei den Abgeordneten nun ausgeschlossen", sagt ein ORH-Sprecher.

© SZ vom 06.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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