Strafzölle:Ein Ultimatum nach dem anderen

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Ein Stahlarbeiter von Thyssenkrupp in Duisburg. (Foto: Ute Grabowsky/imago/photothek)
  • Donald Trump hat die Ausnahmen bei Strafzöllen für die EU wieder verlängert.
  • Wie soll die Union mit dem unberechenbaren US-Präsidenten umgehen? Die Politiker in Brüssel zeigen sich weiter gesprächsbereit.
  • Doch niemand weiß, wie ein Kompromiss aussehen kann. USA und EU schaffen es bislang nicht, ihre Erwartungen in Einklang zu bringen.

Von Michael Bauchmüller, Berlin, Claus Hulverscheidt, New York, und Alexander Mühlauer, Brüssel, New York/Brüssel

Der Abgrund war nahe, als Donald Trump kurz vor Mitternacht doch noch die Notbremse zog. Am späten Montagabend unterzeichnete der US-Präsident gleich zwei längliche Proklamationen, mit denen er die Einführung von Zöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte aus Kanada, Mexiko und der EU um einen Monat verschob. Stichtag ist nun der 1. Juni.

Damit erhalten alle Beteiligten ein wenig Luft, um doch einen Kompromiss zu finden und die befürchtete Eskalation des Streits hin zu einem globalen Handelskrieg abzuwenden. Zugleich bleibt jedoch die allgemeine Verunsicherung bestehen, die Trump Anfang März mit seinem einseitigen Zollbeschluss ausgelöst hatte. Auch müssen die politisch Verantwortlichen in Brüssel, Ottawa und Mexiko-Stadt entscheiden, ob und wie lange noch sie mit jemandem verhandeln wollen, der ihnen ein Ultimatum nach dem anderen stellt.

Trump hatte die Zölle von 25 Prozent auf Stahl- und zehn Prozent auf Aluminiumeinfuhren vor zwei Monaten mit der Begründung verhängt, dass die Abhängigkeit der USA von Importen die nationale Sicherheit gefährde. Tatsächlich ist es so, dass die Rüstungsindustrie des Landes Schwierigkeiten hat, alle Teile, die sie etwa für den Bau eines U-Boots benötigt, daheim einzukaufen. Die Verteuerung von Importen soll dazu beitragen, die inländische Produktion zu stärken. Viele Experten glauben allerdings, dass es Trump vor allem darum geht, die US-Hersteller ganz generell vor ausländischer Konkurrenz zu bewahren.

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Während die Zölle auf Lieferungen etwa aus China, Russland und Japan bereits gelten, setzte die US-Regierung sie gegenüber der EU, Kanada, Mexiko und einer Reihe weiterer Staaten zunächst bis zum 1. Mai aus. Ziel Trumps ist es, die Lieferstaaten dazu zu bewegen, ihre Exporte "freiwillig" zu beschränken. Während die EU solche Quoten strikt ablehnt, schlug Südkoreas Regierung bereits ein: Sie verpflichtete sich, die Stahlausfuhren auf 70 Prozent der Menge zu begrenzen, die heimische Firmen im Schnitt der Jahre 2015 bis 2017 in die USA geliefert hatten. Auch mit Australien, Brasilien und Argentinien ist das Weiße Haus nach eigenen Angaben prinzipiell einig.

Dass Trump die Verhandlungsfrist jetzt verlängerte, hängt aber vor allem mit Kanada und Mexiko zusammen. Die beiden Länder sind nicht nur die wichtigsten Handelspartner und bedeutende Stahllieferanten der USA, vielmehr ringen alle drei Staaten seit Monaten um eine Reform des nordamerikanischen Freihandelsabkommens Nafta. Die Verhandlungen, die weit fortgeschritten sind, wären wohl geplatzt, hätte Washington einseitig Stahlzölle verhängt.

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In Brüssel zeigte sich die EU-Kommission erleichtert über Trumps Entscheidung, kritisierte sie aber auch zugleich. Für die europäischen Hersteller von Stahl und Aluminium bedeute die Fristverlängerung, dass die Zeit der Unsicherheit weiter gehe, erklärte die Behörde. Bereits jetzt habe dies Einfluss auf Unternehmensentscheidungen. Wie schon in den direkten Gesprächen mit Washington drang die Kommission einmal mehr auch öffentlich auf eine dauerhafte und bedingungslose Ausnahme von den Zöllen: Erst wenn der US-Präsident diese Forderung bestätigt, so die Brüsseler Sprachregelung, ist die EU zur Aufnahme von Gesprächen über ein neues Handels- oder Zollabkommen bereit. Handelskommissarin Cecilia Malmström wolle jedenfalls weiter das Gespräch mit den USA suchen, um eine Lösung des Konflikts zu erreichen, hieß es aus der Behörde.

Das jedoch dürfte angesichts der Erfahrungen der vergangenen Wochen schwierig werden. Die unterschiedlichen Erwartungen konnten auch bei einem Gespräch zwischen Malmström und US-Handelsminister Wilbur Ross am Montag nicht in Einklang gebracht werden. In Brüssel hieß es, die Amerikaner benutzten ihre Stahl-Drohung dazu, um die Europäer bei Zöllen auf Autos und andere Industrieprodukte unter Druck zu setzen. Trump stört sich vor allem daran, dass die EU zehn Prozent Zoll auf Pkw aus den Vereinigten Staaten verlangt, während die USA viele europäische Autos nur mit 2,5 Prozent belegen.

Die Bundesregierung ist nur bedingt zufrieden

Malmström lehnte es den Angaben zufolge in den Gesprächen immer wieder ab, beide Dinge miteinander zu verknüpfen. Auch die Forderung, die EU möge künftig weniger Stahl und Aluminium in die USA exportieren, wies sie zurück. Die Botschaft aus Brüssel ist auch nach der Fristverlängerung klar: Man kann über alles reden, aber nicht, so lange die eine Seite der anderen dauernd mit neuen Zöllen droht. Eine Wiederaufnahme der Verhandlungen über das gescheiterte europäisch-amerikanische Handelsabkommen TTIP sieht man in der Kommission skeptisch. Wenn überhaupt, dann gebe es allenfalls die Chance auf eine abgespeckte Variante, hieß es in Brüssel.

Auch die Bundesregierung zeigte sich mit Trumps Ankündigung nur bedingt zufrieden. "Ich hätte mir gewünscht, dass die Ausnahme eine definitive und permanente ist", sagte Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Grundsätzlich seien die EU-Staaten immer bereit, über die Senkung von Zöllen zu sprechen. Zwar bedeute das keine Neuauflage von TTIP, wohl aber sei ein Abkommen denkbar, dass "einen Wettlauf um Zollerhöhungen" verhindere. Aus der Wirtschaft hieß es dagegen, man wünsche sich sehr wohl neue TTIP-Gespräche. "Die aktuelle Situation zeigt: Wir brauchen einen neuen Anlauf für ein umfangreiches transatlantisches Handelsabkommen", sagte der Präsident des Industrie- und Handelskammertags, Eric Schweitzer.

© SZ vom 02.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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