Bayerischer Landtag:Nebenjob: Abgeordneter

Bayerischer Landtag

Bayerns Landtagsabgeordnete verdienen 7642 Euro im Monat. Für den Rechtsanwalt Alfred Sauter (CSU) ist das allenfalls ein kleines Zubrot.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)
  • 7642 Euro erhält jeder normale Abgeordnete Monat für Monat als steuerpflichtiges Einkommen.
  • Mindestens 8,4 Millionen Euro haben die Landtagsabgeordneten in den vergangenen zwei Jahren durch Nebentätigkeiten eingenommen.
  • Mit zwei bis drei Millionen Euro ist der Gärtnermeister Michael Brückner laut abgeordnetenwatch.de der Spitzenverdiener im Landtag.

Von Wolfgang Wittl

Der Gärtnermeister Michael Brückner könnte sich jeden Tag fragen, warum er sich das überhaupt antut: Abgeordneter in München, 170 Kilometer entfernt von seiner Familie und der Heimat Nürnberg, statt grüner Felder nun der Steinerne Saal im Landtag. Und das bei der Bezahlung. 7642 Euro erhält Brückner wie jeder normale Abgeordnete Monat für Monat als steuerpflichtiges Einkommen - viel Geld, aber wenig verglichen mit dem, was er mit seinen Nebeneinkünften verdient.

Die nämlich liegen seit Beginn der Legislatur im Oktober 2013 zwischen 1 994 000 und 3 040 500 Euro, je nach Mindest- und Obergrenze. Mit zwei bis drei Millionen Euro in zwei Jahren ist Brückner, 50, laut abgeordnetenwatch.de der Spitzenverdiener im Landtag. So jedenfalls sieht es auf den ersten Blick aus.

Mindestens 8,4 Millionen Euro haben die 180 Landtagsabgeordneten in den vergangenen zwei Jahren durch Nebentätigkeiten eingenommen. Tatsächlich dürfte es weit mehr sein. Neun der zehn Spitzenplätze gehen an die CSU. Seit der Verwandtenaffäre hat sich das bayerische Parlament besonderer Transparenz verschrieben. Doch die neueste Auflistung der Nebeneinkünfte zeigt, dass das nur bedingt gelingt.

Warum die Zahlen nicht aussagekräftig sind

Zwar müssen die Abgeordneten melden, welche Nebentätigkeiten sie ausüben und wie viel Geld sie damit einnehmen, doch aussagekräftig sind die Angaben nicht. Vermeintliche Topverdiener erhalten in Wahrheit weniger als vermutet, andere hingegen tauchen in der Liste gar nicht oder viel zu weit unten auf. Brückner fällt in die erste Kategorie: Er ist Geschäftsführer und Teilinhaber zweier Firmen für Gemüseanbau, ein Großbauer also. Der Betrieb existiert seit 125 Jahren, Brückner führt ihn mit seinem Bruder in fünfter Generation.

Die Einnahmen, die Brückner mit dem Verkauf von Gurken und Salaten erzielt, sind allerdings nicht mit Gewinn gleichzusetzen. Allein die Energiekosten für die Gewächshäuser lägen jährlich bei 400 000 Euro, dazu kämen Ausgaben für Mitarbeiter und andere Sachen. Wie hoch der Nettoverdienst ausfällt, will Brückner nicht sagen. Aber er sei weit weg von den genannten Summen.

In den Verhaltensregeln des Landtags steht: Für die Höhe der Einkünfte seien "ausschließlich die zugeflossenen Bruttobeträge (. . .) maßgebend". Steuern und eigene Ausgaben hingegen werden nicht abgezogen. Ermittelt werden also nur Umsätze. Wie viel davon übrig bleibt, ist gerade bei Freiberuflern schwer zu kalkulieren.

