Allgäu:Zerstörung des Rappenalpbaches: Anklage gegen zwei Beschuldigte

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Ausflügler wandern entlang des Rappenalpbaches. Ein Jahr nach der illegalen Ausbaggerung und Begradigung des Wildbachs war zumindest der Hochwasserschutz für die Unterlieger wiederhergestellt. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Die beiden Männer, Verantwortliche von zwei Alpgenossenschaften, sollen die unzulässigen Baggerarbeiten am streng geschützten Bach veranlasst haben. Die Staatsanwaltschaft sieht einen besonders schweren Fall einer Umweltstraftat.

Von Christian Sebald

Die Zerstörung eines der hochkarätigsten Naturschutzgebiete in Bayern wird aller Voraussicht nach ein strafrechtliches Nachspiel haben. Wie die Staatsanwaltschaft Kempten am Freitag mitteilte, hat sie wegen des Umweltfrevels, der im Herbst 2022 bundesweit Aufsehen erregt hat, Anklage gegen zwei 58 und 63 Jahre alte Männer erhoben. Der Vorwurf: Die beiden damaligen Alpmeister sollen als Verantwortliche zweier Alpgenossenschaften im Rappenalptal das dortige Naturschutzgebiet vorsätzlich und entgegen den Absprachen mit dem Landratsamt Oberallgäu gefährdet haben. Umweltschützer regierten erleichtert auf die Nachricht. "Es ist gut, dass die Staatsanwaltschaft versucht, die Verantwortlichen für die schlimmen Schäden zu ermitteln und ihre Bestrafung herbeizuführen", sagte der Vorsitzende des Bundes Naturschutz (BN), Richard Mergner. Die Organisation hatte den Naturfrevel vor gut eineinviertel Jahren aufgedeckt.

Das Rappenalptal liegt im Süden von Oberstdorf. Unten gurgelt der Rappenalpbach in seinem Kiesbett, links und rechts türmen hohe Berge Gipfel, allen voran der markante Biberkopf. Den Talschluss bildet das Haldenwanger Eck, es ist der südlichste Punkt Deutschlands. Im Sommer bevölkern nicht nur Älpler und ihr Vieh das Rappenalptal. Sondern außerdem schier zahllose Ausflügler, Wanderer und Mountainbiker. Zugleich ist das Rappenalptal streng geschützt. Es liegt mitten im Naturschutzgebiet "Allgäuer Hochalpen" und ist Teil des gleichnamigen weitläufigen europäischen Schutzgebietes. Der Rappenalpbach selbst ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz als Biotop klassifiziert. Denn in ihm und an seinen Ufern sind zahlreiche extrem seltene Arten wie die Rotflügelige Schnarrschrecke, der Idas Bläuling oder der Flussuferläufer nachgewiesen.

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Die Staatsanwaltschaft legt den beiden damaligen Alpmeistern zur Last, den Rappenalpbach im September und Oktober 2022 auf einer Länge von 1,6 Kilometern so massiv ausbaggern und begradigen lassen zu haben, dass dadurch das Naturschutzgebiet nachhaltig beschädigt worden ist. Umfangreiche Gutachten im Auftrag der Ermittler hätten ergeben, dass bei den Arbeiten das vormals natürliche Bachbett auf die Hälfte seiner Breite verengt worden sei und an seinen Ufern hohe Dämme aufgeschüttet worden seien. Dadurch sei in dem betroffenen Abschnitt der für das Naturschutzgebiet charakteristische Gebirgsbach "vollständig beseitigt" worden, heißt es in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft. Es seien keinerlei Ausuferungen mehr möglich, wie sie für einen Gebirgsbach typisch seien. Auch die naturgemäßen Überflutungen des Ufergeländes seien unterbunden worden. Die Anklagebehörde sieht deshalb in den Arbeiten einen besonders schweren Fall einer Umweltstraftat und die Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete.

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Ein Jahr nach der illegalen Ausbaggerung und Begradigung des Wildbachs ist seine Wiederherstellung abgeschlossen. Ob sie ein Erfolg ist, muss sich noch zeigen.

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Hintergrund der Baggerarbeiten war ein Hochwasser des Rappenalpbachs im August 2022. Dabei waren die Uferflächen des Gebirgsbachs zum Teil meterhoch mit Kies und Geröll überschüttet worden. Auf einem Ortstermin besprachen darauf Vertreter der Alpgenossenschaften mit einem Mitarbeiter des Landratsamts Oberallgäu Maßnahmen zur Wiederherstellung der Uferflächen. Die Staatsanwaltschaft hat allerdings den Verdacht, dass sich die beiden Männer bei den späteren Arbeiten "bewusst" über deren mit der Behörde besprochenen Umfang hinwegsetzten und die deutlich weitergehenden Maßnahmen durchführen ließen, die zu den Zerstörungen in dem Naturschutzgebiet führten. Deshalb die Anklage der beiden. Sie wird nun vom Landgericht Kempten geprüft. Danach fällt die Entscheidung, ob es sich die Männer vor Gericht verantworten müssen. Bis zu einem rechtskräftigen Urteil gilt für sie die Unschuldsvermutung.

Gleichwohl kommt die Anklage in gewisser Weise überraschend. Denn sofort nach dem Bekanntwerden des Umweltfrevels hatte es gegenseitige Schuldzuweisungen zwischen den Alpbauern und dem Landratsamt Oberallgäu gegeben. Die Alpbauern hatten darauf beharrt, dass die umstrittenen Arbeiten sehr wohl mit der Kreisbehörde besprochen gewesen seien. Auch der Verwaltungsgerichtshof München sah zumindest Anhaltspunkte dafür. Vor dem Verwaltungsgericht Augsburg einigten sich die beiden Parteien im Sommer 2023 schließlich, sich die Kosten für eine vorläufige Renaturierung des Rappenalpbachs zu teilen. In deren Zuge wurden die Dämme an den Ufern des Baches wieder abgetragen und abgestorbene Baumstämme in das Bachbett eingebracht, damit sich die Bachsohle wieder anhebt. Ob diese Maßnahmen allerdings Erfolg haben, ist nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Kempten ungewiss. Die Zerstörung des Wildbaches hatte seinerzeit sogar den Landtag in München beschäftigt. Beim BN hoffen sie derweil auf einen zusätzlichen Ausgleich der Schäden an dem Naturschutzgebiet.

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