SZ-Serie: Urlaub daheim, Folge 8:Immer der Tanne nach

Lesezeit: 4 min

Der Naturpark Westliche Wälder ist dünn besiedelt, bietet dafür auf 1200 Quadratkilometern umso mehr Natur. (Foto: Florian Fuchs)

Fahrradtour durch die Idylle: Im Naturpark Westliche Wälder bei Augsburg lässt sich leicht eine Woche Ferien machen - bei deutlich weniger Trubel als im nahen Allgäu.

Von Florian Fuchs

Sieben Radfahrer, fünf Nordic Walker, fünf Spaziergänger, die mit ihren Hunden Gassi gehen und drei Reiter: Mehr Menschen begegnet man werktags nicht auf der Radrundtour "Waldidylle" im Naturpark Westliche Wälder in der Nähe von Augsburg - auf ziemlich genau 50 Kilometern Strecke. "Naherholung" ist ein Begriff, den die Menschen in Schwaben gerne auf den südlichen Teil ihres Regierungsbezirks beziehen. "Naherholung" im Allgäu bedeutet aber mancherorts auch immer ein bisschen "Nahkampf", man muss schon aufpassen, dass einem niemand auf die Füße tritt. Auch wenn es nicht immer so still ist in den Westlichen Wäldern, nördlich der touristischen Hotspots des Allgäus, gerade am Wochenende und gerade in der Gegend um das Walddorf Burgwalden herum - vor allzu großen Massen muss sich hier niemand fürchten.

1200 Quadratkilometer misst der Naturpark, der sich westlich von Augsburg fast bis runter nach Bad Wörishofen und nördlich fast bis Donauwörth erstreckt. "Der einzige Naturpark Mittelschwabens" ist einer der Slogans, mit denen die Touristiker um Besucher werben, dabei ließen sich viel griffigere Superlative finden. Die Westlichen Wälder sind ein wirklich idyllischer Ort, an dem Wanderer, Radfahrer und auch Kultursuchende so viele Ausflugsmöglichkeiten finden, dass sich leicht ein ganzer Sommer dort bestreiten lässt - egal, in welcher Altersgruppe.

SZ PlusSZ-Serie: Urlaub daheim
:Im Osten viel Neues

Im Gegensatz zu den Zügen, die Touristen ins Oberland karren, ist in der Ilztalbahn oft ein Plätzchen frei. Eine Entdeckungsreise durch Niederbayern mit einer Bahn, die sich den Charme eines dieselschnaufenden Kleinods erhalten hat.

Von Maximilian Gerl

Im Norden etwa, dem Holzwinkel, ist der Schriftsteller Ludwig Ganghofer aufgewachsen: Zum diesjährigen 100. Todestag gibt es nicht nur einen kurzen Lausbubenweg zu beschreiten, Wanderer können sich auf einer "Lauschtour" auch einen Audioguide aufs Smartphone laden. Die Mitte des Naturparks bildet die Reischenau, ein ausgedehntes Niedermoorgebiet. Und im Süden erstrecken sich die Stauden mit sanften Hügeln und blauen Weihern, von Erholungssuchenden besonders geschätzt.

"Mozartländle" werden die Stauden auch genannt, weil hier die Vorfahren von Wolfgang Amadeus Mozart lebten. Bei einem Ausflug ins Augsburger Land kommt man aber auch nur selten ohne die Familie Fugger aus, der noch immer ausgedehnte Waldflächen gehören. Die Radrundtour startet deshalb an Schloss Wellenburg, noch immer Familiensitz der Fugger. Die Burg selbst ist nicht zugänglich, die Schlossgaststätte mit Minigolfplatz ist aber eine schöne Motivation, den Rundweg auch tatsächlich abzuschließen und dann einzukehren. Zunächst geht es aber vorbei an der Gaststätte und hinein in den Wald, westlich Richtung Anhausen.

Noch ist die Strecke recht flach, aber das bleibt nicht so. Ein paar Gänge sollte das Fahrrad haben. (Foto: Florian Fuchs)

Ein paar Gänge sollte das Fahrrad schon haben, so idyllisch der Radweg auch ist, die 600 Höhenmeter wollen in stetigem Auf und Ab bezwungen werden. Zur Begrüßung geht es erst einmal knackig hinauf und immer geradeaus weiter, dann wieder hinunter ins Anhauser Tal. Auf dem Weg zeigen Wegweiser nördlich hinein in den Exotenwald, den vor 140 Jahren Oberforstrat Franz Ganghofer - ein Onkel des Schriftstellers - mit fremdländischen Baumarten wie Roteiche, Douglasie, Weymouthskiefern oder Japanischer Lärche aufforsten ließ.

