Frank Wamser würde gerne dabei sein bei der neuen, elektrischen Mobilität. Als IT-Berater ist er viel im Auto unterwegs, sein Arbeitgeber stellt ihm dafür einen Dienstwagen. Das nächste Modell soll mit Strom fahren - zumindest möchte Wamser das so. Doch daraus wird wohl nichts. Denn er darf bei seinem Arbeitgeber nur zwischen Modellen deutscher Hersteller wählen. Dort ist das Angebot an E-Autos nicht nur überschaubar, sondern auch so teuer, dass der Preis seinen Verfügungsrahmen sprengen würde. Deshalb wird Frank Wamser vermutlich noch weitere Jahre Diesel fahren - genau wie viele andere Dienstwagennutzer in Deutschland auch.
Nur etwa jedes dritte neue Auto geht direkt an einen Privatkunden. Weil Elektroautos als Neuwagen vergleichsweise teuer sind, warten viele Autofahrer auf ein wachsendes Gebrauchtwagenangebot. Doch damit dieser Markt entstehen kann, braucht es erst einmal eine große Zahl an E-Fahrzeugen, die unter anderem aus dem Leasing von Firmenwagen nach zwei oder drei Jahren zurückkommen. Setzt sich die E-Mobilität in den Flotten nicht durch, werden auch Privatkäufer trotz der staatlichen Anreize wie dem Umweltbonus nicht in großer Zahl auf Batterieautos umsteigen.
Ohnedies ist derzeit völlig offen, ob und wie der Autoverkauf nach dem Corona-Shutdown in Schwung kommt. Schon bevor die Bänder wieder laufen, entwerfen Konzernchefs und Politiker deshalb Ideen, wie man auch im so wichtigen Geschäftskundenmarkt noch mehr Wagen absetzen könnte. Natürlich redet niemand offiziell von Diesel- oder Benzinfahrzeugen. Stattdessen soll es eine Art "Innovationsprämie" geben für umweltfreundliche Autos. Was genau darunter fällt, wird offengelassen. Doch schaut man sich die bisherigen Verkäufe von Elektroautos als Flottenfahrzeuge an, wird deutlich: Vom gewünschten E-Auto-Boom in den Firmenfuhrparks war schon vor Corona kaum etwas zu sehen. Im Januar waren nur 2,4 Prozent der Neuzulassungen von Unternehmen reine Batterieautos. Das heißt: 1631 Elektroautos standen fast 60 000 neuen Diesel- oder Benzinfahrzeugen gegenüber.
Durch den Steuerbonus können Dienstwagenfahrer mehrere Hundert Euro monatlich sparen
Dabei lockt die Politik mit besonderen Steuervorteilen. Wer sich ein E-Auto zur beruflichen und privaten Nutzung zulegt, muss statt einem Prozent nur 0,5 des Bruttolistenpreises pro Monat versteuern. Bei Elektroautos unter 40 000 Euro sind es sogar nur 0,25 Prozent. So lassen sich leicht mehrere Hundert Euro im Monat sparen. Doch zum Umstieg auf einen Batterieantrieb gehört mehr als ein Steuervorteil.
Spricht man mit Flottenmanagern großer Unternehmen, fällt sofort das Wort "Ladeinfrastruktur". Denn nur, wenn ein Arbeitnehmer weiß, wo er sein Auto zuverlässig laden kann, wagt er den Umstieg. Die Kosten dafür müssen zumindest am Arbeitsplatz die Unternehmen stemmen. Und für die stellt sich die Frage: Warum sollten sie das tun? Manfred Sensburg betreut die Flotten mehrerer deutscher Unternehmen, insgesamt 140 000 Fahrzeuge. Für ihn ist klar: "Der Flottenmanager hat zunächst eines im Kopf: die Kosten." Er erzählt von einem Mittelständler, der gerne E-Autos angeschafft hätte, "aber als es dann hieß, die Errichtung von drei Schnellladesäulen kostet 120 000 Euro, war das Thema schnell wieder vom Tisch".
