Sanierung des Staatshaushalts:Euro-Staaten gewähren Griechenland zwei Jahre mehr Zeit

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Griechenland bekommt zwei Jahre mehr Zeit, um seine maroden Staatsfinanzen zu sanieren. Nach SZ-Informationen muss Athen die Neuverschuldung statt 2014 erst 2016 wieder unter die EU-Obergrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung drücken. Wie sich Athen nach 2014 finanzieren soll, ist allerdings völlig offen.

Cerstin Gammelin, Brüssel und Claus Hulverscheidt, Berlin

Hoffnung für Athen: Die Euro-Staaten wollen Griechenland länger Zeit geben, um die maroden Staatsfinanzen zu sanieren.  (Foto: Bloomberg)

Die griechische Regierung erhält zwei Jahre mehr Zeit für die Sanierung des maroden Staatshaushalts. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung muss Athen die Neuverschuldung statt 2014 erst 2016 wieder unter die EU-Obergrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung drücken. Auch die Fristen für die Umsetzung von Reformen auf dem Arbeitsmarkt und in der Energiewirtschaft sowie für den Verkauf staatlicher Betriebe und Grundstücke werden verlängert. Zugleich kann Ministerpräsident Antonis Samaras damit rechnen, dass die Euro-Partner in Kürze den dringend benötigten nächsten Hilfskredit in Höhe von fast 32 Milliarden Euro freigeben werden.

Bei den Privatisierungserlösen peilt Athen nun bis Ende 2015 eine Summe von 8,8 Milliarden statt der bisher veranschlagten 19 Milliarden Euro an. Das ergibt sich aus dem Entwurf für ein sogenanntes Memorandum of Understanding, also für eine Absichtserklärung, die die Griechen und ihre internationalen Geldgeber miteinander ausgehandelt haben. Unklar blieb am Dienstag noch, wie die Lücke in der Finanzplanung für die Jahre 2013 und 2014 geschlossen werden soll, die durch die Zugeständnisse an Athen entsteht. Benötigt werden zusätzlich 15 bis 18 Milliarden Euro. Auch die Frage, wie sich Athen nach 2014 finanzieren soll, ist völlig offen.

Dass sich die Euro-Partner dennoch zu einem Entgegenkommen entschlossen haben, liegt daran, dass Griechenland die zugesagten Reformen erstmals beherzt umsetzt. Zudem sind die neuen finanziellen Probleme weniger auf politische Fehler als auf die tiefe Rezession im Land zurückzuführen, die auch die Geberstaaten so nicht erwartet hatten. Hinzu kommt, dass ein faktischer Rauswurf Griechenlands aus der Euro-Zone aus Sicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und anderen führenden Regierungschefs der EU politisch wie wirtschaftlich zu riskant wäre.

Indirekter Schuldenschnitt im Gespräch

Athen ist auf die Auszahlung des nächsten Teilkredits angewiesen, da das Land ansonsten Ende November zahlungsunfähig wäre. Vor der Überweisung müssen allerdings zunächst der komplette Bericht der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds zur Lage im Land vorliegen sowie das Memorandum of Understanding unterzeichnet sein. Um die zusätzlichen 18 Milliarden Euro zusammenzubekommen, war in Brüssel zunächst erwogen worden, Athen zusätzlich Geld zu geben, um damit alte, weit unter Wert gehandelte Staatsanleihen vom Markt zu kaufen. Mittlerweile wird jedoch auch ein indirekter Schuldenschnitt diskutiert - indem die Zinsen für bereits vergebene Kredite gesenkt werden.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach sich in Berlin dafür aus, Griechenland genügend Zeit einzuräumen. Zunächst müsse eine leistungsfähige Verwaltung aufgebaut werden, die mit denen der übrigen Euro-Länder kompatibel sei. "Das alles kostet Zeit, das alles erfordert große Anstrengungen", betonte Schäuble. Zuvor hatten bereits CSU-Chef Horst Seehofer und CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe angedeutet, dass Athen mehr Zeit für Reformen erhalten könnte.

© SZ vom 24.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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