Der Radrundweg "Waldidylle" ist gut ausgeschildert, Radler achten immer auf das Tannenbaumsymbol an den Wegkreuz-Schildern. Nur in Anhausen erfordert eine Baustelle momentan eine kleine Umfahrung, die aber leicht zu finden ist. Überhaupt lohnt es sich, immer mal wieder vom Weg abzufahren, in Anhausen etwa hat der Ur-Großonkel Mozarts die Pfarrkirche als Werkmeister entscheidend mitgestaltet - auch auf den Spuren der Familie Mozart gibt es ausgeschilderte Touren. Auf dem Weg nach Süden in Richtung Burgwalden lohnt sich auch ein rund vier Kilometer langer Abstecher ins Kloster Oberschönenfeld mit Museum, Naturparkhaus und einem einladenden Biergarten.

Die Teilstrecke des Rundwegs bis nach Burgwalden ist bei Erholungssuchenden am beliebtesten. Vorbei an Weihern und Wald findet sich hier ein Naturparadies mit seltenen Tieren und Pflanzen. Nicht einmal 80 Einwohner zählt das Dorf Burgwalden, das in den vergangenen Monaten großen Streit auszuhalten hatte. Naturschützer hatten vehement gegen die Pläne des örtlichen Golfplatzes protestiert, eine Flutlichtanlage auf die Driving Range zu bauen.

Der Golfklub, einer der schönsten in Deutschland, auf dem Bernhard Langer das Golfspielen lernte, hat inzwischen Abstand genommen von dem Vorhaben. Die befürchtete Lichtverschmutzung wird also den Nachthimmel nicht beeinträchtigen, von dem die Einheimischen gerne erzählen, dass man hier Sterne und Planeten wie sonst kaum an einem Flecken in Bayern beobachten kann. Unter der örtlichen Waldwirtschaft, die gerade umbaut, aber noch im August wieder eröffnen will, erzählt ein Schild vor einer in den Fels eingelassenen Holztür von einem Bierkeller. Die Burgwaldener haben hier früher mit Eisklötzen aus den Weihern den Sommer über ihr Fassbier der Fürst Fugger Brauerei Babenhausen kühl gelagert.

Die Tour führt nun in den weniger besuchten Teil des Waldes, kurz unterbrochen nur von kleinen Orten wie Itzlishofen, hinunter nach Birkach und Klimmach. Der Rundweg ist vorwiegend schattig und deshalb an heißen Augusttagen angenehm zu befahren. Man kann gerade auf diesem Teilstück kilometerlang keiner Menschenseele begegnen. Umso erstaunlicher ist es deshalb, dass ein Schild an der Scheppacher Kapelle davon zeugt, dass im Jahr 1931 bei einer Wallfahrt 12 000 Pilger den Weg hierher fanden. 1602 wurde die mitten im Wald stehende Kapelle erbaut, im Dreißigjährigen Krieg zerstört und später wieder aufgebaut. Schätze wie ein spätgotisches Gnadenbild, das eigentlich hierher gehört, sind trotzdem nicht zu sehen: Was wertvoll ist, wurde in Sicherheit gebracht, da die einsame Kapelle in den vergangenen Jahren immer wieder ausgeplündert wurde.

Das Familiengrab von Schlagersänger Roy Black, bürgerlich Gerhard Höllerich, auf dem Straßberger Friedhof. (Foto: Florian Fuchs)

Erst unten bei Klimmach wähnt sich der Radfahrer zurück in der Zivilisation, die örtliche Wallfahrtskirche ist ein gern besuchter Ort. Kurz vor dem Dorf biegt der Weg scharf rechts ab, das Schild mit der Tanne ist hier leicht zu übersehen. Wieder geht es in einem langen Waldstück rauf nach Reinhartshofen, wo der "Landgasthof Grüner Baum" sogar mit E-Bike-Ladestationen aufwartet. Der Scheitelpunkt der gesamten Tour ist erreicht, zum Ende hin bleibt es zwar hügelig, insgesamt geht es aber vorwiegend bergab, was die Waden etwas entspannen lässt. Vor allem der Schlussspurt zurück nach Wellenburg macht Spaß, da rollt das Fahrrad von alleine hinab.

Wer Fan des Schlagersängers Roy Black ist, kann zuvor beim Bobinger Ortsteil Straßberg nur ein paar Meter vom Weg abweichen und den Friedhof besuchen. Das Grab von Roy Black, im Ort 1943 als Gerhard Höllerich geboren und hier auch begraben, ist leicht zu finden und immer schön geschmückt. "Du bist nicht allein", sang Black im Jahr 1966 - die Radtour durch seine Heimat hat er damit sicherlich nicht gemeint.

© SZ vom 25.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Urlaub dahoam
:Ein Münchner Scheintourist

Im Hotel einchecken für einen Urlaub in der eigenen Heimatstadt - unser Autor hat genau das getan. Ein Reisebericht aus einem vertrauten und irgendwie doch unbekannten München.

Von Franz Kotteder

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: