Mitten in Bamberg:Zwei Oberbürgermeister, zweimal der Vorwurf: Untreue

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Ein Aktivist der rechtsextremen Kleinstpartei Der III. Weg sei rechtskräftig zu einer Geldstrafe wegen Volksverhetzung in Tateinheit mit öffentlicher Aufforderung zu Straftaten verurteilt worden, heißt es vom Bayerischen Obersten Landesgericht. (Foto: David Ebener/dpa)

Neumarkts OB wurde freigesprochen, Bambergs OB wollte einen öffentlichen Strafprozess nicht über sich und die Stadt ergehen lassen. Ein Fehler?

Kolumne von Olaf Przybilla, Bamberg

Es gab einen Moment im Strafverfahren gegen Neumarkts OB Thomas Thumann, in dem man mit Lachattacken zu kämpfen hatte. Thumann musste sich kürzlich wegen Haushaltsuntreue vor Gericht verantworten und sein Verteidiger Harald Straßner nutzte sein Plädoyer für einen kabarettwürdigen Ironievorstoß in Richtung Staatsanwaltschaft.

Diese habe dem OB, der angeblich rechtswidrig zwei Stadtmitarbeiter höhergruppieren ließ, in einem Anfangsstadium ein überaus großzügiges "Angebot" gemacht: neun Monate Haft, "freundlicherweise zur Bewährung" ausgesetzt. Im Thumann-Verfahren ging es um einen vermeintlichen Schaden von 18 583, 90 Euro. Straßner wagte einen vergleichenden Blick auf Wirtschaftsstrafprozesse der Autoindustrie, wo es um Schadenssummen von Dutzenden Millionen Euro geht - und Angeklagte ebenfalls mit Bewährungsstrafen davonkommen.

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Ums kurz zu machen: Straßner lehnte das warmherzige Haft-Angebot ab, im Prozess wurde sein Mandant freigesprochen. Die Ansicht der Anklagebehörde, in strittigen Rechtsfragen des hoch komplexen Tarifrechts hätte man eine externe Kanzlei hinzuziehen können, fand nicht nur die Richterin kurios. Das soll gerechtfertigter sein als ein paar Tausend Euro für Stadtmitarbeiter, die ein OB halten und angemessen bezahlt wissen will?

Damit nach Bamberg, wo vom Strafprozess gegen den OB von Neumarkt (keine 100 Kilometer entfernt) kaum Notiz genommen wurde. Seltsamerweise: Immerhin sah sich auch Bambergs OB Andreas Starke vor einem Jahr einem "Angebot" einer Anklagebehörde ausgesetzt. Auch in seinem Fall ging's um angeblich zu gut bezahlte Stadtmitarbeiter und den Vorwurf der Untreue. Nur stand bei Starke beileibe keine Haftstrafe im Raum. Sondern nur ein Strafbefehl.

Starke sprach 2022 von der schwersten Entscheidung seiner Amtszeit. Um sich und die Stadt keinem öffentlichen Strafprozess auszusetzen, habe er den Ratschlag seiner Anwältin ausgeschlagen und den Strafbefehl akzeptiert. Seither gilt er als "vorbestraft".

Ob das durchdacht war? Verfahren sind unterschiedlich, klar. Auch geht der Fall Neumarkt in die nächste Instanz. Und trotzdem: Beim Vorwurf der Haushaltsuntreue müsse man schon "ganz genau hinschauen", hat die Richterin befunden. Nicht auszuschließen, dass ein Gericht im Fall Bamberg ganz ähnlich geurteilt hätte. Erfahren wird man's nie.

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