Pilotprojekt in Unterfranken:Zuschlag an der Denkmalbörse

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Blick auf die malerische Altstadt von Aub in Unterfranken: Ein Pilotprojekt soll helfen, die historischen Gebäude zu erhalten. (Foto: imago images/Shotshop)

Das Städtlein Aub bietet historische Häuser zum Verkauf an, um die Innenstadt wieder zu beleben. Das Konzept geht auf: Am Freitag wechselt die erste Immobilie den Besitzer.

Von Max Weinhold, Aub

Ursprünglich wollte Tilman von Kuepach Architekt werden. Aber aufgrund seiner miserablen Mathenoten sei es vernünftiger gewesen, Jura zu studieren, sagt er. Losgelassen hat ihn das Thema trotzdem nie; während des Studiums arbeitete er auf dem Bau, heute ist der Landshuter Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. Und neuerdings auch Miteigentümer einer ungewöhnlichen Immobilie: Gemeinsam mit einer Bekannten hat er auf der Denkmalbörse im unterfränkischen Städtchen Aub den Zuschlag für eines der imposantesten und altehrwürdigsten Gebäude erhalten.

"Das Haus ist riesig spannend", sagt von Kuepach und übertreibt damit kaum. Erbaut wurde es im 14. Jahrhundert. Zunächst diente das Haus dem Schultheiß als Herberge, der eine Art Gemeindevorsteher und Richter war. Später war es Unterkunft des bischöflichen Amtsmanns, bevor es bis Anfang des 20. Jahrhunderts Juden bewohnten und im Keller eine Mikwe - ein rituelles Bad - einbauten. Architektonisch ist das Haus genauso vielfältig mit seinem spätgotischen Dachstuhl, verschnörkelten Renaissance-Dachgiebeln und einem verzierten, bogenförmigen Eingangsportal. Das ist die schöne, die spannende Seite.

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Allerdings, merkt Aubs Bürgermeister Roman Menth an, befinde sich das Haus in einem "wirklich schlechten Zustand". Fast 40 Jahre Leerstand haben ihre Spuren hinterlassen. Oder wie Menth sagt: "der Zahn der Zeit". Verheimlicht hat er dies den Kaufinteressenten nicht, im Gegenteil: Die jetzigen Käufer kennen nahezu jedes Detail des historischen Hauses.

So sieht es das besondere Programm vor, das sie in Aub 2020 auflegten, um die leerstehenden Altbauten in der Innenstadt wieder mit Leben zu füllen: Sie schufen so etwas wie eine Denkmalbörse. Zunächst einmal mussten sie die Gebäude selbst erwerben - ohne zu wissen, ob sich ein Abnehmer finden würde. Dann stellten sie in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, dem Landratsamt und der Heimatpflege Vermessungen der jahrhundertealten Häuser an, erforschten ihre Geschichte und untersuchten die Bausubstanz. Entwickelten Ideen für die künftige Nutzung, fertigten auf dieser Grundlage Portfolios für Kaufinteressenten und produzierten zur Vermarktung sogar einen Hochglanzfilm. Ganz schön viel Aufwand für eine Stadt mit nur gut 1400 Einwohnern, deren Verwaltung gerade mal elf Angestellte umfasst. Aber, das zeigt sich nun: Es war den Aufwand wert. "Wir sind sehr, sehr froh", sagt Menth angesichts des ersten Verkaufs. "Das Risiko hat sich ausgezahlt."

Mit dem Schlüssel übergibt der Bürgermeister am Freitag auch Verantwortung an die neuen Eigentümer. Sie haben sich qua Vertragsunterzeichnung verpflichtet, das Haus innerhalb einer bestimmten Zeit zu sanieren - damit es nicht noch einmal so lange leer steht wie in der Vergangenheit.

Entsprechend froh seien die meisten Auber, dass es jetzt endlich vorangehe, nachdem sich in den vergangenen Jahren "eine gewisse Ohnmacht" eingestellt habe, sagt Menth. Alle werden aber nicht begeistert sein von einem Kran und Schuttcontainern auf ihrem pittoresken Marktplatz. Nach dem Motto: Baulärm statt Idylle - muss das sein? Menth hält dagegen: Wenn man wolle, dass sich etwas tue, dann müsse man mit gewissen Einschränkungen leben. "Es ist allemal besser, wenn ein Baukran rumsteht, der ein Gebäude saniert, als wenn es einfach in sich zusammenfällt."

Ginge es nach ihm, war das mit dem Haus am Marktplatz sowieso erst der Anfang. An der Denkmalbörse werden weitere Immobilien gehandelt. "Wir haben noch andere tolle Häuser", sagt er. Und betont, dass es der Stadt weniger um finanziellen Gewinn als um eine Belebung der Innenstadt gehe. Wie viel sie am Ende für so eine historische Immobilie erhält, verrät der Bürgermeister nicht. Nur so viel: Man schenke kein Haus her. Zuallererst schaue man aber darauf, wer es kaufe und was er damit vorhabe.

In dem alten Haus am Marktplatz sollen fünf bis sechs Wohnungen entstehen, dazu ein Gemeinschaftsraum. Und Tilman von Kuepach und seine Bekannte wollen wieder einen Laden ins Parterre holen, so wie dort früher immer einer war. Bis zu fünf Jahre sind für die architektonische Wiederbelebungsmaßnahme vorgesehen, 1,5 bis zwei Millionen Euro veranschlagt.

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