Welthandel:Europas Glück winkt in Asien

Maneki Neko beckoning cat a common Japanese figurine lucky charm talisman in London UK on Ma

Japanische Glücksbringer aufgereiht in einem Schaufenster in London: Maneki-neko, die Winkekatze, ist ein weit verbreiteter Talisman in Asien.

(Foto: imago/CTK Photo)

Wenn Donald Trump die USA abschottet, sollte sich Europa nach Fernost orientieren - und sich endlich auf sich selbst besinnen.

Kommentar von Alexander Hagelüken

Donald Trump erklärt, kein US-Präsident habe in den ersten vier Wochen so viel geschafft wie er. Die Europäer ahnen: Der neue Mann im Weißen Haus meint das wirklich ernst. Er meint überhaupt vieles bitterernst, das er im Wahlkampf ankündigte. Etwa Drohungen gegen einzelne Firmen, wie sie sonst nur Autokraten ausstoßen. Oder den Abschied vom Freihandel, der seit Dekaden die Wirtschaft des Westens prägt.

Die Europäer nehmen Trump bisher oft einfach hin. Gerade Brüssel, Europas Zentrale, wirkt kleinlaut. Am Wochenende aber zeigte ein wichtiger Akteur: Es geht anders. Frans Timmermans, Nummer zwei der EU-Kommission, warnte: Schotten sich die Staaten aufs Neue ab, entsteht größerer Schaden als selbst in den 30er-Jahren, der schlimmsten Wirtschaftskrise des 20. Jahrhunderts. Timmermans sagte auch, wie Europa auf Trump'schen Protektionismus reagieren sollte. Durch mehr Kooperation mit Asien.

Das muss Europa in der Tat schnell anpacken, um die Folgen eines weltwirtschaftlichen Bebens made in the USA abzumildern. Gerade für Deutschland hat das überragende Bedeutung. Fast jeder zweite Job hängt am Handel. Timmermans vergisst allerdings etwas. Wenn Europa weniger Waren nach Amerika liefern kann, bietet Asien nur einen möglichen Ausweg. Der andere lautet: Europa. Aber der Reihe nach.

China will in Asien eine Gemeinschaft unter seiner Führung schaffen

Mehr Kooperation mit Asien bedeutet, endlich Handelsabkommen mit der Region voranzutreiben. Das erleichtert deutschen, französischen und italienischen Firmen den Export. Europa hielt sich bisher zurück, auch aus Respekt vor dem geplanten globalen Handelsabkommen. Weil der Doha-Vertrag, der die ganze Erde umspannen soll, wie ein geplatzter Ballon in der Ecke schrumpelt, muss Europa den Respekt ablegen. Regionalabkommen sind effektiv. Seit Europa 2011 mit Südkorea eines abschloss, stiegen die Exporte um ein Drittel. Die nächsten Partner wären Japan und die Asean-Staaten, wozu Indonesien und Vietnam zählen.

Europa muss sich beeilen. Andere Wirtschaftsmächte stecken ihre Claims ab. Nachdem Trump das fertige Pazifik-Abkommen TPP torpediert hat, versucht China die größeren Staaten in eine Gemeinschaft unter seiner Führung zu versammeln. Damit entsteht ein Riesenklub von Ländern, deren Firmen unbeschwert Handel treiben. Fehlen Europa regionale Abkommen, zahlen seine Unternehmen hohe Zölle - und schauen künftig immer öfter zu, wenn Geschäfte gemacht werden.

Mehr Kooperation mit Asien bedeutet auch eine andere Zusammenarbeit mit China. Dabei geht es nicht darum, Europas Werte zu verleugnen und zur Unterdrückung der Bevölkerung zu schweigen. Es lässt sich aber gemeinsam das Interesse verfolgen, das auf einmal beide Seiten teilen: offene Grenzen gegen Protektionismus der USA zu verteidigen. Strategisch bietet sich an, das Band zu China durch einen Handelsvertrag zu knüpfen. Drastische Zollsenkungen lösen jedoch eine Flut von Billigimporten aus, die Südeuropas Industrie trifft. Brüssel muss ein Bündnis mit China formen, ohne zu große Zugeständnisse zu machen. Der Anfang dazu wäre der Schutz von Investitionen.

Europa darf nicht kleinmütig werden

Den Europäern spielt die Zeit in die Hände. Chinas Wirtschaftsmodell entwickelt sich weg von starker Exportabhängigkeit. Die Ausfuhren machen nur noch 20 Prozent der Wirtschaftsleistung aus, halb so viel wie vor einer Dekade. Für China verlieren Billigexporte an Bedeutung, während etwa der Schutz geistigen Eigentums für hochwertige Produkte wichtiger wird - so wie er es für Europa ist.

Europa, das vergisst EU-Vize Timmermans, sollte sich aber nicht nur auf Asien besinnen. Sondern auch auf sich selbst. Mehr als die Hälfte der deutschen Exporte geht nach Europa, nur zehn Prozent in die USA. Da lässt sich einiges kompensieren, wenn endlich der gemeinsame europäische Markt vollendet wird. Egal ob Digitales, Dienstleistungen, Energie oder staatliche Aufträge: Überall stoßen Firmen an Grenzen, wenn sie in einem Nachbarland tätig werden wollen. Für die Brüsseler Kommission wird es Zeit, die EU-Regierungen von einem großen Wurf für den gemeinsamen Markt zu überzeugen.

Aber, tönen da die Skeptiker, Europa schwächelt doch wegen Brexit, Euro- und Flüchtlingskrise? Ja, das lässt sich kaum übersehen. Kleinmut wäre aber die völlig falsche Antwort. Europa braucht ökonomische Impulse, als Reaktion auf die USA wie auf die internen Probleme. Der Weg dazu ist mehr gemeinsame Wirtschaftspolitik. So hat sich Europa schon einmal revitalisiert. In einer Schwächephase Ende der 80er-Jahre war viel von Eurosklerose die Rede. Am Ende stand der Binnenmarkt - und läutete goldene Jahre für Europa ein.

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