Aschaffenburger Tierschutzskandal:Amtsveterinärin soll Schlachthof vor Kontrolle gewarnt haben

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Bei einer Kontrolle im April waren keine tierschutzrechtlichen Verstöße bei dem Aschaffenburger Schlachthof festgestellt worden. Offenbar war der Betrieb gewarnt worden. (Foto: Heiko Becker/dpa)

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Tierquälerei gegen einen Schlachtbetrieb in Aschaffenburg. Nun gibt es auch Vorwürfe gegen zwei Mitarbeiterinnen der Stadt.

Der wegen Tierschutzverstößen in Verdacht stehende Schlachthof Aschaffenburg soll von einer Amtsveterinärin der Stadt vor einer Kontrolle gewarnt worden sein. Am Mittwoch zog die Kommune personelle Konsequenzen, demnach ist auch noch eine weitere Tierärztin involviert: "Aufgrund der offenkundig gewordenen Defizite bei der Überwachung des Schlachthofes Aschaffenburg trennt sich die Stadt Aschaffenburg mit sofortiger Wirkung von den bei ihr als amtliche Tierärztinnen beschäftigten Personen", teilte eine Sprecherin mit.

Der Ordnungsreferent der Stadt Aschaffenburg, Meinhard Gruber, hatte zuvor dem Main Echo gesagt, es gebe eine Whatsapp-Gruppe, in der neben städtischem Personal auch Personal des Schlachthofes vertreten sei. Dieser Gruppe habe die Tierärztin einen Kontrolltermin der KBLV im April weitergegeben. Die Bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) hat den Betrieb des Schlachthofs in der vorigen Woche wegen möglicher Tierschutzverstöße vorerst untersagt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der quälerischen Tiermisshandlung. Auch die ARD-Sendung "Fakt" und weitere Medien hatten über die Vorwürfe gegen die Veterinärin berichtet.

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Die Stadt Aschaffenburg sei "entsetzt", teilte die Sprecherin der Kommune weiter mit. Man verurteile in aller Schärfe jegliche Verstöße gegen den Tierschutz. Oberbürgermeister Jürgen Herzing, der Verwaltung und dem Stadtrat sei es sehr wichtig, die erhobenen Vorwürfe aufzuklären und notwendige Konsequenzen zu ziehen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Aschaffenburg sind die Vorwürfe gegen die Veterinärin Teil der Ermittlungen in diesem Fall. Gegen sie bestehe der Verdacht der Verletzung des Dienstgeheimnisses, so ein Sprecher am Mittwoch. Der Umfang der Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Schlachthof sei derzeit noch nicht absehbar.

Der Betreiber des Schlachthofs teilte unterdessen mit: "Nach Bekanntwerden von schwerwiegenden Vorwürfen, im Schlachtbetrieb Aschaffenburg habe es tierschutzrechtliche Verstöße gegeben, hat die Betriebsleitung umgehend gehandelt, die Vorwürfe überprüft und Maßnahmen ergriffen." Die betroffenen Mitarbeiter seien von ihrer bisherigen Tätigkeit entbunden und ein neues Tierschutzkonzept aufgestellt worden.

Videoaufnahmen, die aus dem Schlachthof stammen sollen, zeigen, wie Mitarbeiter Schweine und Rinder mit Elektroschockern traktieren und offensichtlich noch lebende Tiere auseinandernehmen. Die KBLV hatte zuvor mitgeteilt, Videomaterial einer Tierrechtsorganisation erhalten zu haben. Dabei handele es sich um zig Stunden Material, sagte ein Sprecher am Mittwoch. Die Auswertung werde mindestens noch mehrere Wochen dauern. Zu Kontrollen der Behörde teilte er weiter mit, die KBLV informiere das zuständige Veterinäramt darüber behördenintern und vertraulich. Eine Weitergabe von vertraulichen Informationen zu Kontrollterminen an Betriebe durch amtliches Personal in Schlachthöfen sei absolut inakzeptabel und stelle aus ihrer Sicht eine schwerwiegende Pflichtverletzung dar.

Mehreren Beschäftigten des Schlachthofs hat die KBLV untersagt, weiter bei der Betäubung oder Tötung von Tieren tätig zu sein. Die Schlachtung darf den Angaben zufolge erst wieder aufgenommen werden, wenn gewährleistet werden kann, dass alle tierschutzrechtlichen Vorgaben durchgehend eingehalten werden. Bei der letzten Kontrolle im April waren "keine schwerwiegenden tierschutzrechtlichen Verstöße" festgestellt worden. Der Aschaffenburger Stadtrat will sich am Freitag in einer Sondersitzung mit dem Thema befassen.

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Von Christian Sebald

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