Augsburg:Junge Wähler fordern mehr Online-Präsenz von Politik

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Michelle Kaiser will helfen, junge Leute zum Wählen zu bewegen. Die Kampagne des Stadtjugendrings Augsburgs fordert aber auch Politiker auf, junge Themen ernster zu nehmen. (Foto: Andreas Keilholz, Stadtjugendring Augsburg)

Junge Menschen informieren sich über Politik vor allem im Internet. Doch die Parteien liefern dort im Kommunalwahlkampf zu wenig, sagen sie.

Von Florian Fuchs, Augsburg

Wenn Chiara Rangone auf ihr Handy schaut, sieht sie dort vieles, was Gleichaltrigen verborgen bleibt. Rangone, 18 Jahre alt, verfolgt auf Instagram, was die wichtigsten Augsburger Oberbürgermeister-Kandidaten im Wahlkampf treiben. Das Problem ist: Sie wird deshalb auch nicht unbedingt schlauer, wem sie am 15. März ihre Stimme geben soll. Die Auftritte der Parteien im Netz hält sie für wenig aufschlussreich.

45 bis 60 Jahre, das ist laut Landeswahlleitung die größte Wählergruppe, die demnach am meisten Auswirkungen auf die Abstimmung haben wird. Hört man, was Chiara Rangone und Michelle Kaiser, 22, zu sagen haben, merkt man das den Parteien auch an: Sie setzen ihre Schwerpunkte nicht unbedingt bei der jüngsten Wählergeneration.

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"Politiker reden immer davon, wie man junge Leute einbindet. Aber man merkt davon nichts", sagt Kaiser, die wie Rangone bei einer Aktion des Augsburger Stadtjugendrings mitmacht, um junge Leute zur Wahlurne zu bringen. Beide haben sich für Plakate als Models zur Verfügung gestellt, die nun zwischen der Wahlwerbung der Parteien in der Stadt stehen und junge Themen transportieren: Sanierung der Schulen, klimagerechte Stadt, mehr Freizeitflächen. Die Kampagne, die die Süddeutsche Zeitung als Medienpartner unterstützt, hat auch außerhalb Augsburgs Aufmerksamkeit erregt. "Junge Menschen", sagt Rangone, "beschäftigen sich immer mehr mit Politik."

Hauptgrund für diese Politisierung ist der Klimawandel, da sind sich die jungen Leute beim Stadtjugendring einig. Die Bewegung "Fridays for Future" hat dazu viel beigetragen. Aber es ist auch eine ziemliche banale Einsicht, die Kaiser zu Engagement treibt: "Wenn wir nicht wählen gehen, dann tun es die Menschen, die nicht mehr so lange zu leben haben wie wir." Und dann entscheiden eben die Älteren über die Rahmenbedingungen, in denen die jungen Generationen künftig leben werden.

Dabei gäbe es schon viel zu tun: Ausstattung an Augsburger Schulen? Mangelhaft, sagen beide, außer bei der Digitalisierung: Tablets und Beamer gehören inzwischen selbstverständlich zum Unterricht. Das Umweltthema sehen sie auch nicht ganz negativ, in Schulnoten ausgedrückt: befriedigend bis ausreichend. Es gibt schon Angebote, wie das Carsharing. Aber die Fahrradpolitik in Augsburg hat schon Luft nach oben. Das Problem ist, dass junge Leute oft gar nicht wissen, was die einzelnen Parteien an Lösungen für die verschiedenen Probleme vorschlagen. Das ist der Punkt, an dem Rangone und Kaiser ganz schnell wieder auf den Auftritt der Parteien in sozialen Medien zu sprechen kommen.

Junge Wähler wollen Politiker auf Youtube sehen

Dass die Parteien ihr Wahlprogramm nicht einfach in kurzen Thesen auf Youtube erläutern, das können die jungen Frauen überhaupt nicht fassen. "Ich würde mir ein Wahlprogramm schon auch einmal durchlesen", sagt Schülerin Rangone, die bald ihr Abitur macht. Aber die Konsumgewohnheiten sprächen eher dafür, sich erst einmal vorzuinformieren über ein paar Videos. Die Augsburger SPD etwa spricht so ein paar Punkte an über Youtube, das Wohnungsproblem etwa. Konkrete Lösungen werden dabei jedoch nicht transportiert. Wenn sie Filmchen von Parteien sieht, dann wird da eher über den Wahlkampf berichtet, weniger über Sachthemen. Auf der Seite der CSU-OB-Bewerberin dagegen wird der Konkurrent der SPD wegen seiner Frisur veralbert. "So etwas ist kindisch", sagt Rangone.

Und kindisch braucht sie nicht, sie engagiert sich vielfältig, war auch schon bei Simulationen, bei denen Schüler in Rollen von Repräsentanten bei den Vereinten Nationen schlüpfen. Kaiser ist vor Kurzem aus der Berufsoberschule ausgeschieden, sie hat gegen die miserablen baulichen Zustände dort demonstriert. "Die Politiker hat das nicht interessiert", klagt sie.

Dabei geht es ihnen gar nicht darum, eine Partei zu bevorzugen. Mit der Parteienbindung haben sie und ihre Freunde es ohnehin nicht mehr so, das bestätigen die Politologen. "Alle haben ihre Vor- und Nachteile", sagt Rangone. Sie sind sehr viel weniger auf einen Schlagabtausch aus. Sie wollen lieber konkrete Lösungsvorschläge für konkrete Probleme hören. Und danach auswählen, welche Partei ihre Interessen am besten vertritt. Der Stadtjugendring hat für Donnerstagabend zu einer Diskussion mit den Augsburger Kandidaten eingeladen. Eine gute Plattform, um solche Informationen ganz analog einzuholen.

© SZ vom 25.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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