Bamberg:Es scheppert im Weltkulturerbe

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Bambergs Altes Rathaus liegt idyllisch da wie immer, doch im neuen Rathaus herrscht zurzeit Unruhe. (Foto: Nicolas Armer/dpa)

Ein geheimer Prüfbericht, unbekannte Überstundenpauschalen und ein Strafbefehl gegen den Oberbürgermeister - in Bamberg gibt es gerade allerhand Aufregungspotenzial. Der Verlierer könnte am Ende die SPD sein.

Von Olaf Przybilla

Vor der Kommunalwahl 2014 herrschte in Bamberg Unfrieden. Vor Wahlen ist das in Städten nicht so außergewöhnlich, der Bamberger Hader aber war grundsätzlicher Natur. Anlass waren SPD-Wahlplakate, auf denen zwar überall Andreas Starke, der amtierende Oberbürgermeister, zu sehen war - der aber gar nicht zur Wahl stand, weil in Bamberg 2014 nur der Stadtrat neu gewählt wurde.

Für Zwietracht freilich sorgte weniger dies. Vielmehr fühlten sich die OB-Opponenten deshalb verschaukelt, weil sich die Regierung von Oberfranken zur Sache geäußert und deren Einlassung von der Stadtpressestelle hernach so zusammengefasst wurde, als sei das, was Starkes Sozialdemokraten da ausgeheckt hatten, ohne Fehl und Tadel. Wer indes das Original las, der konnte viel eher den Eindruck bekommen, als habe die Rechtsaufsicht zwar keinen juristischen Hebel entdeckt, gegen diese Plakate vorzugehen - habe die Werbung aber arg daneben gefunden.

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Das Grundsätzliche daran waren nicht die Plakate; das Grundsätzliche war die Frage, inwiefern sich Pressesprecher einer Stadt als neutrales Sprachrohr der Kommune fühlen müssten - oder inwiefern es womöglich selbstverständlich ist, wenn sie sich im Zweifelsfall auch als Sprachrohr ihres Vorgesetzten in der Verwaltungshierarchie fühlen. Tatsächlich interpretieren Pressesprecher ihr Amt in verschiedenen Städten ziemlich unterschiedlich. In Bamberg, das wird man attestieren dürfen, fiel die Stadtpressestelle damals zumindest nicht mit aufdringlicher Distanz zum Oberbürgermeister auf.

Und wie's immer so ist: In der Krise kommt alles wieder hoch. Da liest man dann die aktuelle Seite 38 des - selbstverständlich streng geheimen - "Berichts des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands über die überörtliche Prüfung der Jahresrechnungen 2011 bis 2017 der Stadt Bamberg" mit erhöhter Aufmerksamkeit. Dort wird beschrieben, dass da jemand, der als Stimme der Stadt in der Zeit professionell das Wort erhoben hat, für regelmäßige Überstunden eine Pauschale zugesprochen bekam und von der Arbeitszeiterfassung befreit war.

Der Prüfungsverband macht keinen Hehl daraus, dass er dergleichen Usancen höchst fragwürdig findet. Vor allem die Überstundenpauschalen kreiden die Prüfer an. Aus ihrer Sicht sind diese unzulässig, wenn Arbeitszeiten nicht mal erfasst würden - zumal zum Teil "tarifliche Vorgaben" für Überstunden gar nicht erfüllt gewesen seien.

Starke sitzt im Rathaus 44 Stadträten gegenüber, die nicht weniger als 14 Halbgroß-, Klein- und Kleinstgruppierungen angehören, mit so klingenden Namen wie BA, BBB, BuB, BaLi, BM. Die Grünen gelten als selbstbewusst bis renitent, die CSU als widerspenstig bis bockig - heikle Papiere finden da mit ziemlicher Gewissheit ihren Weg an die Öffentlichkeit. Und so regt sich dieser Tage nicht halb, eher ganz Bamberg auf. Die einen, weil sie finden, dass gutes Geld für regelmäßige Mehrarbeit auch in Rathäusern die normalste Sache der Welt sein sollte. Die anderen, weil sie den Beweis in den Händen zu halten glauben, dass da eine Rathaustruppe eine Wagenburg bildet und mithilfe von Großzügigkeiten zusammengeschweißt wird.

Gegen Starke wird es zum Prozess kommen

Seit die Staatsanwaltschaft Hof nach der Lektüre des Prüfberichts Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue gegen unbekannt aufgenommen hat, haben die Kritiker Oberwasser. Und haben jetzt zusätzliche Flüssigkeit auf die Mühlen bekommen, weil das Amtsgericht Bamberg einer Verletzung des Dienstgeheimnisses wegen einen Strafbefehl erlassen hat. Zwar in ganz anderer Sache. Dafür aber eben nicht gegen irgendwen in der Verwaltung, sondern gegen den OB persönlich.

Starke, 64, hatte wahlberechtigte EU-Bürger ohne deutsche Staatsbürgerschaft in deren Muttersprache angeschrieben und sich dafür aus dem Rathaus die Staatsangehörigkeit der Wähler mitteilen lassen. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft hätte er das nicht tun dürfen. Starke hat zwar um Verzeihung gebeten dafür, will den Strafbefehl von 60 Tagessätzen aber nicht auf sich sitzen lassen; er hat Einspruch eingelegt. Es wird also zum Prozess kommen.

Ein OB vor Gericht, das macht nie einen guten Eindruck. Schmerzlicher dürfte der Gesamteindruck sein: Da hat der Chef quasi am anderen Ende des Ganges nach Daten gefragt und wurde umfänglich versorgt. Man ist sich eben verbunden. Was man jetzt schon prognostizieren kann: Es wird Starkes letzte Amtszeit sein, danach dürfte es die SPD schwer haben in Bamberg. Und so könnte - Ironie der Geschichte - eine Landespolitikerin 2026 dort einen Wiederaufstieg feiern, die momentan ähnlich glänzt wie Starke und schon bei der vergangenen Wahl als OB-Kandidatin gehandelt wurde: Melanie Huml (CSU).

© SZ vom 09.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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