Arnschwang:Behörden wussten offenbar nicht, wie gefährlich Mostafa K. war

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Die Asylunterkunft nahe Arnschwang. (Foto: dpa)

Richter bescheinigten dem späteren Täter von Arnschwang "hohe kriminelle Energie" - doch nicht alle zuständigen Stellen hatten die nötigen Informationen.

Von Andreas Glas und Lisa Schnell, München

Die Gefährlichkeit des Täters von Arnschwang war den Behörden wohl nicht in ausreichendem Maße bekannt. Im Sozialministerium wussten sie nichts von den Bewertungen der Richter aus dem Jahr 2012. Diese bescheinigten Mostafa K., der vergangenen Woche einen fünfjährigen Buben in einer Asylunterkunft in Arnschwang erstach, "hohe kriminelle Energie, Rücksichtslosigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber möglichen Opfern". In einem weiteren Urteil von 2014 wurde K. als gemeingefährlich bezeichnet. Die Richter hielten es für wahrscheinlich, dass er im Anschluss an seine Gefängnisstrafe wegen Brandstiftung rückfällig werde.

In die Beurteilung, wo Asylbewerber, die wie K. straffällig wurden, untergebracht werden sollen, schienen die Bewertungen der Richter nicht einzugehen. Inhalte aus Asylverfahren vom Verwaltungsgericht seien dem Landesbeauftragten für die Verteilung von Flüchtlingen grundsätzlich nicht bekannt, heißt es aus dem Sozialministerium.

Die Regierung der Oberpfalz, die K. in der Unterkunft von Arnschwang untergebracht hatte, in der auch Frauen und Kinder leben, schreibt in einer Stellungnahme, dass das Urteil aus dem Jahr 2014 zum Zeitpunkt der Aufnahme nicht bekannt gewesen sei. Man sei davon ausgegangen, dass von K. keine Gefahr ausgehe, lässt die Regierung mitteilen. "Wäre eine Allgemeingefährdung festgestellt worden, hätte der Betroffene zwingend in Sicherungsverwahrung genommen werden müssen", heißt es weiter. Eine Aussage, die von Juristen bezweifelt wird, da der Täter von Arnschwang die Bedingungen für eine Sicherungsverwahrung nicht erfüllt habe.

Wohl aus Unwissenheit und aus mangelnden Alternativen entschied sich die Regierung der Oberpfalz für die Aslyunterkunft in Arnschwang. Dabei dürfe man nicht vergessen, dass damals täglich etwa 50 Asylbewerber in der Oberpfalz angekommen seien. Unter den 31 Mitbewohnern von K. waren sechs Familien mit 16 Personen und mehreren Kindern.

Die Unterkunft sei täglich von zwei Mitarbeitern betreut worden, einen Sicherheitsdienst habe es nicht gegeben. Die Regierung merkt an, dass es zu diesem Zeitpunkt in keiner Unterkunft einen Sicherheitsdienst gegeben habe, der rund um die Uhr vor Ort gewesen sei. Auch habe kein Bewohner gewünscht, wegen eines besseren Schutzes verlegt zu werden.

© SZ vom 09.06.2017 / nell, gla - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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