Wer die Top-Verdiener sind

Hinter Brückner auf Platz zwei liegt der Oberfranke Ludwig Freiherr von Lerchenfeld (CSU), Geschäftsführer eines Sägewerks und Holzhandels mit 1,4 bis 2,1 Millionen Euro. Ein entfernter Verwandter von ihm, Philipp Graf von und zu Lerchenfeld, belegt mit einem landwirtschaftlichen Gut in der Nähe Regensburgs übrigens den Spitzenrang im Bundestag. Auf Platz drei im Landtag folgt der oberbayerische Bauernobmann Anton Kreitmair (CSU) mit einem Zusatzeinkommen zwischen 850 000 und 1,3 Millionen Euro.

Die hohe Bandbreite ergibt sich durch das zehnstufige Modell, das der Landtag vom Bundestag übernommen hat. Stufe eins umfasst Einkünfte von 1000 bis 3500 Euro, in Skala zehn sind es 250 000 Euro - mindestens. Da die Höchststufe nach oben offen ist, könnten es auch mehrere Millionen sein. Auch andere Landwirte wie Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger (Platz zwölf) oder Staatssekretär Albert Füracker (Platz 29) tauchen in der Liste auf.

Bayerischer Landtag: Grafik-SZ

Grafik-SZ

Die größte Gruppe bei den Spitzenverdienern stellen die Rechtsanwälte. Der ehemalige Justizminister Alfred Sauter (CSU), Chef einer erfolgreichen Kanzlei, wird auf Platz vier mit mindestens 725 000 Euro veranschlagt. Diese setzen sich aus jeweils 250 000 Euro für die vergangenen beiden Jahre sowie aus jährlich 75 000 Euro für seine Tätigkeit als Vorsitzender des Gesellschafterausschusses im TÜV Süd zusammen (2013 bis 2015). Ob die Zahlen auch nur annähernd realistisch sind? Als Sauter vor Jahren nach seiner Nebentätigkeit befragt wurde, sagte er: "Selbstverständlich habe ich einen Nebenjob: Abgeordneter." Als Anwalt zahle er so viele Steuern, dass er für seine Diäten als Abgeordneter gewissermaßen selbst aufkomme.

Was abgeordnetenwatch.de kritisiert

Insgesamt haben 48 der 180 Abgeordneten ein Zusatzeinkommen angegeben. Erste Abgeordnete, die nicht aus der CSU kommt, ist die Landshuter Festwirtin Jutta Widmann (FW). Bei der SPD finden sich die Anwältin Alexandra Hiersemann und Gewerkschaftssekretär Bernhard Roos ganz vorne (Platz 16, 84 000 bis 168 000 Euro), bescheidener sind die Grünen: Bei ihnen führt der Regensburger Stadtrat Jürgen Mistol mit Platz 39 (7000 bis 24 500 Euro) das interne Ranking an.

Dass die veröffentlichten Nebeneinkünfte mit der Wirklichkeit nicht immer übereinstimmen und womöglich sogar Millionenbeträge im Dunkeln bleiben, ist manchem ein Dorn im Auge. Oft sei nicht einmal bekannt, von welchem Geschäftspartner das Geld stamme. Diese Verschleierung sei "ein Einfallstor für Lobbyisten", kritisiert Gregor Hackmack, Geschäftsführer von abgeordnetenwatch.de. Zusatzverdienste von monatlich unter 1000 und jährlich unter 10 000 Euro müssten zudem gar nicht angegeben werden, ebenso Gewinne aus Unternehmensbeteiligungen.

Das Landtagsamt verweist darauf, dass die Regeln im Konsens mit allen Fraktionen verabschiedet wurden. "Die Stufenregeln bei den Nebeneinkünften stellen Transparenz her, schützen aber zugleich die Persönlichkeitsrechte jedes Abgeordneten, insbesondere aber auch die seiner Vertragspartner", sagt Sprecher Anton Preis. Hackmack bleibt dabei: "Die bayerischen Landtagsabgeordneten müssen endlich sämtliche Nebeneinkünfte offenlegen, und zwar vom ersten Euro bis zum letzten Cent." Notfalls freiwillig.

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