Aber auch für den Dienstwagenfahrer kann die E-Mobilität zu Kostenfrage werden. Während er für seinen Verbrenner einfach per Tankkarte zahlt, wird es beim Laden an der heimischen Steckdose knifflig. Wie rechnet man aus, welche Stromkosten genau für das Dienstauto angefallen sind? Zwar weist der Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine darauf hin, dass Arbeitgeber private Stromkosten für Dienstautos bis zu 50 Euro im Monat pauschal steuerfrei erstatten können - doch noch macht kaum ein Unternehmen davon Gebrauch. Zudem gelten die Pauschalen zunächst nur bis Jahresende.
Plug-in-Modelle sind im Leasing für Firmenkunden oft deutlich günstiger als reine Elektroautos
Nur wenige Unternehmen betreiben einen Aufwand wie der Energieversorger EnBW. Dort hat das Management zunächst die Mobilitätsbedürfnisse der Mitarbeiter analysiert - und dann das passende Angebot geschaffen. Mittlerweile hat das Unternehmen 700 Ladepunkte an hundert Standorten, und mit besonders günstigen Leasingkonditionen wurde den Dienstwagenfahrern der Einstieg in die E-Mobilität erleichtert. Deren Feedback: Zurück zum Verbrenner will kaum einer.
Generell aber gilt: Neben den hohen Investitionen in die Ladeinfrastruktur sind viele Batteriemodelle im Leasing teuer oder schlecht verfügbar. Gerade in der Mittelklasse gibt es kaum elektrische Angebote. Wenn dann noch Dienstwagenvorschriften dazu kommen, nach denen Mitarbeiter nur Modelle bestimmter Hersteller aussuchen können, wird es meist doch kein klassisches E-Auto. Dass sich vor allem die deutschen Autohersteller nicht gerade beeilen, daran etwas zu ändern, liegt auch an der Fehlkonstruktion der E-Auto-Förderung. Denn die halbierte Steuerlast gilt nicht nur für rein elektrische Fahrzeuge, sondern auch für Plug-in-Hybride - also Autos, die zwar kurze Strecken mit Strom fahren können, ansonsten aber ganz normale Verbrenner sind.
Schlimmer noch: Werden sie nicht regelmäßig geladen, verbrauchen Plug-in-Hybride aufgrund ihres höheren Gewichts sogar mehr Sprit als ein vergleichbarer Diesel. Die deutschen Autohersteller überbieten sich derzeit mit neuen Hybridmodellen. Für Flottenkunden gibt es oft hohe Rabatte. Firmenwagenfahrer erzählen, dass Leasingraten bei Plug-ins teilweise nur halb so hoch sind wie bei reinen E-Autos. Auch deshalb greifen viele gerne zum Hybrid, schließlich kontrolliert niemand, ob man regelmäßig lädt. Die Geschichten von Plug-in-Hybriden, die aus dem Leasing zurückkommen und bei denen das Ladekabel unausgepackt im Kofferraum liegt, bestätigen viele Flottenmanager.
Dazu kommt: Der Anteil deutscher Hersteller liegt in den Flottenfuhrparks bei Plug-in-Modellen konstant um die 80 Prozent, bei reinen Batterieautos ist es dagegen nicht einmal die Hälfte. So ist der Hybrid-Steuerbonus auch ein kleines Konjunkturprogramm für die heimische Autoindustrie - aus ökologischer Sicht ist er jedoch laut Axel Schäfer, Geschäftsführer des Bundesverbands Fuhrparkmanagement, "eine fatale Fehlentscheidung, die rückgängig gemacht werden müsste". Flottenmanager Manfred Sensburg plädiert für eine pragmatische Lösung: "Man könnte den Steuervorteil für Plug-in-Hybride einfach nur gegen Nachweis für das elektrische Fahren gewähren", schlägt er vor. Bei der Rückgabe reicht ein Blick in den Bordcomputer, um den Ladeeifer des Fahrers zu erkennen.
Doch jetzt reden erst einmal alle davon, wie man der coronagebeutelten deutschen Autoindustrie wieder auf die Beine helfen kann. Es wäre sehr überraschend, wenn bei weiteren Prämien oder Steuererleichterungen die Plug-in-Modelle nicht profitieren würden. Umweltverbände sind bereits alarmiert. "Vor allem Premiumhersteller werden diese Anreize nutzen, um anstehende Strafzahlungen der EU zu vermeiden", sagt Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des ökologischen Verkehrsklubs VCD. "So könnten zunehmend Plug-in-Modelle auf den Markt gelangen, deren tatsächlicher Kraftstoffverbrauch sehr viel höher liegt."