Automesse in Frankfurt:Der Abschied vom Verbrennungsmotor fällt verdammt schwer

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Gegensätze bei Daimlers Media Night am Vorabend der IAA: Links der Smart Vision EQ Fortwo, rechts der Mercedes-AMG Project One. (Foto: Daimler AG)

Das zeigt sich auf der IAA: Den autonom fahrenden Elektro-Kleinwagen finden alle ganz nett. Dann röhrt der 1000-PS-Sportwagen los.

Von Peter Fahrenholz

Wenn der Kopf etwas begriffen hat, heißt das noch lange nicht, dass es auch das Herz schon erreicht hat. Das konnte man bereits auf den beiden vorgeschalteten Pressetagen der IAA in Frankfurt beobachten. Die steht ja unter dem Motto "Zukunft erleben" und will sich den Megatrends der künftigen Mobilität widmen: Elektromobilität, Digitalisierung, autonomes Fahren. Jeder weiß, dass der Verbrennungsmotor, der das Automobil seit Beginn an geprägt hat, irgendwann Vergangenheit sein wird, die Zukunft gehört alternativen, sauberen Antrieben. Aber der Abschied fällt halt verdammt schwer.

Wie schwer, hat die diesjährige Media Night von Mercedes (früher hätte man Presseabend dazu gesagt) gezeigt. Sie war gewissermaßen eine Abstimmung mit den Füßen. Auf solchen Medienveranstaltungen reichen die Hersteller gerne schon mal Appetithäppchen ihrer künftigen Projekte oder Modelle. Die Daimler-Leute zeigten zwei davon, die unterschiedlicher nicht sein können, und für welches die Herzen der Besucher schlugen, wurde ganz schnell klar.

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Als Erstes rollte tatsächlich die automobile Zukunft auf die Bühne: ein Elektro-Smart, der, wenn die Technik so weit ist, autonom fahren soll und den man nicht kaufen kann. Denn er soll Teil einer intelligenten Carsharing-Flotte sein, die den Nutzern per Mausklick trotzdem das Gefühl gibt, in ihrem ganz persönlichen Auto unterwegs zu sein.

Ja, so könnte die urbane Mobilität der Zukunft tatsächlich aussehen: kleine, wendige Autos, bei denen unterwegs noch ein zweiter Passagier zusteigen kann, der via Handy-App sieht, dass ein anderer die gleiche Strecke fährt. Die Kosten teilt man sich dann. Und wenn der Kleinwagen für den Großeinkauf nicht reicht, lässt man, so schwärmt Mercedes-Chef Dieter Zetsche, halt ein zweites Fahrzeug kommen, das dem ersten wie ein Hündchen hinterherfährt. Und die Besucher? Finden es ganz nett.

Ein Wagen für die Milliardärsgarage

Aber schon röhrt es hinter der Bühne und der Adrenalinpegel steigt sofort. Denn jetzt fährt die Gegenwart vor. Oder sollte man sagen: die Vergangenheit im futuristischen Look. Ein Supersportwagen, dessen Kombination aus Verbrennungsmotor und mehreren Elektromotoren an die 1000 PS Leistung generiert. Stilecht von Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton auf die Bühne gefahren. Der Wagen ist, wie man heute gerne sagt, ein Statement von Mercedes, er soll die sportlichen Gene der Marke herausstreichen und in die Geschichtsbücher eingehen wie einst der legendäre Silberpfeil.

Auf der Straße wird man den Flitzer wohl so gut wie nie sehen, was nicht nur am horrenden Preis von etwa drei Millionen Euro liegt, sondern an der streng limitierten Auflage von 275 Exemplaren, alle bereits vorab verkauft. Ein Auto für wohltemperierte Milliardärsgaragen. Und die Besucher? Sind elektrisiert. Als die Show vorbei ist und Fotos erlaubt sind, bildet sich eine dichte Traube um den monströsen Boliden. Der Elektro-Smart steht weitgehend unbeachtet daneben. Dabei ist er doch die Zukunft.

© SZ vom 16.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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